Trab: Rückschau auf die Mariendorfer Derby-Vorläufe

Nachschau 22.08.2021

Vorläufe zum 126. Traber-Derby: Keiner der Gesetzten strauchelt

Usain Lobell weiter auf „Mamas“ Spuren – Days of Thunder lässt Berlin jubeln – Lorens Flevo und Global Ufo lassen den Toto wackeln – Josef Franzl doppelt zum 50. – Perfektes Debüt von Smart Hill As bei den Youngstern

Der überragende Usain Lobell nach dem Vorlaufsieg im Winners Circle (Foto:©Lingk)

(MW)  Die erste Schlacht zum in zwei Wochen zum 126. Mal ausgetragenen Derby ist geschlagen, und es kam fast so wie von Fachleuten und Laien prognostiziert. Die in den vier Vorläufen vom Veranstalter gesetzten der 31 Pferde - eine als rötlich gefärbter Schimmel auffällige Stute wagte sich gegen 30 Vertreter des starken Geschlechts - zogen samt und sonders ins mit mindestens 207.000 Euro dotierte Finale grande ein, wenn auch zwei mit mehr oder minder starken Brüschen: Jimmy Ferro BR wurde aufgrund seines mäßigen Beginns „nur“ Zweiter hinter Überraschungssieger Lorens Flevo, der dem Dream-Team von Paul Hagoort als Vorbereiter und Robin Bakker als gnadenlosem Vollstrecker den ersten von drei Besuchen im Winner Circle bescherte, womit die Mannen aus Oldetrijne gemeinsam mit Wolfgang und Michael Nimczyk die Protagonisten des von Regenschauern begleiteten Tages waren. Schlimmer erwischte es Teatox, der nach seiner schweren Erkrankung längst nicht auf Hundert war und trotz seines Lieblings-Runs von der Spitze nur mit Ach und Krach als Dritter weiterkam. Den kompletten Durchmarsch der in den Niederlanden trainierten Dreijährigen verhinderte im 4. und mit 1:13,5 rasantesten Vorlauf mit den buchstäblich letzten Schritten Days of Thunder, mit dem der Wahl-Berliner Thorsten Tietz besagte Schimmelstute Riet Hazelaar vom höchsten Podest kegelte.

Über allen jedoch thront Usain Lobell. Der Sohn der Lobell Countess, die sich 2011 als bislang letzte Lady gegen die Herren mit dem Blauen Band schmücken konnte, hatte in „Todes-Vorlauf 2“ den miesesten Startplatz, den anspruchsvollsten Verlauf wegzustecken und zudem Geheimfavorit Rob The Bank im Nacken. Ein kurzes Antippen - und der Braune ließ die Rivalen auf der Zielgeraden stehen wie weiland Usain Bolt die seinen auf der Aschenbahn. Ob dieser Schau fällt es schwer, sich einen anderen Derby-Sieger als den mit einer Bierruhe gesegneten Sprössling des französischen Adlers Bold Eagle vorzustellen. Aber man hat ja angeblich schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen, und der im Vorjahr ähnlich unbezwingbar scheinende Keytothehill ist ein mahnendes Menetekel.

Vorlauf 1: Lorens Flevo haut auf die Pauke

Mit einem Paukenschlag ging’s in Vorlauf 1 los, denn nicht der gesetzte und sich nach dem gewohnten Sicherheitsstart prächtig verkaufende Jimmy Ferro BR lachte zuletzt, sondern der von „Mister Derby“ Robin Bakker früh nach vorn beorderte 248:10-Außenseiter Lorens Flevo. Der mächtige Fuchswallach aus dem mittlerweile gefürchteten Erfolgsquartier von Paul Hagoort gewann viel leichter, als der Eine-Länge-Vorsprung vor Jimmy Ferro BR und dem perfekt im Windschatten des Siegers untergekommenen Timothy B aussagen mag. 1:14,2 war die erste Messlatte, mit der der SJ’s-Caviar-Nachkomme seine Bestmarke zur rechten Zeit um 1,4 Sekunden verbesserte. „Er musste seine Grenzen nicht ausloten - die Zugwatte blieb drin“, konstatierte Bakker.

