Bezirksliga / BSV 92: „Gehe eher davon aus, dass die Saison abgehakt wird“

NEU-TRAINER DIEKMANN IM GESPRÄCH

 
Nach 20 absolvierten Spielen liegt der vor der Saison als Aufstiegskandidat gehandelte Berliner SV 92 auf dem 6. Platz der Bezirksliga Staffel 2. Ende Februar trennten sich die "Störche" von Trainer René Zampich – mittlerweile hat Frank Diekmann (zuletzt TuS Makkbi) das Amt bei den Wilmersdorfern übernommen. Nach nur einer Partie unter dessen Leitung folgte jedoch die Unterbrechung des Spielbetriebs wegen der Coronavirus-Epidemie. Der neue Trainer des BSV 92 sprach mit Berlinsport Aktuell u. a. über die Hintergründe der Zusammenarbeit.

Berlinsport Aktuell: Herr Diekmann, Sie haben zum Ende der vergangenen Saison aus familiären Gründen als Trainer beim Berlinligisten TuS Makkabi aufgehört – hatten Sie sich damals eine bestimmte Dauer ihrer Pause vorgestellt?

Frank Diekmann (BSV 92): Nein. Ich hatte bereits im April dem Vorstand mitgeteilt, dass ich nicht in der Lage sein werde, mich um die kommende Saison kümmern zu können. Mir ging es darum, dass der Verein genügend Vorlauf hatte, um einen passenden Nachfolger für mich zu finden. Über die Dauer meiner Auszeit hatte ich mir keine Gedanken gemacht.

BspA: Anfang März sind Sie nun beim Berliner SV 92 in der Bezirksliga wieder als Trainer in Erscheinung getreten. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Diekmann: Der Vorsitzende der Fußballabteilung, Christian Kalden – wir kennen uns schon seit Jahren –, hatte mich angerufen und gefragt, ob ich ihnen als Trainer aushelfen könne, weil die Zusammenarbeit zwischen dem bisherigen Trainer René Zampich und dem BSV 92 einvernehmlich beendet wurde.

BspA: Zu diesem Zeitpunkt lag der BSV 92 neun Punkte hinter Platz 1 und sieben hinter dem Tabellenzweiten – sind Sie explizit geholt worden, um in den – damals noch – verbleibenden elf Partien den Angriff auf die Aufstiegsplätze zu starten?

Diekmann: Der Verein wollte einen neuen Impuls für die Mannschaft auslösen, um oben noch einmal anzugreifen, weil er die Auffassung vertritt, dass die Mannschaft unter ihren Möglichkeiten spielt.


     Frank Diekmann (Berliner SV 92)

Ich hatte am 15. März einen Trainingsplan ausgegeben, der endet jedoch am 19. April. Theoretisch müsste ich anschließend einen neuen Plan ausgeben – aber ich gehe eher davon aus, dass das nicht mehr nötig und die Saison dann abgehakt sein wird.


BspA: Das erste Spiel unter ihrer Regie ging gegen einen direkten Mitkonkurrenten, Fortuna Pankow, auf eigenem Platz mit 1:2 verloren – ist der Aufstieg damit bei 10 bzw. neun Zählern auf die beiden Topplätze und zusätzlich noch drei bis vier Mitbewerbern für Sie gegessen?

Diekmann: Nein – ich halte 9 Punkte Rückstand auf einen Aufstiegsplatz bei noch 10 ausstehenden Spiele zwar für eine schwierige, aber nicht unlösbare Aufgabe.

BspA: Wie viel Zeit hatten Sie, das Team vor dem Spiel gegen Pankow kennenzulernen bzw. schon erste spielerische und taktische Maßnahmen nach Ihren Vorstellungen zu treffen?

Diekmann: Wir hatten lediglich 3 Trainingseinheiten zum Kennenlernen. Noch dazu war die Trainingsgruppe überschaubar, so dass da im mannschaftstaktischen Bereich noch gar nichts ging. Die Dinge hatten wir dann, nach dem Abschlusstraining, an der Tafel angedeutet.

