Trab: Große Rückschau auf das Mariendorfer Derby-Wochenende

Nachschau 05.09.2021

Das Deutsche Traber-Derby endet mit einer Sensation

Auf der Überholspur: Lorens Flevo (Nr. 1) und Fahrer Micha Brouwer (Foto:©Lingk)

Top-Favorit Usain Lobell verpatzt den Start – und täglich grüßt… Paul Hagoort! – Lorens Flevo nutzt die Gunst der Stunde – Micha Brouwer jüngster Triumphator aller Zeiten – Neuer Bahnrekord durch den von Rudolf Haller gesteuerten Halva von Haithabu

Wie lautet ein Slogan der Filmtheater-Branche so schön: „Im richtigen Kino bist du nie im falschen Film.“ Im richtigen Kino in Berlin-Mariendorf, dennoch im falschen Film, nämlich in einer Wiederholung des Vorjahrs, wähnten sich die Zuschauer in der 126. Auflage des deutschen Traber-Derbys: Das Rennen war keine 100 Meter alt, da explodierte wie 2020 Keytothehill der brandheiße 14:10-Favorit Usain Lobell, nach Einschätzung aller Experten und solcher, die es sein wollen, der unantastbare Primus dieser Generation, im Galopp. „Er lässt sich dann nicht mehr regulieren, und so konnte ich ihn nicht korrekt aus der Gefahrenzone steuern und habe andere Teilnehmer behindert“, entschuldigte sich Robin Bakker für das Malheur seines Schützlings, für den es somit nichts daraus wurde, sich zehn Jahre nach seiner Mutter Lobell Countess mit dem Blauen Band zu schmücken. Der mit einem Radschaden angehaltene Jimmy Ferro BR war das eine, Global Ufo, der nach einer langen Schrecksekunde weitermachte und als Fünfter durchs Ziel sprang, das andere Opfer. Und weil Days of Thunder ohne Fremdverschulden in gestrecktem Galopp begann, Don Trixton und Grand Ready Cash das Startauto nur aus unendlicher Ferne sahen und der rekonvaleszente Teatox gar nicht erst angetreten war, war der Kreis der Anwärter auf den klassischsten Lorbeer, den der deutsche Trabrennsport zu vergeben hat, in Windeseile auf ein Sextett zusammengeschmolzen.

Derby mit Startproblem

Wobei der Start unabhängig von Usain Lobells Galoppeinlage so nie hätte abgehen dürfen, denn korrekt am Startwagen waren nur drei der acht Teilnehmer, die direkt hinter den Flügeln Platz zu nehmen hatten. Für die Einhaltung der Spielordnung, die Disziplin „aufm Platz“ sind in jeder Sportart die Schiedsrichter verantwortlich, sprich in die diesem Fall die Rennleitung, die nicht zum ersten Mal die Zügel gewaltig schleifen ließ. Zum Unmut so mancher Wetter, von denen das Wohl und Wehe des Pferderennsports abhängt. Wie’s gemacht wird, exerzierten, als das Deutsche Derby noch am ersten Augustsonntag entschieden wurde, die Amerikaner mit ihrem Hambletonian für Dreijährige vor, in dem es bei 1.000.000 US-Dollar auch nicht gerade um Peanuts geht. Gestern gab’s 45 Minuten zuvor Anschauungsunterricht beim mit ebenfalls zwölf Startern bestückten Svenskt Trav-Derby, dessen erster Startversuch zurückgepfiffen worden war, weil ein Teilnehmer aus der zweiten Startreihe seinen Platz nur unter Mühen hätte einnehmen können.

