Trab: Großer Rückblick auf das erste Derbywochenende

Derbywoche, Tag 1 (05.09.2020)

Vorläufe zum Stuten-Derby ohne Überraschungen

Erste Vorlaufsiegerin des Tages: Naminga Bo mit Fahrer Pietro Gubellini (Foto:©Marius Schwarz)

Nur Kiwi Fortuna als Gesetzte raus – Charlie-Mills-Memorial: Goldy Stardust dreht den Spieß um – Silber für Izzi’s Newport – Nelly Pepper unterm Sattel wie vorm Sulky nicht zu boxen – Heinz Wewering als Toto-Schocker

Das haben die 2017 geborenen Ladys in den fünf Vorläufen zum in zwei Wochen anstehenden Stuten-Derby prima hinbekommen und sich fast sklavisch an die Vorgaben der Expertenrunde gehalten, die fünf von ihnen als Gesetzte auserkoren hatte. Drei erledigten die Pflicht vor der großen, dann um die 80.000 Euro wertvollen Kür – der genaue Rennpreis steht noch nicht fest und hängt von der Zahl der Trostläufe ab -–als Klassenbeste, die wacklige Glide be Lucky AS schaffte den „Cut“ als souveräne Zweite, und auch Kiwi Fortuna enttäuschte als Dritte durchaus nicht und wird sicherlich noch einmal im Trostlauf versuchen, ihren von Vielen auf die leichte Schulter genommenen Sieg im Adbell-Toddington-Stutenlauf zu bestätigen.

Naminga Bo siegt als erste Favoritin

Mit rund 15minütiger Verspätung, weil Kaitlin Way Scott ihn ohne Eisen in Angriff nehmen wollte und erst beschlagen werden musste, begann der nominell dritte, chronologisch 1. Vorlauf, in dem die gesetzte Namanga Bo ihr schwächliches Abschneiden aus dem Buddenbrock-Stutenlauf konsequent revidierte. Mit der reichsten aller Derby-Ladys nutzte der aus Italien eingeflogene Pietro Gubellini den idealen Startplatz „3“, übernahm sofort das Kommando, durfte lange bummeln und machte sich im Einlauf locker aus dem Staub. 1:15,6 war die erste Messlatte. Platz zwei schnappte sich die ihr Saisondebüt gebende Grace Keely aus dem Erfolgsstall Robin Bakker/ Paul Hagoort ebenso erwartet vor Quelle Fleur.

Auch Kyriad Newport locker durch

Was den Vortrag des Italieners betrifft, lautete in Elimination 2 für Michael Nimczyk die Devise „copy and paste“. Er durfte unterwegs eine noch ruhigere Kugel schieben, nachdem ihm im knallharten Kampf um die Spitze die als brandgefährlich ausgemachte Katalonia durch einen kapitalen Fehler nach 150 Metern abhanden gekommen war. Danach brauchte die sich enorm lang machende Kyriad Newport nur Dienst nach Vorschrift zu schieben, um in 1:16,1 alle im Griff zu behalten. Mit ihr wird man Olympia Hazelaar in 14 Tagen wiedersehen, die einen frühen Gewaltvorstoß in dritter Spur nicht krumm nahm, nach einem Kilometer an der Flanke der 11:10-Favoritin aufkreuzte und sich tapfer ins Finale durchbiss.

Whoopie Diamant düpiert Favoritin

Den ersten kleinen Favoritensturz gab’s in Vorlauf 3, den nicht die gesetzte Glide be Lucky AS, sondern Co-Favoritin Whoopie Diamant beherrschte. Die Tochter der Miss Vera, die selbst 90.703 Euro und 29 Siege auf ihrer Karte hat, und des weltweit exzellenten Vererbers Muscle Hill verkniff sich diesmal jeden Aussetzer. Mit Robin Bakker an den „Lenkseilen“ – auch dessen Taktik hieß „kopieren und einfügen“ – schoss sie in einem Rennen, bei dem von neun Kandidatinnen lediglich fünf das Ziel in der korrekten Gangart erreichten, sofort in Front und blieb gegen die wacklige Glide be Lucky AS, hinter der Jaap van Rijn alle Mühe hatte, einen Fehler zu vermeiden, stets leicht in der Vorhand. 1:15,4 lautete die neue Vorlauf-Bestmarke.

