4. ISTAF Indoor heute in Berlin

Christoph allein zu Haus

Das 4. ISTAF Indoor in Berlin wird mit internationalen Stars erstklassig besetzt sein. Zwei mit Spannung erwartete Duelle müssen aber leider ausfallen.


Bericht: Eike Ahlhausen

Stabhochsprung: "Olympia-Revanche" fällt aus

Beim 4. ISTAF Indoor am 10. Februar in der Berliner Mercedes-Benz Arena sollte eigentlich Stabhochsprung-Superstar Renaud Lavillenie aus Frankreich auf den Olympiasieger Thiago Braz da Silva aus Brasilien treffen. "Das ist die Riesen-Revanche für Rio", schwärmte Meeting-Direktor Martin Seeber noch vor Kurzem - Lavillenie sagte seine Teilnahme dann aber erst diese Woche wegen Problemen an der Achillessehne ab. Damit fällt ein mit Spannung erwartetes Duell beim ISTAF Indoor aus.

Für alle, die in Sachen Leichtathletik nicht zum Fachpublikum gehören, sei noch einmal an die Olympischen Spiele im letzten Jahr in Rio de Janeiro erinnert. Renaud Lavillenie ging als großer Favorit in den Wettkampf, das brasilianische Publikum im Olympiastadion buhte ihn gnadenlos aus – während seiner Sprungversuche. Unter Tränen brachte er den Wettkampf zwar zu Ende, aber nicht als Olympiasieger. Die Goldmedaille schnappte ihm der Brasilianer Thiago Braz da Silva unter frenetischem Jubel der einheimischen Zuschauer weg. Ein in der olympischen Geschichte ausnahmsloser Skandal. Olympisches Publikum hatte sich bisher immer positiv für einen Athleten engagiert, aber niemals gegen einen Sportler. Der amtierende Vize-Weltmeister Raphael Holzdeppe von der LAZ Zweibrücken dürfte aber für genügend Spannung im Wettbewerb der Stabhochspringer sorgen.

Dass auch die vierte Auflage des winterlichen ISTAF-Ablegers in der Arena am Ostbahnhof – im Sommer ist das Olympiastadion in Berlin der Austragungsort – zu einem ausgesprochenen Erfolg wird, da ist sich Martin Seeber sicher. Das größte Leichtathletik-Meeting unterm Hallendach habe sich in den vergangenen drei Jahren dank seiner einzigartigen Kombination aus Spitzensport und Show bei Zuschauern und Aktiven einen Namen gemacht. Nirgendwo sonst sei man näher am Geschehen, nirgendwo sonst seien die Emotionen greifbarer. Neben einem kurzen Live-Konzert sind folgende Disziplinen laut Seeber geplant: 60 Meter Sprint für Frauen und Männer, 60 Meter Hürdensprint (ebenfalls Frauen und Männer), Stabhochsprung und Diskuswurf der Männer, sowie Weitsprung der Frauen.

Weitsprung: Wester will's wieder wissen

Apropos Weitsprung: "Am 10. Februar wird wieder Berlin gerockt!" Vorjahressiegerin Alexandra Wester freut sich bereits jetzt auf diesen Wettkampf. Wester kann es kaum erwarten, bis es endlich losgeht: sie verspricht den Fans auch dieses Jahr wieder eine große Show. Die 22-Jährige sagte ihren Start beim weltweit größten Hallen-Meeting ebenso zu, wie die serbische Europameisterin Ivana Spanovic, die in Rio Olympia-Bronze gewann. Auch Sosthene Moguenara vom SV Saar 05 Saarbrücken, die im vergangenen Jahr mit 7,16 Metern in die Weltspitze sprang, wird dabei sein. Als Lokalmatadorin geht die Berlinerin Melanie Bauschke an den Start.

"Das wird krass, ein Hammer-Wettbewerb", sagt Alexandra Wester weiter. "Ivana mag ich sehr, finde sie richtig cool. Toll, dass auch Sosthene am Start ist. Wir sind gute Freundinnen, absolvieren auch gemeinsam Trainingslager. Das wird spannend!" Noch einmal zur Erinnerung: Vor einem Jahr katapultierte sich Alexandra Wester beim 3. ISTAF Indoor ins Rampenlicht und in die Herzen des Berliner Publikums. Die junge Kölnerin steigerte ihre Bestleistung gleich um 23 Zentimeter: 6,95 Meter – Meeting-Rekord und Weltjahresbestleistung! "Es war mein bester Wettkampf des Jahres, das war mein Durchbruch", erinnert sich Wester. "6,95 Meter – das hatte ich mir selbst nicht erträumt."


"Ich fühle mich richtig gut und freue mich wahnsinnig auf Berlin. Die Stimmung ist beim ISTAF Indoor einfach gigantisch."

Weitspringerin Alexandra Wester


Die Weitspringerin hat gerade ein Trainingslager auf Fuerteventura beendet. "Ich fühle mich richtig gut und freue mich wahnsinnig auf Berlin. Die Stimmung ist beim ISTAF Indoor einfach gigantisch. Der hohe Steg, der Laser, der die Weite der Führenden anzeigt, die Nähe zu dem tollen Publikum – das ISTAF Indoor ist etwas ganz Besonderes. Die Stimmung pusht mich, und auch der Laser hilft mir sehr. Es ist gut zu sehen, wie man springen muss, um in Führung zu gehen. Den Laser hätte ich am liebsten bei jedem Wettkampf. Den sollte man überall einführen." Meeting-Direktor Martin Seeber stimmt Alexandra Wester unbedingt zu: "Der Weitsprung ist stets ein emotionales Highlight, wir freuen uns auf einen starken Wettbewerb mit tollen Sportlerinnen."