Lorens Flevo nutzt seine Chance

Gut nach all dem anfänglichen Kuddelmuddel, wenn man wie Paul Hagoort einen zweiten Kandidaten unter Order hat, dem von Hause aus trotz seines Vorlaufsieges keine Chance eingeräumt worden war und der genau diese eiskalt nutzte. Gerade rechtzeitig hatte der Erfolgscoach aus dem 200-Einwohner-Ort Oldetrijne, nicht mal 10 Kilometer von der Rennbahn Wolvega entfernt, Lorens Flevo in Derby-Schwung gebracht, und der 21jährige Micha Brouwer verpasste ihm cool bis ins Mark einen Rennverlauf, der einem alten, mit allen Wassern gewaschenen Hasen geziemt hätte. Der alte Hase hieß zunächst Jos Verbeeck. Der 64jährige „Hexer von Vincennes“, kurzfristig für den erkrankten Weltmeister Rick Ebbinge eingesprungen, unterstrich, dass er noch lange nicht zum alten Eisen zählt, und brachte den vielgelobten Rob The Bank mühelos in Front. Dahinter parkten Global Ufo und Timothy B, die äußere Führung blieb Lockheed Draviet vor Lorens Flevo vorbehalten. Besser konnte es für Brouwer gar nicht laufen. Aus der letzten Kurve hatte Rob The Bank gegen den zunehmenden Druck Lockheed Draviets nichts mehr auf dem Konto, und bis Mitte des Einlaufs konnten Thomas Panschow vom zweiten, Trainer Arnold Mollema vom dritten deutschen Derby-Sieg träumen. Dann hatte sich Riet Hazelaar um Rob The Bank geschlängelt und wurde innen immer stärker, und ganz außen mischte sich plötzlich Lorens Flevo ein. Auf den letzten Metern erzwang der mächtige Fuchswallach in einem epischen Finish, das die verkorkste Startphase vergessen machte, die Wende. Sein junger Steuermann, der vor einer Woche seinen 100. Sieg gelandet hatte, konnte sein Glück kaum fassen. Riet Hazelaar, die als einzige Stute den Gang gegen das starke Geschlecht gewagt hatte, wurde dann doch nur Dritte vor Timothy B und dem ermatteten Rob The Bank, der die fünfte Prämie nur deswegen erhielt, weil Global Ufo auf der äußersten Umlaufbahn unmittelbar vorm Zielstrich als Fünfter aus dem Takt geriet. Für Paul Hagoort war‘s als Trainer bereits der achte deutsche Derby-Treffer.

Trostpflaster für Rainmaker

Die nach Rückzug von Gustav Simoni und Liverpool Newport verbliebenen neun Dreijährigen bekamen den Start zum mit 20.000 Euro dotierten B-Finale des Derbys sehr viel ansehnlicher hin als ihre „großen“ Derby-Kollegen. Auch diese Prüfung wurde im Foto-Finish entschieden, an dem die hochgehandelten Roberts Son BB und Lucky Steel sowie der nach einem frühen Fehler auf weiten Wegen kurbelnde Ole Bo keine Aktien hatten. Mit letzter Kraft wehrte der von Rudi Haller perfekt im Fahrwasser des äußeren Anführers Roberts Son BB geparkte Rainmaker die Attacke seines Schattenmannes Oblivion ab, so dass die 10.000 Euro für Platz eins an den Stall Wieserhof der Familie Lindinger ging.

Jugend-Preis: Smart Hill As vorne

Im Vorjahr hatte Cindy Truppo, Deutschlands Traber des Jahres 2020, nach dem Durchmarsch durchs Gerhard-Krüger-Memorial auch den Jugend-Preis, Deutschlands ältestes Zuchtrennen überhaupt, an ihre Fahne geheftet. Heuer tat es ihr Smart Hill As gleich, mit dem Paul Hagoort einen überaus hoffnungsvollen Youngster im Stall hat. Lange ließ Robin Bakker die raketengleich nach vorn gedüste Marvellous Street gewähren, die letztlich ihrem eigenen Tempo zum Opfer fiel. 500 Meter vorm Ziel orientierte sich Bakker mit dem von Alwin Schockemöhle gezüchteten Sohn des amerikanischen Weltklasse-Vererbers Muscle Hill nach außen, um zum rechten Zeitpunkt freie Fahrt zu haben. Der Rest war Formsache für den ungemein praktischen Hengst, dessen Chauffeur sich in aller Seelenruhe die vergeblichen Mühen der Konkurrenz anschauen durfte. 1:14,8 war Smart Hill As‘ harsche Ansage, der vermutlich zur Breeders Crown noch einmal in Berlin aufkreuzen wird.