Vorlauf 2: Usain Lobell nicht zu stoppen

„Alles für Oranje“ hieß es in Qualifier 2, in dem der haushohe Favorit Usain Lobell allen Unken gewaltig Kontra gab, die da meinten, Rob The Bank, Grand Ready Cash oder irgendein „Abstauber“ könne ihm, der in der „Todesgruppe“ ganz außen los musste, das Wasser abgraben. Wie ein Pfeil schnellte Ares B los, ließ Rob The Bank abblitzen, jedoch 1.300 Meter vorm Ziel Grand Ready Cash vorbei - und fiel 300 Meter weiter im Galopp aus. So konnte der durch die Außenspur pflügende Usain Lobell hinter dem Tempobolzer einparken und hatte selbst Rob The Bank am Hacken. 500 Meter vorm Ziel ging Robin Bakker in die Offensive, und der Rest war eine Demonstration der Stärke: Der erst einmal gestartete Grand Ready Cash war von diesem Monster sofort gefressen, und auch Rob The Banks Versuche perlten ab wie Wasser an einer Teflonschicht. „Wir brauchen kein Glück - nur Pech dürfen wir nicht haben“ - das Motto für den Vorlauf gilt für die Buddenbrock-Sieger auch im Finale, in das sie bei nunmehr regenschwerer Bahn in 1:13,8 mit Hurra einzogen.

Vorlauf 3: Don Trixton verhindert "Heimsieg"

In Vorlauf 3 waren allein der gesetzte Teatox und Global Ufo beim „Ab“ korrekt am Startauto - dieser Versuch hätte so nie abgehen dürfen -, löste das stürmisch losfliegende Ufo bald an der Spitze ab - und erlag an der letzten Ecke dem Dauerdruck Don Trixtons. Die große Hoffnung der Berliner, ein auf der Derbybahn trainiertes Pferd wie der Sohn der Donna Kievitshof könne als Sieger ins Finale einziehen, vereitelte Global Ufo. Jaap van Rijn zirkelte den bislang sieglosen Wallach weit nach außen und fing die Berliner Pflanze in 1:14,4 um einen „Hals“ ab. 3½ Längen dahinter zog Teatox gegen Ole Bo den Kopf um eben diesen Abstand gerade so aus der Schlinge und darf in 14 Tagen noch mal ran.

Vorlauf 4: Days of Thunder mit Kämpferherz

Die härteste Schlacht um die drei Final-Billets wurde in Elimination 4  geschlagen, in der es schon der Kampf ums Kommando in sich hatte. Nach wahnwitzigen 1:04,8 für die ersten 300 Meter hatte Thorsten Tietz ein Einsehen und brach mit dem gesetzten Days of Thunder die knüppelharte Attacke auf Riet Hazelaar ab, die fortan lange ihre Ruhe hatte und die Zielgerade mit zwei Längen Vorsprung erreichte. Das war jedoch noch lange nicht das Ende der Messe. Days of Thunder warf sein ganzes Kämpferherz in die Waagschale, rang die Fuchsschimmelstute mit letzter Kraft um einen „Hals“ nieder und durchbrach die Phalanx der Niederländer: Trainiert wird der Adbell-Toddington-Sieger von Robert Gramüller und Josef Sparber. Die letzte Endlauf-Fahrkarte ergatterte Lockheed Draviet, womit die drei am Totalisator Gemeinten unter sich waren.