Diskus: Auch ohne Brüderduell ein illustres Starterfeld

Ein starker Wettbewerb mit starken Sportlern sollte auch das Diskuswerfen werden. Wird es auch, allerdings mit einer kleinen Einschränkung: Einer der beiden eingeschriebenen Hartings muss passen. Dreimal dürfen sie raten, wer von beiden es ist – richtig: Robert, der ältere ist wieder unpässlich. Der London-Olympiasieger von 2012 ist nach einem operativen Eingriff am rechten Knie noch nicht wieder hundertprozentig fit. "Ich kann leider immer noch nicht voll werfen. Die Heilung verläuft langwieriger als gedacht", sagte der 32-Jährige im Trainingslager Kienbaum. "Das ist schon ziemlich enttäuschend."


"Die Heilung verläuft langwieriger als gedacht. Das ist schon ziemlich enttäuschend."

Robert Harting, der wegen Verletzung absagen musste


Robert wird seinem jüngeren Bruder Christoph, dem Olympiasieger aus Rio, das Feld überlassen. Das bereits in Rio geplatzte Brüderduell wird auch in Berlin auf sich warten lassen. Wie bei den vergangenen großen Wettkämpfen heißt es leider auch diesmal: Christoph Harting – allein zu Haus. So alleine ein Athlet unter 12.500 Zuschauern halt sein kann. Noch im letzten Jahr war Robert der große Held der Veranstaltung. Nach 531 Tagen Verletzungspause feierte er sein großes Comeback. Nach den ersten fünf schwachen Versuchen im Wettbewerb sah es zunächst nicht nach einem erfolgreichen Abend für den Berliner aus.

Erst der letzte Versuch brachte Klarheit: Robert Harting ist zurück, und er ist immer noch stärker als Christoph. Er schleuderte den Diskus auf 64,81 Meter und sicherte sich damit den Sieg vor seinem sechs Jahre jüngeren Bruder, der auf 64,34 Meter kam. Robert verzichtete zwar darauf, wie sonst nach großen Siegen, sein Trikot zu zerfetzen. Nach seinem Siegeswurf fiel er aber auf die Knie und streckte beide Fäuste in Richtung Hallendecke, auch die Ehrenrunde schien er ganz besonders zu genießen.

Auch dieses Jahr würde ihm eine ähnliche Comeback-Party gut gefallen, keine Frage. Nach seinem Ausfall bei den Olympischen Spielen in Rio war Hartings Psyche angeknackst, das ewige Verletzungspech und die folgenden Rekonvaleszenzen kosteten Kraft. Trotz Robert Hartings Absage ist in der Mercedes-Benz-Arena aber ein hochkarätiges Starterfeld dabei. Im Diskusring treffen sich gleich die ersten Vier vom Olympia-Finale in Rio wieder: Goldmedaillengewinner Christoph Harting wird vom Olympia-Zweiten Piotr Malachowski aus Polen, dem Wattenscheider Daniel Jasinski und dem Esten Martin Kupper herausgefordert. Meckern kann da keiner.

Hürdensprint: Rohleder schwärmt - und siegt

Ebenfalls ohne Meckern wird Cindy Rohleder an den Start gehen – beim 60-Meter-Hürdensprint der Frauen. Für die 27-jährige Chemnitzerin ist es bereits der vierte Start bei dem recht jungen Hallensportformat in Berlin. Die Europameisterin peilt dabei ihren dritten Triumph an: "Beim ISTAF Indoor stehen wir Sportler ganz im Fokus, die Zuschauer sind ganz nah dran. Das hat mich schon zweimal zum Sieg gepusht. Jetzt will ich das Triple perfekt machen!" Die verkürzte Distanz – normalerweise sprinten die Frauen über 100 Meter Hürden – sei kein Problem. "Die Halle ist halt nicht größer", sagt sie lapidar.


"Beim ISTAF Indoor stehen wir Sportler ganz im Fokus, die Zuschauer sind ganz nah dran. Das hat mich schon zweimal zum Sieg gepusht."

Cindy Rohleder, Hürdensprinterin


Den Crash am Ende der Laufbahn in eine große weiche Mattenwand, um den Sprint abzubremsen und nicht in die Zuschauer zu laufen, habe sie fast schon lieb gewonnen. Als Gradmesser für die neue Saison könne das Rennen dann aber doch nicht herhalten. Zum einen unterscheide sich die verkürzte Distanz zu stark von der Normalstrecke, und außerdem sei der Zeitpunkt des ISTAF Indoor schlichtweg zu früh im Jahr. Trotz des frühen Zeitpunkts kommen viele Athleten auch dieses Jahr Anfang Februar wieder gerne nach Berlin – oder wie Martin Seeber es erzählt: "Einer der Athleten meinte im Vorjahr zu mir, er komme gern wieder in die größte Diskothek der Welt." Allein bleiben muss also keiner.