Nimczyk mit Doppelerfolg

Obwohl nach Ausfällen von Deon W und Hidalgo Heldia nur noch ein Quartett übrig blieb in der mit 25.000 Euro dotierten Derby-Revanche, ging es hoch her auf der Zielgeraden. Der im Vorjahr so krass an einer Galoppade gescheiterte Keytothehill wehrte sich in Front nach Leibeskräften gegen Derby-Sieger Wild West Diamant, in dritter Spur kämpfte sich Dream Fashion heran - und Michael Nimczyk hätte sich die Haare gerauft, hätte er keinen Helm aufgehabt, weil für seinen hinter diesem Trio liegenden Venture Capital einfach kein Schlupfloch kommen wollte. 100 Meter vorm Ziel ging die Tür dann doch auf, und mit irrem Speed flitzte der in diesem Jahr bereits in Kopenhagen und  Stockholm für Furore sorgende Fuchs mit gespitzten Ohren um eine halbe Länge an Wild West Diamant vorbei. „Er hat richtig Spaß am Laufen und eine enorme Grundschnelligkeit wie kaum ein Zweiter, die uns heute enorm geholfen hat“, strahlte der Goldhelm. 1:11,6 - so rasant war der gehfreudige Hengst aus dem Hause Mommert nie zuvor unterwegs.

Wie üblich war Deutschlands Goldhelm nach diesem Big-Point keinesfalls satt. Auch wenn’s mit King of the Hill, der mit Unforgettable, Expo Express, Flashback und Juan Les Pins unvergessliche Geschwister hat, am Ende gegen den einen Hauch zu spät auf Hochtouren kommenden Blizzard PS haarig knapp wurde, ließ er sich den zweiten Sieg nicht mehr entreißen

Rekord für Halva von Haithabu

Ein neunjähriger Haudegen, der für seine 60 Auftritte schon durch halb Europa gereist war, schrieb auf der Rekordmeile Bahngeschichte: Halva von Haithabu, den Rudi Haller trotz zweiter Startreihe über die englische Meile nach 300 Metern vorn hatte, löste - ausgerechnet - seinen Star Orlando Jet als Bahnrekordler ab: 1:10,9 lautet die neue Marke, die der wuchtige Wikinger aufs bestens präparierte Mariendorfer Parkett zimmerte und Natorp Bo keine Chance ließ. 6.600 Euro wanderten dafür aufs Konto des seit zweijährig unter Dampf stehenden Hengstes, das mit 156.980 Euro üppig gefüllt ist.

Kombi-Pokal

Der 1. Lauf des unvermeidlichen Kombi-Pokals, ein Trabreiten, ging auf die Kappe von Oui Cherie und Melanie Fleschhut, die auf der Zielgeraden den führenden Hector Eck in Galopp trieben. In Lauf 2 für die Profis blieb die Serie bestehen, dass kein Pferd beide Läufe gewinnen kann. Oui Cherie war nur am Ende auszumachen, wogegen I’ve got mail mit Thomas Panschow flink an die Spitze flitzte, dort nie ernsthaft behelligt wurde und sich den einmal erarbeiteten Vorteil nicht mehr abjagen ließ.

Weitere Rennen des Tages

Einmal durfte die Amateure an Deutschlands bedeutendstem Trabrenntag ran - und das zu Beginn. Trotz zweimaligen Dauerdrucks durch Außenseiterin Hope Diamond ließ sich Tom Karten mit Versace Diamant nicht von der Siegerstraße schubsen und feierte seinen 25. Treffer in überlegenem Stil.

Endlich schien auch für den x-fachen Österreich-Champion Gerhard Mayr die Sonne. Mit der nobel gezüchteten Zelistrophilla schlug er aus der Deckung mit sehenswertem Endspurt entschlossen zu und ließ bei einem Kurs von 154:10 so manche V7+-Wette platzen.

Auch die Franzosentraber konnten sich noch mal austoben. Über die einstige Derby-Distanz von 3.200 Metern hatten trotz zweier Zulagen die beiden Reichsten die meiste Puste. Und weil sich Jaap Fikse mit seinem Erwood d’Ecajeul auf der ersten Runde in dritter Spur ziemlich verzettelte, während Stefan Hiendlmeier seiner Desirée Star ganz lange ein Führpferd angedeihen ließ, hatte die Fuchsstute fast logischerweise die meisten Reserven, gab ihrem Kontrahenten locker das Nachsehen und wiederholte damit ihren 2020er Erfolg. Nichts mehr zu sehen war von Farlington, der 2.500 Meter lang den mäßigen Takt vorgeben hatte.