Franzls Geburtstags-Doublette

Was für ein Geschenk machte sich Josef Franzl zum  50. Wiegenfest mit Piemonte, der im Pokal der Vier- und Fünfjährigen nicht nur eine, sondern zwei Klassen besser war als der gewiss nicht schlechte Rest! Der mächtige Trixton-Sohn, mit Startplatz „10“ nicht eben ideal bedient, fegte vorm Publikum wie ein Düsenjäger in dritter Spur am Feld vorbei bis an die Spitze. Wer befürchtet hatte, der Braune habe sich mit diesem exorbitanten Zwischenspurt übernommen, wurde gründlich eines  Besseren belehrt. Wie ein Brett lag er auf der Überseite, und als ihm „Seppi“ auf der Zielgeraden den Kopf ein wenig freigab, schnurrte er in bombastischer Manier davon. „Er steht in den Startlöchern für Schweden und wird demnächst wohl in seinem nominellen Heimatland antreten, wo wir unter vielen passenden Aufgaben wählen können“, verabschiedete der Jubilar sein Pferd quasi aus Deutschland.

Und weil man bekanntlich auf einem Bein nur schwerlich stehen kann, packte das Geburtstagskind mit der ebenfalls mit der zweiten Startreihe gestraften Lasbeker Schwedin Palmyra noch einen drauf - diesmal aus der Deckung durch die vierte Schlussbogenspur mit krachendem Speed, dem keiner der Konkurrenten gewachsen war.

Krüger-Memorial: Smart Hill As kann warten

Ein dicker Wurm steckte im Gerhard-Krüger-Memorial, dem ersten deutschen Zweijährigen-Rennen dieser Saison. Unmittelbar vor dem „Ab“ entledigte sich Cash to Thelimit S Gerhard Mayrs, entschwand in den Stallbereich und musste der Prüfung fernbleiben; Glück im Unglück, dass „Ross und Reiter“ unverletzt blieben. Den gültigen Start sahen Pride of Bo und Marinho Boko nur aus endloser Ferne, und als im ersten Bogen Majestic und Jamaica Brown schwer patzten, waren nach 400 Metern zunächst lediglich drei Aspiranten im engeren Gespräch. Von denen zeigte die fliegend eingetretene Philadelphia Bo dem Favoriten Smart Hill As lange den Weg und wehrte sich auch die Zielgerade herunter erbittert, jedoch vergeblich. Robin Bakker musste hinter dem von Patrick Maleitzke gezüchteten Sohn des amerikanischen Super-Vererbers Muscle Hill keine Hand rühren, um Sieg samt 4.400 Euro für die Herren Isliker und Thomaskamp nach Hause zu schaukeln. Trotz des Fehlers im ersten Bogen holte Majestic Platz drei.

Weitere Rennen

Anders als tags zuvor konnten zum Auftakt die Favoritenwetter jubeln, denn fast Start-Ziel wurde Lancaster Newport in der Klasse der Gewinnärmsten seiner exponierten 12:10-Stellung vollauf gerecht, führte fast vom Start bis ins Ziel ein eisernes Regiment und legte beim zweiten Auftritt die Maidenschaft ab, womit der Renntag für Michael Nimczyk exzellent losging. In praktisch identischer Manier gab der 36jährige eine Gewinnklasse höher mit Lindstedt Boko der Konkurrenz überlegen Saures; auch für den SJ’s-Caviar-Hengst der Carpe Diem Stables war‘s der erste Besuch in einem Winner Circle.

Nimczyk zum Dritten“ hieß es in der sportlich wertvollsten Aufgabe für ältere Traber. Mit Krachern nur so gespickt war das Finale der sich durchs Jahr ziehenden Silberserie, zu der unter anderem Wolvegas Bahnrekordler Barateau sein „présent“ gab, zum Favoriten erkoren - und ziemlich glatt entzaubert wurde. Deutschlands Champion hatte die blendende Idee, mit Bayard eine langsamere Phase nach 400 Meter zum Überfall auf Virginias Prime zu nutzen, der ihn auf Zielschildhöhe widerstandslos passieren ließ. Jaap van Rijn konnte sich für Barateau über den Verlauf nicht beklagen, hatte er doch außen in John King Boko eine erstklassige Lokomotive. Als er zur Tat schritt, hatte auch Bayard noch ordentlich was auf der Pfanne. „Als ich die Zugwatte zog, ging ein Ruck durch ihn“, gab Nimczyk anschließend preis. Der Ready-Cash-Sohn aus Zucht und Besitz des Stalles Germania setzte sich ab wie ein Pferd anderer Klasse und war auch durch den speedigen Winnetou Diamant nicht mehr zu packen, der Barateau gar noch den zweiten Rang ablief.