Raya hängt gesetzte Kiwi Fortuna ab

Qualifier 4, der auf dem geduldigen Papier als offenster daherkam, wurde eine letzten Endes souveräne Beute von der in Schweden von Timo Nurmos trainierten Raya, die sich heuer jenseits der Ostsee bei neun Auftritten die nötige Härte geholt hat. Catchdriver Dennis Spangenberg entschied sich für die Todesspur, „weil die Stute es mag, immer frei weg laufen zu können.“ Als die aus Italien angereiste Liesbeth in der letzten Kurve mit ihrem Tempolatein brutal am Ende war, machte sich Raya auf die Strümpfe und hängte ihre brandgefährliche Verfolgerin Paulette locker ab, die beim zweiten Auftritt ihrer Karriere knapp die Favoritenbürde aufgedrückt bekommen hatte. Die ob ihres Sieges im Adbell-Toddington-Stutenlauf gesetzte Kiwi Fortuna belegte Platz drei, ohne je eine reelle Chance auf ein Endlauf-Ticket zu haben.

Jeopardy erwartet stark

Der 5. Vorlauf, vom Veranstalter höchst verwirrend als erster bezeichnet, wurde zum Parademarsch der gesetzten Jeopardy, die nach frühen Fehlern von Taste of Diamonds und Ka Ching Bros wie aus Schweden gewohnt „Fahne hoch“ ihre einsamen Kreise zog. Als mit 1:14,5 schnellsten aller Kandidatinnen war sie meilenweit vor der erst ihren zweiten Start absolvierenden Ruby Barosso, mit der Rick Ebbinge sich für die Schlussrunde halbwegs an die Seite der Siegerin legte. „Geübt haben wir mit ihr den Rechtskurs daheim ausgiebig. Ein bisschen knifflig wurde es nur in der Startphase. Als sie einmal vorn war, konnte ich sie freiweg marschieren lassen“, freute sich Conrad Lugauer, der dem Endlauf mit allerbesten Aussichten entgegen sehen kann, den Bock endlich umzustoßen: Ein Derby-Sieg fehlt dem Bayern aus Skåne noch in seiner Erfolgsbilanz.

Goldy Stardust nimmt Revanche

Eine mindestens 30 Jahre währende Serie blieb im Charlie-Mills-Memorial, mit dem seit 1972 an einen der ganz Großen des weltweiten Trabrennsports gedacht wird, erhalten: Kein Traber konnte in dieser Spanne die Prestige-Prüfung zweimal gewinnen. Im Vorjahr musste Goldy Stardust Frontrenner Halva von Haithabu vor sich dulden, als späte, dafür umso süßere Rache drehte Deutschlands derzeit beste Stute den Spieß um -– kurioserweise mit 1:12,2 in der gleichen Zeit. Natürlich gestaltete Thorsten Tietz mit dem unerschrockenen Wikinger das Match von vorn, der jedoch einiges investieren musste, um an Rainbow Diamant und Inspector Bros vorbeizukommen. Anschließend konnte sich der Titelverteidiger etwas ausruhen, weil der außen aufrückende Bvlgari Peak sich vor einer Attacke hütete. Hinter dem Dänen hatte Michael Nimczyk seiner Lieblingsstute, „die mir unglaublich viele Gänsehaut-Momente beschert hat und so lange Rennen laufen wird, wie sie Lust dazu hat“, eine perfekte Abflugrampe verpasst. Für die Quick-Wood-Tochter, für die Berlin immer ein exquisites Pflaster war, hatte auch der 13. Besuch der Derbybahn keine Tücken: Im Nu hatte sie den wie sie auch in Frankreich gestählten Wikinger im eisernen Würgegriff, aus dem es kein Entrinnen gab. Locker ließ sie ihn rechts liegen zum zehnten Mariendorfer Erfolg – dazu kommen drei Ehrenplätze. „Ein Traumpferd, das sich wieder voll gefunden hat“, strahlte der Goldhelm, der sich nach Welmoed Landerye (2009) und Cash Hanover (2017) zum dritten Mal auf der Ehrenliste verewigte. Für Platz drei kämpfte Inspector Bros den tapferen Bvlgari Peak und Tyrolean Dream nieder.