Seinen rasanten Antritt nutzte Jack vom innersten Startplatz, wurde bei schneidiger Fahrt nie ernsthaft attackiert und entführte mit Rosalie Janssen die vorletzte Siegerschleife ganz leicht vor Kronos Vivienne nach Holland.

Die letzte blieb fast schon traditionell in Berlin. Noch einmal ging’s über 2.500 Meter, und den längsten Atem hatte der nicht wie sonst im Speed gebrachte, sondern von Jorma Oikarinen nach einer halben Runde in Front installierte Willow Bay Evert, der sich vom österreichischen Flüster-Favoriten Catch me if you can, der für die Schlussrunde an seiner Flanke auftauchte, einfach nicht fangen ließ.

Beim Umsatz pro Rennen gab‘s im Vergleich zum Derby-Tag 2020 fast eine Punktlandung. Statt durchschnittlich 43.545 Euro wurden 43.065 Euro durch die Totokassen gezogen. Ein gerüttelt Maß davon entfiel auf die V7+-Wette, die nicht getroffen wurde. Auf die Freunde der immer besser angenommenen Großwette wartet bei der nächsten Ausspielung ein Jackpot von 33.540,72 Euro.

Umsatz bei 13 Rennen: 559.849,04 Euro (incl. 295.471,14 Euro Außenumsatz) , davon 62.547,20 Euro in der V7+-Wette.

Umsatz PMU-Rennen (Rennen 11 bis 13) in Frankreich: 410.548,86 Euro

Unser Terminhinweis: Die nächste Mariendorfer Veranstaltung findet am Sonntag, dem 26. September statt. Veranstaltungsbeginn ist um 13.30 Uhr Im sportlichen Mittelpunkt steht der mit 10.000 Euro Preisgeld dotierte vierte Lauf der Goldserie.


Nachschau 04.09.2021

Stuten-Derby: Parademarsch von Lumumba

Triumph im Stuten-Derby: Lumumba siegt mit Fahrer Michel Rothengatter (Foto:©Marius Schwarz)

Michel Rothengatter feiert seinen wichtigsten Sieg und erwärmt die Herzen des Publikums – Michael Nimczyk mit Sunset boulevard auf dem Ehrenplatz vor Heinz Wewering und Xylene Diamant – Der Goldholm sticht mit Lindstedt Boko, Ito und Lancaster Newport – Gustafson im Monté-Derby überlegen – Virginias Prime im Gottlieb-Jauß-Memorial – Eaton der beste „Newcomer“ 

Es klang im Vorab-Interview, als wolle Michel Rothengatter allen Mäklern den Wind aus den Segeln neben, er bzw. seine Lumumba würde im Fall des Triumphs in der 33. Auflage des nunmehr in der Erinnerung an Marion Jauß gelaufenen Stuten-Derbys ein Sieger von ALL IN LOVEs Verletzungs-Gnaden werden. Für die haushohe Vorausfavoritin hatte Dion Tesselaar bereits am Donnerstag wegen einer Hufprellung absagen müssen. „Natürlich ist es für mich, für alle, ein Vorteil, dass die Readly-Express-Tochter dem Start fernbleiben muss. Andererseits bin ich mit Dion befreundet, und ein solches Szenario wünscht man ohnehin weder Trainer noch Besitzer noch Züchter. Auf dieses Ziel arbeitet schließlich jedes Stallteam monatelang hin. Peter Strooper hat mir geraten, mich nicht um andere zu scheren, wenn ich von meiner Stute überzeugt bin. Ich werde so oder so ‚mein‘ Rennen fahren - und wenn am Ende tatsächlich eine andere Stute besser sein sollte, dann ist es halt so.“