Kaum 24 Stunden Zeit zur Erholung hatten nach den gestrigen Vorläufen die Handicapper de luxe, was Johanna Baldwin am besten wegsteckte. Nach eher gebremstem Beginn ließ Thomas Reber sie im ersten Bogen knattern, war ausgangs desselben vorn, wehrte die Attacken von Grietje und Villeneuf ab und führte sie zum nächsten Erfolg. 4.200 Euro an zwei Tagen verdient - so leicht flutschte das für die Yarrah-Boko-Tochter, die beim dritten Sieg am Stück en passant ihren Rekord verbesserte.

Den Nummer-eins-Hit bei den Oldies - jenen Fahrern, die das 60. Lebensjahr vollendet haben - landete Rolf Hafvenström mit Purple Rain. Wie ein jugendlicher Haudrauf ließ Sepp Sparber Hidalgio Heldia kesseln, zu dem Kjeld von Haithabu so gut es ging Kontakt zu halten suchte, während Purple Rain 20, 30 Meter zurück den Rest anführte. „Eingangs der Schlusskurve wusste ich, dass wir gewinnen würde, denn ich hatte noch richtig was in der Hand“, verriet der Berliner Schwede, der mit dem Fast-Photo-Sohn die beiden Hasen einsammelte und versprach, „noch 30 Jahre im Sulky aktiv zu sein“ - dann wäre er 105…

Das Finish des Wochenendes lieferten - wie passend - die vierbeinigen Publikumslieblinge und entschädigten für den kräftigen Regenschauer, der auf Zwei- wie Vierbeiner niederprasselte. In einem Millimeter-Finish bekam der mit unterirdischen Formen auf seinen geliebten Mariendorfer Rechtskurs zurückgekommene Massai aus der Todeslage die von Heinz Wewering früh in Front gewuchtete Victorymoko gerade so zu packen. Der Zielpfosten durfte keinen Meter weiter stehen, sonst hätte Laurel Park gewonnen, der mit einer galaktischen Energieleistung aus hinteren Sphären nur um einen „halben Kopf“ den Kürzeren zog. „Mit vier Disqualifikationsformen hätte ich nie gedacht, dass Massai um die 50:10 zahlen würde. Aber die Wetter vergessen inzwischen kein Rennen mehr und wissen, dass er rechtsherum viel besser läuft“, war Tom Kooymans Kommentar, der auch fürs Bonmot des Tages sorgte auf den Hinweis, dass Besitzer Robin Goudsblom an dem fast schon ausgemusterten stolzen Krieger festgehalten hatte: „Ein Spruch aus Holland lautet: Wenn Du gewinnst, bekommst Du Champagner, machst Du vermeintlich was falsch, gibt’s nicht mal ein Glas Wasser.“ Dafür lachte auch die Sonne wieder vom Himmel.

Einmal war der Amateure Recht. Obwohl Honfleur sofort die Spitze ergatterte und dort lange nicht angegriffen wurde, tauchte die Stute am Ende völlig unter. Der kleine JFK raufte, was das Zeug hielt - und brachte sich sein Verderben in Gestalt von Handsome Guy im Schlepptau mit. Der fünfjährige Hengst erwies sich in der Hand von Cathrin Nimczyk in der Tat als ausnehmend braver Junge und kanzelte JFK ganz leicht ab.