BspA: Wie groß ist der Unterschied zwischen z. B. der Berlin-Liga und der Bezirksliga was Trainingsbedingungen und - pensum betrifft?

Diekmann: Ziemlich groß. Der gravierende Unterschied, was die Trainingssteuerung anbetrifft, liegt im Bereich der Anzahl von Trainingstagen. Wir haben nur zweimal wöchentlich Training. In der Berlinliga steht mindestens ein Tag mehr an. Gerade wenn es darum geht, eine Spielphilosophie einzuprägen und Automatismen zu entwickeln, halte ich das für nicht ausreichend. Wenn ein Spieler einmal in der Woche fehlt, dann hat er gleich 50 % an Input versäumt. Wenn man beispielsweise an zwei Trainingstagen gewisse Dinge ausarbeitet, dann möchte man am dritten Tag im Abschlusstraining gerne sehen, was davon hängen geblieben ist. Im Wettkampf liegt der für mich entscheidende Unterschied darin, dass der Schiedsrichter in der Bezirksliga ohne Assistenten auskommen muss. Ich hatte mir während meiner Pause auch einige Spiele in unteren Ligen angeschaut – was da teilweise im Rücken vom Schiedsrichter abläuft, motiviert mich keineswegs auf längere Sicht in solch einer Liga zu arbeiten.

BspA: Wie deutlich zeichnete sich zum Zeitpunkt ihres Amtsantritts bereits eine mögliche Liga-Unterbrechung wegen des Coronavirus ab?

Diekmann: Gar nicht. Zu diesem Zeitpunkt brachte man lediglich ein Bier mit dem Begriff „Corona“ in Verbindung.

BspA: Wenn Sie vorher gewusst hätten, dass es soweit kommen würde – hätten Sie das Amt überhaupt angetreten?

Diekmann: Die Frage hätte sich erübrigt. Wenn das absehbar gewesen wäre, hätte der Verein diesen Schritt mit Sicherheit nicht unternommen.

BspA: Ist die Pause für Sie und den Club ein besonderer Nachteil, weil Sie gerade erst die Arbeit aufgenommen haben?

Diekmann: Das ist natürlich für alle Clubs der gleiche Nachteil. Wenn allerdings ein neuer Trainer installiert wird, ist das meistens auch mit einer neuen Spielphilosophie verbunden. Und da ist es natürlich dann besonders bitter, wenn man mit der Mannschaft nicht auf dem Platz arbeiten kann.

BspA: Was und welche Umfänge lassen Sie ihre Spieler zur Zeit individuell trainieren?

Diekmann: Ich hatte am 15. März einen Trainingsplan mit Laufeinheiten an die Mannschaft ausgegeben, der endet jedoch am 19. April. Theoretisch müsste ich anschließend einen neuen Plan ausgeben – aber ich gehe eher davon aus, dass das nicht mehr nötig und die Saison dann abgehakt sein wird.

BspA: Ist die Vereinbarung zwischen Ihnen und dem BSV 92 über das Saisonende hinaus vereinbart?

Diekmann: Nein.

BspA: Können Sie sich vorstellen, zur neuen Spielzeit – wann immer diese auch beginnen würde – eine neue Aufgabe anzunehmen und welche Bedingungen müssten dabei erfüllt sein?

Diekmann: Das könnte ich mir durchaus vorstellen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich auch gut damit leben könnte, wenn ich mir an den Wochenenden einfach nur einmal ein paar Begegnungen live anschaue. Das hatte ich im letzten Jahr tatsächlich sehr genossen. Wenn ich eine neue Aufgabe annehmen würde, dann sollten schon drei Trainingseinheiten pro Woche anstehen – und ein Gespann das Spiel am Wochenende leiten.

Beitrag+Fotos: BspA/Hagen Nickelé