Zweikampf mit ALL IN LOVE fällt aus

Nach einem Sturmlauf sondergleichen, der jenem im Vorlauf ähnelte, ist es ohnehin fraglich, ob selbst eine ALL IN LOVE diese Lumumba hätte bezwingen können, die bereits im Vorlauf die mit Abstand schnellste Zeit aller Anwärterinnen aufs Tapet gepfeffert hatte. 1:13,1 standen für die Stute nach dem mit 43.185 Euro belohnten Hattrick zu Buche, womit sie den Rennrekord Gilda Newports (mit Dion Tesselaar!) aus dem Jahr 2016 lediglich um zwei Zehntelsekunden verpasste. „Was für ein Potential sie hat, habe ich schon früh gemerkt“, berichtete der einstige Lehrling des eingangs zitierten Peter Strooper, der sein Lot wie jener Mann, der dem „großen“ Derby mit Abano As, Lotis Photo und Lobell Countess drei sehr markante Stempel aufgedrückt hat, im 2.500-Seelen-Nest Callantsoog an der nordholländischen Nordseeküste präpariert. „Lumumbas Probleme haben wir zum Glück rechtzeitig in den Griff bekommen. Es gibt bei ihr im Grunde nur eine kitzlige Situation, und das ist der Start. Erwischst du sie auf dem richtigen Fuß, ist alles okay.“

Lumumba vom Start weg auf Siegkurs

Genau dies gelang dem 33jährigen, der in den letzten Jahren mehr und mehr aus dem großen Schatten seines Lehrmeisters getreten ist und auch schon in Schweden und Frankreich, wo Europas Traber-Trauben bekanntlich am höchsten hängen, wohlfeile Visitenkarten abgegeben hat. Wie vor 14 Tagen düste die 14:10-Favoritin los wie von der Tarantel gestochen und führte bald mit 20 Metern Vorsprung vor Luna Scott, die das Rudel der Verfolger gemeinsam mit der über weite Teile außen gehenden Alwine vergeblich näher heranzuführen suchte. Hinter diesem Duo lauerten Sunset boulevard, für die sich Michael Nimczyk nur Außenseiter-Chancen errechnet hatte, und Xylene Diamant, deren Leinen Heinz Wewering für den erkrankten Rick Ebbinge in die Hände genommen hatte. Diese Beiden waren es, die den Rückstand zu der erst auf den finalen 200 Metern etwas druckloser nach außen driftenden Lumumba verkürzen, ihr aber nicht mehr ans Leder konnten, die völlig ungefährdet um 2½ Längen voraus blieb. Der aktuelle wie der „ewige“ Goldhelm holten aus ihren Partnerinnen das Optimum heraus. Die restlichen vier Prämien gingen genau so übersichtlich an Isla, Luna Scott, die erst ihren zweiten Start absolvierende Latina di Baia S sowie Alwine. Für sie und all jene, die bis zum Schluss im Derby eingeschrieben waren, sowie ALL IN LOVE gilt, dass sie sich im nächsten Jahr erneut im (Stuten-)Derby, das ab 2022 für Vierjährige gelaufen wird, versuchen dürfen.

"Schönster Tag in unserem Traber-Leben"

Ob auch Lumumba noch dabei sein wird? Bei der sehr bewegenden und vom Publikum mit großer Rührung aufgenommenen Siegerehrung wollte Rothengatter, ein Hüne mit weichem Herzen, unter Freudentränen nicht darüber nachdenken. Sondern er bedankte sich lieber bei Peter Strooper, „der daheim vorm Fernseher sitzt und mir die Daumen gedrückt hat“, und den Besitzer und Züchtern, die ihm auf dem zuweilen etwas schwierigen Weg die Treue gehalten hatten. Für Familie Schavemaker fasste Riko, der als „Chef vons Janze“ zwei Riesen-Pokale für Besitzer und Züchter zu stemmen hatte, die Gefühlslage so zusammen: „Das ist der schönste Tag in unserem Traber-Leben. Mein Vater hat vor rund 35 Jahren mit den Trabern begonnen. Wir waren bereits zweimal Zweiter im holländischen Derby, aber dieser Sieg toppt alles. Wir züchten nur zwei, drei Pferde pro Jahr und haben uns nicht gescheut, die von Love You abstammende Mutter Demi‘s Mail noch mal mit französischem Blut zu kreuzen mit dem noch jungen Deckhengst Charly du Noyer.“ Der ungewöhnliche Name der Stute entsprang einem Bar-Besuch, „bei dem ich zum ersten Mal einen Lumumba getrunken habe und sehr angetan war.“ Da wird wohl zur Feier des Tages nicht nur einer dieser heißen Kakao-Rum-Cocktails gehoben werden.