Der Absacker des sich bis in die Abendstunden ziehenden Renntags war den Trotteurs français vorbehalten, von denen „Flüster-Tipp“ Fan d’Arifant seine 20-Meter-Zulage wie seine Bandkollegen rasch aufarbeitete. Ein knackiger Zwischenspurt vor den Tribünen bescherte dem mit Rudi Haller liierten Wallach 1.100 Meter vorm Zielpfosten die Führung, die er gegen Expandable Hope mit Klauen und Zähnen verteidigte und die Mehrzahl der noch im Spiel befindlichen V7+-Wetter glücklich machte.

Wie üblich gilt der letzte Blick der Arbeit der realen und virtuellen Wettkassen. Der Umsatz pro Rennen blieb mit 26.815 Euro knapp unter jenem des Vorjahrs, als in jedem der 14 Rennen im Schnitt 27.288 Euro gewettet worden waren.

Umsatz bei 15 Rennen: 402.232,35 Euro (incl. 271.554,64 Euro Außenwette), davon 38.635,35 Euro in der V7+-Wette

Unser Terminhinweis: Die nächste Mariendorfer Veranstaltung findet am Donnerstag, dem 2. September statt. Im sportlichen Mittelpunkt stehen die Internationale Derby-Meisterschaft der Amateure und der Shootingstar-Cup. Der erste Start erfolgt um 17 Uhr.


Nachschau 21.08.2021

Vorläufe zum Stuten-Derby: ALL IN LOVE spaziert in den Endlauf

Lumumba haut einen 1:13,3-Cocktail raus – Xylene Diamant mit angezogener Handbremse – Charlie-Mills-Memorial: Der Commander sorgt für Hochstimmung – Glanzgefühl um Versace Diamant – Natorp Bo eine Macht im Auktionsrennen

Allein auf weiter Flur: ALL IN LOVE mit Fahrer Dion Tesselaar im Zieleinlauf ihrer Qualifikation (Foto:©Marius Schwarz)

(MW). Da haben die 2018 geborenen Stuten in den drei Vorläufen zum in zwei Wochen anstehenden Stuten-Derby mit Ausnahme der Primadonna ihrer Generation ALL IN LOVE die Weisen der Setzkommission bei besten äußeren Bedingungen ziemlich im Regen stehen lassen. Die Wetter hatten die besseren Spürnasen, denn alle am Totalisator Gemeinten erledigten die Pflicht vor der in 14 Tagen mindestens 89.000 Euro wertvollen großen Kür „1a“ und ließen bei ihren durchweg souveränen Siegen nicht das kleinste Jota anbrennen. Speziell Lumumba sorgte mit ihrem Sturmlauf wie aus einem Guss dafür, dass sich Dion Tesselaar nicht zu sicher fühlen wird. Aber auch Xylene Diamant, die die tatsächlichen Zahnschmerzen, an denen sie eine Zeitlang gelitten hatte, im übertragenen Sinn an ihre chancenlosen Konkurrentinnen weitergab, ist noch lange nicht aus der Verlosung um den Lorbeerkranz heraus. Die Unterlegenen hingegen waren durchweg derart gründlich geputzt, dass man keiner von ihnen den großen Wurf zutrauen kann.

Vorlauf 1: ALL IN LOVE wird ihrer Rolle gerecht

Ihrem Ruf als Favoritin fürs Stuten-Derby wurde ALL IN LOVE im 1. Vorlauf bei ihrem zügigen Nachmittagsspaziergang zu jeder Sekunde gerecht. Nach einem Sicherheitsstart an Rampe „1“ als Dritte untergekommen, gab ihr Dion Tesselaar aus der ersten Kurve heraus den Kopf frei. Natürlich traf die zum Geldwechsel-Kurs von 10:10 angetretene Readly-Express-Tochter bei Emmi Lou CG auf keinerlei Widerstand. 1.300 Meter vorm Ziel war sie vorn, legte auf der Gegengeraden den nächsten, für sie noch nicht mal höchsten Gang ein und verabschiedete sich lockeren Schritts von der zerrupften Konkurrenz, von der sich die ihr Debüt gebende Latina di Baia S im Speed etwas stärker als Alwine und Lazy Breeze erwies. Nichts mehr zu sehen war von Emmi Lou CG, die den Endlauf glatt verfehlte. „Ein feiner Sieg, der keine Reserven gekostet hat. Eine tolle Stute“, war der Kommentar des Niederländers, der in 14 Tagen um eine ähnlich exponierte Stellung am Wettmarkt kaum herumkommen dürfte. Mehr als 1:14,6, die als erste Richtschnur galten, wird sie dann jedoch schon aus ihren langen Beinen zaubern müssen.