Jilt Flevo bei den Newcomern…

Ohne die Vorausfavoriten Velten von Polly und Ol Dono Lengai wird das am 19. September um 20.000 Euro ausgetragene Finale der Newcomer-Serie stattfinden. Das war das Resultat des Semifinales, aus dem sich die beiden Hengste am Start (Velten von Flevo) und in dritter Schlussbogenspur im Galopp eliminierten. Bombensicher im Griff hatte Danny Brouwer den Rest, nachdem er mit Jilt Flevo 1100 Meter vorm Ziel Amon Wise As von der Spitze verjagt hatte und den Konterversuch des in Italien geborenen Varenne-Sohns auf der Zielgeraden locker im Keim erstickte.

…Izzi’s Newport um Silber

Im dramatischsten Finish des Nachmittags setzte sich Izzi’s Newport mit dem 20.000 Euro wertvollen Finale der Silberserie die Krone auf. Den ersten Versuch Velten Red Red Reds, ihn aus dem Kommando zu jagen, beschied Michael Nimczyk noch abschlägig, beim zweiten ließ er den Fuchs dann doch vorbei. Das wäre fast ins Auge gegangen, denn als Exclusive Fire nach einer Runde seinen bombastischen Angriff aus dem Mittelfeld anzettelte, der ihm ausgangs der Schlusskurve die Führung brachte, saß der Goldhelm ziemlich fest. Gerade rechtzeitig öffnete sich die rettende Lücke, und wie Izzi’s Newport die eigentlich schon verlorene Partie doch noch umbog, war begeisterndes, war ganz großes Kino. 1:12,9 - so schnell war Izzi nie zuvor, bekam dafür aber auch den mit 9.000 Euro dicksten Scheck seiner Laufbahn gutgeschrieben.

Mon Filou mit Außenseitersieg

Der berühmte Affe aus dem Nest fiel im Pokal der (vierbeinigen) Publikumslieblinge. Nach aktueller Verfassung hatte der heuer bei zehn Versuchen noch sieglose Mon Filou nicht die Spur einer Chance - und nutzte die mit dem zweibeinigen Aushängeschild des deutschen Trabrennsports zur Verblüffung fast aller. Heinz Wewering verpasste dem „Schlitzohr“ ein Traumrennen im Rücken der hurtig in Front tanzenden La Ballade, mit der Rudi Haller die Pace durchweg hochhielt. Das war augenscheinlich ganz nach dem Geschmack Mon Filous, der alle Flausen sein ließ und sich mit viel Herz auf eine Länge absetzte. So sehr die Fans dem 70jährigen Urgestein den 16.915. Treffer seiner unvergleichlichen Karriere gönnten, war’s für viele doch auch ein Wermutstropfen: Für 563:10 machte er der Mehrzahl der V7+-Systeme den Garaus.