Montè-Derby: Gustafson vor Hector Boko

Zum 100. Geburtstag hatte sich Mariendorf 2013 das Monté-Derby spendiert, das mit einer Dotation von 20.000 Euro nicht nur das wertvollste Trabreiten Deutschlands, sondern inzwischen unverzichtbarer Bestandteil des Derby-Meetings ist. Seinem brillanten Ruf, der ihm nach einem 1:11,0-Monté-Erfolg im schwedischen Åby vorausgeeilt war, wurde der 2019er Bild-Pokal-Sieger Gustafson auf jedem der 1.900 Meter vollauf gerecht. Die belgische Monté-Championesse Hanna Huygens flog mit dem Holländer sofort vor dem bei seinen vier Sattel-Versuchen in Schweden bislang unbezwungenen Hector Boko in Front und zog ihm nach zwei eher verhaltenen Abschnitten mit rasanten letzten 500 Metern bombensicher den Kampfzahn.

Gottlieb-Jauß-Memorial: Berliner Sieg

Das quantitativ dünn, qualitativ umso exzellenter besetzte, an den am 12. Juli 1999 tödlich verunglückten 16fachen Berliner Champion erinnernde Gottlieb-Jauß-Memorial wurde zur Freude der Berliner Fans von einer durch und durch Berliner Pflanze gewonnen. Schon die Mutter Virginia Corner lief für Jürgen und Christina Hempel, die Virginias Prime 2015 gezüchtet haben und der in Kornelius Kluth einen Klassemann an den Fahrleinen hatte, der die Vorgaben der Besitzerin punktgenau umsetzte. „Ich sollte nicht auf Gedeih und Verderb um die Spitze mitbieten“, die dann auch an den wie ein Torpedo losschießenden Velten Red Red Red ging, der sie bald an Jacy di Quattro abtrat. „Aber ihn frei laufen lassen und wenn nötig Druck machen sollte ich schon“, gab Kluth anschließend preis, und das tat er dann gründlich. 1.000 Meter vorm Ziel gab Jacy di Quattro dem unerhörten Pressing nach, ließ den Prodigious-Sohn vorbei - und der fand richtig Spaß an dieser Taktik. Frisch von der Leber weg klinkte er sich unter neuer persönlicher Rekordzeit von 1:12,5 neben der Ehre 3.500 Euro Prämie ein - da kam auch Velten Red Red Red nicht gegen an. „Jeder Sieg ist schön, doch dieser sticht heraus. Wir in Neritz haben über die im Vorjahr verstorbene Marion Jauß, der dieses Memorial stets eine Herzensangelegenheit war, ein ganz besonderes Verhältnis zu dieser Prüfung“, war Kluths Schlusswort.

Finale der Newcomer-Serie

„Rache ist ein Gericht, das kalt am besten schmeckt“. Diese Devise galt im mit 20.000 Euro überschriebenen Finale der Newcomer-Serie, das dem freitäglichen Shootingstar-Cup ernsthafte Konkurrenz macht, für Gerd Biendl und Eaton nach dem etwas unglücklich verlorenen Halbfinale vor 14 Tagen. Diesmal klebte der oftmalige bayerische Champion mit dem hitzigen Prodigious-Sohn am Flügel des Startautos, vermochte in der höllisch schnellen Anfangsphase eine Galoppade mit aller Finesse gerade so zu vermeiden, knöpfte Lancaster ausgangs der ersten Biege das Kommando ab und ließ die Truppen mit Halbfinal-Sieger Al Capone an der Spitze aufmarschieren. Sollten sie 300 Meter vorm Ziel Morgenluft gewittert haben, so wurde ihnen die durch Eatons donnernden Schlussakkord gründlich vergällt. Siebenter Sieg aus 15 Versuchen, die Gewinne mit einem Schlag auf 22.310 Euro fast verdoppelt - „Eaton ist ein bisschen schwierig im Rennen zu handhaben, wenn’s nicht nach seinen Vorstellungen läuft, doch ein Pferd mit Zukunft, wenn er richtig ausgewachsen ist“, gab sein Fahrer zum besten. Dann vielleicht nicht mehr mit ihm, denn am Jahresende will er den Trainerberuf an den Nagel hängen.