Vorlauf 2: Lumumba in Top-Form

Dafür wird Lumumba sorgen, die auch Elimination 2 in die Niederlande holte - und das mit Aplomb. Nicht die vom Veranstalter als Dritte bzw. Zweite der Stutenabteilungen von Adbell-Toddington- und Buddenbrock-Rennen gesetzte Isla genoss das Vertrauen der Wetter, sondern die Charly-du-Noyer-Tochter aus dem Lot Michel Rothengatters, die sich mit einem beeindruckenden Sieg in Wolvega empfahl. Vom Fleck weg sorgte die Braune mit einem irrwitzigen Tempolauf dafür, dass ihr niemand zu nahe kam, und sollte mit einer ähnlichen wie dieser 1:13,3-Performance selbst eine ALL IN LOVE auf Herz und Nieren prüfen. Isla, die den Platz in ihrem Rücken ergattert hatte, blieb auch beim zehnten Auftritt der Rückweg über den Winner Circle versagt - mehr noch: Auf den letzten Metern musste sie den Ehrenplatz gegen Inas Stone räumen.

Vorlauf 3: Xylene Diamant dominiert

„Oranje boven“ zum Dritten hieß es in Vorlauf 3, denn nicht die gesetzte, schwer distanziert durchs Ziel springende Lola Vici, sondern Xylene Diamant beherrschte. Die kleine Schwester des 2017er Derby-Siegers Tsunami Diamant „war nur am Start ein wenig wacklig, so dass ich Jaap van Rijn mit Luna Scott sicherheitshalber vorbeiließ“, wie Weltmeister Rick Ebbinge nach vollbrachter Tat gestand. Mitte der ersten Kurve wurde die auf 18:10 herunter gehandelte Dunkelbraune der Besitzergemeinschaft Stall Express/Stall M.S. Diamanten aktiv, schnappte sich zu Beginn der Tribünengeraden die Spitze und durfte anschließend ungestört bummeln. Kaum witterte die Konkurrenz Morgenluft, sie vielleicht kippen zu können, band Ebbinge den Sack entschlossen und felsenfest zu. Bei 1:14,4 musste sie, die wegen Zahnschmerzen einen Trainingsstopp hatte einlegen müssen, ihre Grenzen nicht ausloten.

Charlie-Mills-Memorial: Norton Commander macht sich auf die Strümpfe

Ein weiterer deutlicher Schritt Richtung einstige Großtaten gelang im Charlie-Mills-Memorial, mit dem seit 1972 eines der ganz Großen des weltweiten Trabrennsports gedacht wird, was Training, Fahrer- und züchterische Erfolge anbelangt, Norton Commander. Den Fuchs mit den vier weißen Strümpfen sucht das Team Nimczyk in mühsamer wie liebevoller Kleinarbeit vom Frontrenner, der er lange Zeit mit großem Erfolg bei Conrad Lugauer gewesen war, zum „Pferd aus der Deckung“ umzuschulen. Gegen die sich um die Spitze bekriegenden Officer Stephen und Halva von Haithabu, die an den alten Wikinger ging, hatte er keine Chance, rückte jedoch vor der Tribüne vorsichtig außen auf. Der deutsche Goldhelm hatte goldrichtig spekuliert, dass Dion Tesselaar nicht hinter Halva liegen bleiben würde, und bekam in dessen Officer die ideale Lokomotive. „Schon im Schlussbogen hatte ich das Gefühl, wir könnten dieses Match kaum noch verlieren“, gestand Michael Nimczyk. Es hätte gewiss nicht Officer Stephens Galoppade Mitte des Einlaufs bedurft, um in 1:11,7, dem besten Kilometerschnitt des Tages, die Lorbeeren einzuheimsen - für Nimczyk zum vierten Mal, nachdem er sich schon 2009 mit Welmoed Landerye, 2017 mit Cash Hanover und im Vorjahr mit Goldy Stardust in die noble Siegerliste eingetragen hat. In der steht 2019 auch Halva von Haithabu, der mit „Bronze“ hinter Wild West Diamant seine Medaillensammlung komplett hat: 2020 hatte er „Silber“ geholt.