Nellys Doppelschlag im Kombi-Pokal

Teil I des Kombi-Pokals wurde eine überlegene Beute von Nelly Pepper und Ronja Walter, die auch ihren zweiten gemeinsamen Ausritt im Winner Circle beendeten. Wehe, wenn sie losgelassen, hieß das Motto für die Fast-Photo-Tochter, mit der sich die deutsche Reitchampionesse einen Kilometer lang ansah, wie Hindy Heikant auf der Flucht bis zu 40 Meter Vorteil herausholte. 800 Meter vorm Pfosten machte sie sich auf die Verfolgung – und wie. In Windeseile schmolz der schöne Vorsprung, Nelly Pepper zog voller Elan durch und war in sagenhaften 1:12,9 überlegene Ware. Auch die Wiederholung vorm Wagen schnappte sich die kampfstarke Stute, die von Franz-Josef Stamer von der „8“ ans Ende des Pulks dirigiert wurde, sich gegenüber von Offroader nach vorn ziehen ließ und sich in fünfter Einlaufspur gegen den innen durchschlüpfenden Adonis CG und ihre Lokomotive ganz leicht durchsetzte

Die weiteren Rennen des Tages

Stand up hieß es in jeder Hinsicht zum den Amateuren vorbehaltenen Auftakt des Derby-Meetings. Mit der Stute machte André Pögel aus der Todeslage im Schlussbogen kurzen Prozess und setzte sich für 18:10 überlegen von Timoka Corner (26:10) ab, die mit ähnlich großem Vorsprung für den Ehrenplatz keine Diskussionen zuließ. In einem Handicap-Rennen bugsierte Jochen Holzschuh Terpie Burgerheide früh auf die Kommandobrücke, der dort den Umsturzversuch der fast gleichauf einkommenden JFK, Liana Silvio und Beebee BR für 13,2fache Sieg-Odds locker ausstand.

Zum Absacker des Nachmittags erklang des Wendlers „Spektakulär“, und es war tatsächlich spektakulär, wie leicht Flying Marceaux die Aufgabe für die Trotteurs français löste. Nach einem Blitzstart kurvte Thorsten Tietz mit dem Quaker-Jet-Sohn stets drei, vier Längen vor Germinal und der restlichen Meute einher - so blieb es bis zum Schluss.

Positives gilt es von der Umsatzfront zu vermelden: Fast 300.000 Euro bedeuten einen Schnitt von 21.424 Euro pro Rennen - ein Plus von rund 1.300 Euro bzw. in der Summe 17.700 Euro zum vergleichbaren 2019er Samstag.

Umsatz bei 14 Rennen: 299.930,71 Euro (incl. 213.951,46 Euro Außenumsatz)


Derbywoche, Tag 2 (06.09.2020)

Vorläufe zum 125. Traber-Derby: Nur einer der Gesetzten strauchelt 

Eine Klasse für sich: Keytothehill und Heinz Wewering dominierten ihren Vorlauf (Foto:©Marius Schwarz)

Keytothehill in der Königsrolle – Cunningham sorgt für die Überraschung – Arnold Mollema als Trainer auch im Auktionsrennen – Indio Corner lässt den Toto wackeln – perfektes Debüt von Cindy Truppo

Es ist angerichtet für das höchstdotierte deutsche Trabrennen des Jahres, das in zwei Wochen zum 125. Mal ausgetragene Derby. Was die Ladys am Samstag vorexerziert hatten, setzte sich in den vier Vorläufen mit 34 Hengsten und Wallachen – keine Stute wagte es, mit ihnen die Klingen zu kreuzen – fort: Die Gesetzten hielten sich bis auf eine Ausnahme an die Einschätzungen des Veranstalter-Gremiums und machten mit den vermeintlichen Underdogs „tabula rasa“. Lediglich in Vorlauf 3 tanzten gleich beide möglichen Sieganwärter komplett aus der Reihe und verpassten nach einem Dauerduell an der Spitze als Vorletzter (Hidalgo Heldia) und Letzter (Jonny Hill) sogar das Finale sonnenklar. Fürs Team Nimczyk war dieser Schaden kein gar so kapitaler, denn dafür sprang Robbin Bot mit der zweiten Farbe Cunningham – am Toto war’s gar nur der achte und letzte Kandidat – in der engsten Ankunft in die Bresche.