Ein zweiter Coup wie im Pokal der Publikumslieblinge am 22. August gelang dem eisenharten Massai in der „Neuauflage“ nicht, obwohl Tom Kooymans Wallach diesmal sogar den deutlich besseren Matchplan vorneweg hatte. Spielverderber war der mit einem famosen Frankreich-Sieg angereiste Jason Dragon, mit dem Robin Bakker trotz des enormen Tempos die Todesspur nicht scheute und sich neben den Muscle-Hill-Sohn legte. Auf der Zielgeraden spuckte der Drache trotz des harten Verlaufs eindeutig am heißesten und zog seinen steten Schatten Free Bird zum Ehrenplatz vor Massai, der erneut eine ausgesprochen gute Figur abgab.

Nimczyk mit drei Siegen

Los ging der Nachmittag mit einem überlegenen Erfolg des nach einem der Grandseigneurs des schwedischen Trabrennsports benannten Lindstedt Boko, der seine Generalprobe für den in einer Woche anstehenden Vorlauf zum niederländischen Traber-Derby überlegen gewann. Da musste Michael Nimczyk nur aufpassen, dass er beim 10:10-Erfolg nicht die Leinen verlor.

Weil’s so einfach war, ließ sich der 35jährige nicht lumpen und im Pokal der Flieger auch durch Startreihe zwei nicht aufhalten. Nach 500 Metern übernahm er mit Ito die Führung von Bugatti SS und ließ nichts das kleinste Fitzelchen anbrennen.

Drei waren aller guten Dinge dann nicht für den Goldhelm, denn der gleichfalls als deutlicher 14:10-Favorit angetretene Dunclug versagte ihm bereits im ersten Bogen den Trab-Dienst. Das beste Ende fochten zwei Berliner unter sich aus: Mit den letzten Schritten fing der vor Ort trainierte Bel Massive mit Thomas Heinzig Rolf Hafvenströms Vikens Hedge ab.

Auf den dritten Treffer musste der Goldhelm bis zum 11. Rennen warten, und der kam mit aller Finesse und Schonung des 13:10-Favoriten Lancaster Newport gegen einen Pogba zustande, der seinerseits nur haarscharf am ersten „Tor“ vorbeischrammte.

Kombi-Pokal

Im den Amateuren vorbehaltenen 1. Lauf eines neuerlichen Kombi-Pokals wiederholten Cathrin Nimczyk und Handsome Guy ihren Erfolg vom 22. August, als sie den stets führenden Chimichurri knapp abfingen. In Lauf 2 für die Profis nahm des Guys Trainer Johnny Westenbrink die Leinen in die Hand - und konnte nicht gewinnen. Mit Roman Matzky hielt der sich wiederum von vorn versuchende Chimichurri eisern durch und den aus dem dritten Paar außen angreifenden Handsome Guy um einen „Hals“ knapp in Schach, womit auch der vierte Kombi-Pokal zwei unterschiedliche Sieger fand.

Weitere Rennen des Tages

Die mit bombastischen Formen aus dem ukrainischen Kiew kommende Parasolka fing im Pokal für Stuten, die keine 5.000 Euro gewonnen hatten, trotz enorm weiter Wege - im Schlussbogen verschlug es die Tochter des Italo-Amerikaners Civil Action bis in die fünfte Spur - mit Taras Salivonchyk die 1.300 Meter vor Schluss in Front gezogene Filippa B.J. sogar noch sicher um eine Länge ab.

Auf seinen obligatorischen Sieg musste Jochen Holzschuh, für den dieses Meeting bislang „1a“ läuft, bis zum letzten Rennen warten. Dann endlich schlug die Stunde von Grietje, die im Vergleich der Franzosen-Traber munter vorneweg marschierte und bis ins Ziel unantastbar blieb.

Deutlich überboten wurde das vorjährige Umsatzergebnis vor allem dank des am Freitag entstandenen V7+-Jackpots, der sofort in die heutige Königswette floss. Lag der 2020er Schnitt aus 14 Prüfungen bei 29.042 Euro, so waren es diesmal 32.018 Euro bei 13 Prüfungen.

Umsatz bei 13 Rennen: 416.232,26 Euro (incl. 230.935,45 Euro Außenumsatz), davon 62.087.- Euro in der V7+-Wette

Quelle: Berliner Trabrenn-Verein (BTV)