In Schweden gestählt…
Unter der Regie von Sybille Tinter ist Natorp Bo, der eigens fürs Auktionsrennen, in dem die Pferde der 2018er Derby-Auktion startberechtigt waren, von Mittelschweden an die Spree gereist ist und mit Michael Nimczyk seine aktuellen Formen gründlich revidierte. Von der „7“ flog der Rappe mit Siebenmeilenstiefeln in Front, übermittelte Favorit Gold Cap BR ein glattes „Nein“, als der um die Spitze anklopfte, und löste sich auf der Zielgeraden in 1:12,6 wie ein Pferd anderer Klasse gegen den unermüdlich, aber vergeblich anrennenden Gold Cap BR, der mit dem auf den finalen 1.000 Metern anspruchsvolleren Rennverlauf keineswegs enttäuschte. 13.200 der ausgelobten 30.000 Euro, die das Auktionsrennen zum finanziell wertvollsten Vergleich des Nachmittags machten, schraubten Natorp Bos Konto auf 79.103 Euro

Al Capone schießt sich ins Finale
Am Start, der so allerdings nie hätte abgehen dürfen, entschied sich das Halbfinale der Newcomer-Serie. Während Pergamon S, der später enorme Gangartprobleme offenbarte, und Al Capone am Auto klebten, klappte der Rest deutlich hinterher. Einmal vorn, obwohl der Plan vorab völlig anders war, blieb der „Haller Rudi“ dort auch, als Eaton, der rund 20 Meter hinter dem Auto losgelegt hatte, angestiefelt kam. In die Suppe spucken ließ sich der Wieserhofer, der „schon lange nicht mehr von vorn gelaufen ist und den ich mit der ‚8‘ eigentlich im Speed einsetzen wollte“, nicht mehr - auch nicht durch Eaton. Der riss sich, schon geschlagen scheinend, noch mal zusammen und hielt sich die in seinem Rücken aktiven Brady und Jeanine Go mit eisernem Willen vom Leib. Revanche gibt‘s am 4. September im 20.000 Euro wertvollen Finale.

Germinal und I’ve got mail im Kombi-Pokal
Teil I des Kombi-Pokals unterm Sattel wurde eine leichte Beute von Germinal und Caroline Grevenig, die sich von Otto Cashs Tempolauf nicht kirre machen ließen. Der schmetterte los wie ein Irrwisch und teilweise 40 Meter vorm Feld einher, aus dem Henriette Sisu die anspruchsvolle Nachführarbeit verrichtete. Die zweite „Halbzeit“ war jene des Franzosen, der die Gegner aus dem Mittelfeld kommend regelrecht auffraß und souverän abkanzelte. Abteilung zwei, nunmehr mit Profis im Sulky, lief ähnlich für den Fuchs mit dem entscheidenden Unterschied, dass es Thomas Panschow mit der angeschlagenen Pace nicht übertrieb und I’ve got mail die entscheidenden Körner fürs goldene Ende beließ. Da konnte Germinal, wie fast üblich am Start Schlusslicht, sich reinhängen, wie er wollte - an den von Fred König trainierten Main-Wise-As-Sohn war trotz gehörigen Endspurts nicht mehr ranzukommen, der im zweiten Heat bemerkenswerte 1:14,0 aufs Tapet zauberte.