Im Blauen Band am 20. September, in dem es je nach Anzahl der Trostläufe fürs Stuten-Derby um 205.000 bis 212.000 Euro gehen wird, ist der deutsche Trainerchampion Wolfgang Nimczyk als Einziger mehrfach vertreten: Straight Flush, Cunningham und Venture Capital heißen seine drei Musketiere, die gegen eine Rotte von neun „Einzelkämpfern“ antreten werden. Einer wird dann auf der „Setzliste“ von Experten und Wettern haushoch über den Anderen thronen: Keytothehill. Bedurfte es überhaupt noch eines Beweises, dass der Weg zum Lorbeerkranz nur über den von Arnold Mollema vorbereiteten Hengst führt, so wurde der auf fast schon brutale Weise geliefert. Kompromisslos zeigte Heinz Wewering der Konkurrenz, wie hoch der Hammer hängt, kreuzte in der mit Abstand schnellsten Zeit aller Vorläufe, die sogar Tagesbestzeit war, die Linie mit dem Braunen, der alles mitbringt, was ein Klassepferd auszeichnet: das nötige Phlegma, ein ökonomisches Gangwerk und die Bereitschaft, ein Schippchen draufzulegen, wenn ein Gegner anklopft.

Wild West Diamant souverän

Nur einen mit 1:14,6 etwas zügigeren Sonntagnachmittagspaziergang hatte in Vorlauf 1 der gesetzte Wild West Diamant zu erledigen, der nach vier Ehrenplätzen endlich den ersten Saisonsieg landete. Am Start war der Muscle-Hill-Sohn noch nie der schnellste, und so kam der zum Geldwechsel-Kurs von 10:10 antretende Dunkelbraune nur als Vierter unter. Sofort von Robin Bakker auf „Vormarsch“ gepolt, knöpfte er ausgangs der ersten Biege King of Greenwood den Taktstock ab, war fortan auf jedem Zentimeter überlegene Ware und markierte mit mäßigen 1:14,6 den ersten Maßstab. In dem durch Galoppaden enorm dezimierten Feld rundete der innen unauffällig mitlaufende Pergamon S als Dritter den totalen Triumph der in Holland vorbereiteten Kandidaten ab.

Keytothehill herausragend

Nicht minder gnadenlos, jedoch deutlich zügiger zertrümmerte in Qualifier 2 Keytothehill die Konkurrenz auf seinem Weg zur dreifachen Krone. Heinz Wewering ließ sich von den beiden Blitzstartern Gold Cap BR und Eagle in the Sky nicht flachsen, machte sofort Dampf, brauchte aber bis zur ersten Passage des Zielschilds, um das Gold Cap zu umsegeln. Danach gab‘s kein Halten mehr für den haushohen Favoriten mit dem raumgreifenden Geläuf, der ein sanftes Ruhekissen für all jene war, die über ihn an ein Los für die große Prämienausspielung zu kommen gedachten. 1:12,5 war ein deutlich vernehmbares Signal Richtung Konkurrenz, wobei der mit einer Bierruhe gesegnete Hengst noch nicht mal von den Ohrenstöpseln befreit wurde: „Das behalten wir uns vor, wenn’s wirklich mal eng werden sollte“, griente „HW“. Bestens verkaufte sich Venture Capital, der hinter Gold Cap BR ganz sicher Finalplatz drei buchte.

Favoriten verzocken sich

Komplett über den Haufen geworfen wurden die Prognosen der Auguren in Vorlauf 3, obwohl der gesetzte Jonny Hill ratzfatz ins Kommando flitzte und der bei vier Auftritten in Schweden unbezwingbare Hidalgo Heldia sich ebenso zügig an seine Seite legte und ein scharfes Tempo einforderte. 500 Meter vorm Ziel kam Hidalgo, seit drei Monaten wegen gesundheitlicher Probleme nicht am Ablauf gewesen, aus dem Tritt. Von Pippo Gubellini meisterhaft auspariert, setzte er den Druck fort, doch an der letzten Ecke machte sich die fehlende Matchpraxis bemerkbar. Wie er hatte auch Jonny Hill nichts draufzusatteln, als die Speedpferde aufrüsteten. Am Ende entschied ein „Kopf“ zugunsten Cunninghams und Robbin Bots und gegen den am Ende enorm zulegenden Black Jack (beide 1:14,0) sowie den sich durchs Feld schlängelnden Because you love me.

Straight Flush sticht

In der 4. Elimination wurde Straight Flush seiner enormen 17:10-Wertschätzung vollauf gerecht. Es gab für die Anhänger des sofort in Front spritzenden kleinen Hengstes nur eine Schrecksekunde, als er nach 600 Metern urplötzlich ob eines Werbebanners stutzte. Michael Nimczyk bügelte das sofort aus, der Braune lag wieder wie ein Brett und war allzeit bereit für die Herausforderung durch Peter Untersteiners 1:11,2-Traber Toto Barosso, der ihn nicht aus den Fängen ließ, aber auch nicht vorbeikam. Straight Flush hatte stets die passende Antwort parat und gewann sicherer, als der Abstand von einer halben Länge aussagen mag. Eine lange „Weile“ zurück wurde sicherheitshalber die Technik zu Rate gezogen, die einen „Kopf“-Vorteil zugunsten Dream Fashions und gegen Ken Bull offenbarte. 1:14,3 war das letzte Vorlauf-Wort.

Europabummler im Vierjährigen-Auktionsrennen

In niederländischer Hand war das Equine-Auktionsrennen um 30.000 Euro für all jene Vierjährigen, die bei der Derby-Jährlingsauktion 2017 in den Ring gekommen waren. Jaap van Rijn scheute sich nicht, Arnold Mollemas heuer noch sieglosen Derby-Sechsten Juan Les Pins außen herum einzusetzen und fuhr damit goldrichtig. In starken 1:13,0 machte sich der Schwarzbraune ganz leicht frei vor Ikarus Love und Bavaro zum dritten Volltreffer einer Laufbahn, die ihn auch schon nach Dänemark, Frankreich und – bei der Entourage fast selbstverständlich – in die Niederlande geführt hat.

Noch leichter hatte es Julnick Shark, der im Pokal der Vier- und Fünfjährigen eine Klasse für sich war und nur einen bangen Moment zu überstehen hatte, als er sich unmittelbar vorm zweiten Bogen zu einer kurzen Rochade mit Instagramm verabredete. Eingangs der Überseite wieder vorn, brauchte Jochen Holzschuh den „Hai“ nur auf gerader Linie zu halten, um den größten, 3.500 Euro wertvollen Happen vom Prämienkuchen abzubeißen.

Zumindest an den ersten Beiden hätte der lange Zeit in Italien aktive Gerhard Krüger als Namensgeber des ersten Zweijährigen-Rennens dieser Saison seine helle Freude gehabt. Besonders an Cindy Truppo, mit der Thorsten Tietz nach Avena Jet eine weitere vielversprechende Maharajah-Tochter bei einer italienischen Jährlingsauktion an Land gezogen hat. Von der „8“ legte sie nicht los wie eine Debütantin, sondern wie eine Alte, fegte wie der Blitz nach vorn, wechselte dort das Tempo nach Belieben ihres Ausbilders und legte ein Päckchen drauf, als der einzig ihr auf den Fersen bleibende Lord Bianco sie im Einlauf kippen wollte. 1:15,8 lautete die erste Marke der unkomplizierten, abgeklärten Braunen, mit der es vielleicht im Jugend-Preis ein Wiedersehen gibt. „Das entscheidet sie ganz allein“, war Tietz hochzufrieden mit seiner Musterschülerin, die die ersten 4.400 Euro ihres 27.000-Euro-Preises amortisiert hat.