Weitere Rennen

Das Hors d’Œuvre des Derby-Meetings 2021 war den etwas ärmeren Franzosentrabern vorbehalten, von denen sich die besten Vier früh herauskristallisierten. Dem mächtig erst von Farlington, dann von Gralyne du Glanon massierten Fantastic Foot, der deren Überrumpelungsversuche resolut abwehrte, gab der auf dem letzten Viertel immer stärker werdende und von Hollands Nachwuchsstar Marciano Hauber lange klug aus der Bataille herausgehaltene Eden Pierji um einen „Hals“ den Rest. Bei Sieg-Odds von 195:10 waren die Favoritenwetter ziemlich „neese“.

Der nächste Schock ließ nur 24 Minuten auf sich warten, denn nicht Top-Favoritin Ruaha, die vom Fleck weg die Ansage machte, hatte an der entscheidenden Stelle die Nase vorn: Aus ihrem Windschatten ließ die eine Etage kleinere Stjärna BG mit Jytte Meincke die Lasbekerin Riesin wie nix rechts liegen und bescherte ihren wenigen Anhängern üppigen 46,6fachen Sieg-Einsatz. Josef Franzl musste mit seiner Rache bis zum letzten Rennen warten: Den zuweilen kniffligen Start über die Meile bekam er mit Phillys blendend hin, übernahm für die Schlussrunde das Zepter und setzte sich im Einlauf überlegen ab. Die Plätze zwei und drei gingen an Berlin: „Silber“ an den sich zäh durch die Todesspur raufenden Don Timoko, „Bronze“ an den von hinten prächtig auf Touren kommenden Workaholic Diamant.

Bei den De-Luxe-Handikappern war die falsche Wikingerin vorn: Aus dem Sog des ruckzuck in Front gezogenen Patron Wiking fand Thorsten Tietz für Theresa Viking rechtzeitig das Schlupfloch, weil Lotus Star nicht mehr mitkam. Der Rest war Formsache für die Reisende in Sachen Trabrennsport, die erst vor sechs Tagen in Saarbrücken Zweite geworden war und sich für das sonntägliche Finale genauso empfehlen konnte wie Cocktail CG, Patron Viking und Honor Bright, die dicht an dicht endeten. Abteilung zwei ging verblüffend einfach auf die Kappe der von Thomas Reber entschlossen vorgetragenen Johanna Baldwin, die in der ersten Biege Open Season von der Kommandobrücke schubste und sich im Einlauf locker von der Meute empfahl, aus der Villeneuf, Rien n’est plus und die auf weiten Wegen ums Oval gescheuchte Grietje für sich einzunehmen wussten.

Das einzige Treffen der Hobbyfahrer münzte Tom Karten in eine Demonstration um. Als er den wie der Wind in Front gedüsten Versace Diamant an der letzten Ecke losließ, stiefelte der Gustav-Diamant-Sohn mit Bravour zum 17. Volltreffer davon und verbreitete „Glanzgefühl“. Überzeugender konnte die Generalprobe für die am 2. September anstehende Deutsche Amateurmeisterschaft für das Dream-Team nicht ausfallen, das zum zehnten Mal gemeinsam die Ehrenparade absolvierte.

Ein kleines Minus gab’s an der Umsatzfront: im Vergleich zum Vorjahr sank der Schnitt pro Rennen von 21.424 auf 20.154.

Umsatz bei 14 Rennen: 282.163,91 Euro (incl. 179.439,11 Euro Außenumsatz), davon 17.349,40 Euro in der V7+-Wette.

Unser Terminhinweis: Die nächste Mariendorfer Veranstaltung findet am Donnerstag, dem 2. September statt. Im sportlichen Mittelpunkt stehen die Internationale Derby-Meisterschaft der Amateure und der Shootingstar-Cup. Der erste Start erfolgt um 17 Uhr.

Quelle: Berliner Trabrenn-Verein (BTV)