Im Derby-Pokal der Steher hatte Horatio Fortuna den längsten Atem, mit dem sich Jaap van Rijn bei der erstbesten Gelegenheit aus der kniffligen Innenspur mogelte, sich auf den Weg zu Spitzenreiter Place Royal vortankte, den Fuchs zu Beginn der Zielgeraden noch einmal kurz in dessen Windschatten Luft schnappen ließ und ihm dann ganz leicht den Garaus machte.

Die weiteren Rennen am 2. Tag

Zum Auftakt des sonnenüberfluteten Nachmittags war zwar der nach 600 Metern in Front gezogene Omega Man das klar stärkste Pferd, trabte aber in den Bögen nicht glockenrein und hätte sich über eine nachträgliche blaue Karte nicht beschweren dürfen. Viel ansehnlicher sauste der kleine Trixton-Sohn Piemonte um die Bahn und schien noch keineswegs müde, als im Scheitel der Schlusskurve der Salto kam. Der direkt dahinter liegende Bruno Font CG erbte gewissermaßen das Zepter und gab’s bis ins Ziel nicht mehr aus der Hand.

Anschließend wurde Purple Rain zum spektakulären Nummer-1-Hit. Thorsten Tietz setzte von Startplatz „8“ alles auf eine Karte, fuhr Favorit Karel G Greenwood um die Spitze aus und legte stets einen Gang zu, wenn Karel zu attackieren suchte; das mündete in einen haushohen Sieben-Längen-Sieg des immer noch verspielt wirkenden Vierjährigen.

Oblag es tags zuvor Heinz Wewering, ein Toto-Beben auszulösen, so fiel dieser Part in einem hochklassig besetzten Amateurfahren für 998:10 Indio Corner und Romina Beranek zu. Den völlig formlos aus Bayern angereisten Elfjährigen schien die Erinnerung an seinen größten Triumph zu beflügeln, der schon ein paar Tage her ist: 2014 hatte er mit Josef Franzl hier den Shootingstar-Cup gewonnen. Mit der „13“ kam der Wallach blendend in die Partie, schnappte sich einen Kilometer vor Schluss das Kommando, wurde immer munterer und bescherte seiner jungen Fahrerin den ersten, nicht einen Moment gefährdeten ersten Treffer ihrer Laufbahn.

Der zweite Vergleich der Hobbyfahrer gipfelte im Duell zweier Moderatoren. Hatte Christoph Pellander mit Hannah Hazelaar lange Zeit das Sagen, so sprach aus deren Rücken Emma Stolle mit Bonanomi CG das letzte Wort. Das Pferd für den „Besitzer für einen Tag“ überrannte die sich tapfer verteidigende TraberParti-Stute ganz leicht und bescherte dem Glückspilz den Siegpreis von 1.400 Euro.

Den Schlusspunkt des zweiten Tages setzte Josef Franzl mit Obango. Als er der im zweiten Paar außen lauernden Lasbekerin den Kopf freigab, war’s um die lange führende Just be Proud rasch geschehen, die Rang zwei an Obangos Schattenfrau Jamaica Ferro verlor.

Wie üblich gilt der letzte Blick dem, was durch tatsächliche und virtuelle Wettkassen geflossen ist. Der Umsatz des letzten Jahrs wurde bei identischer Anzahl an Rennen deutlich um rund 22.000 Euro übertroffen. Aufgrund der Einschränkungen vor Ort fiel der Bahnumsatz jedoch um 25.000 auf 115.825,10 Euro.

Umsatz bei 14 Rennen: 382.032,80 Euro (incl. 266.207,70 Euro Außenwette)

Quelle: Berliner Trabrenn-Verein (BTV)