Oberliga / TeBe: „Würden uns freuen, die Möglichkeit zum Aufstieg zu bekommen“

Vorstand Tobias Schulze im Gespräch

Tennis Borussia hat die (vermeintlich) schwierige Situation in der Winterpause überstanden – nach der Neubesetzung des Vorstands kursierten Gerüchte, dass der Verein sich zum zweiten Halbjahr von einigen Spielern trennen müsste. Bis auf Daoud Iraqi (zurück zum BAK) hat letztlich dann aber kein Spieler mit Stammplatzanspruch den Club verlassen. Mit drei Siegen konnte obendrein die Tabellenführung zurückerobert werden, nun aber bringt das Coronavirus auch den Spielbetrieb der NOFV-Oberliga Nord zum Erliegen.

Vorstandsmitglied Tobias Schulze sprach mit Berlinsport Aktuell über Gerüchteküche, Aufstiegsambitionen – und wie sehr nun die Corona-Krise zur finanziellen Belastung wird.

Berlinsport Aktuell: Herr Schulze, wir sprachen zuletzt im Dezember über einen möglichen personellen Aderlass bei Tennis Borussia in der Winterpause – Sie hatten daraufhin geantwortet, die Mannschaft werde nicht auseinander brechen. Mit Daoud Iraqi hat dann letztlich nur ein Spieler, der Stammplatzambitionen anmelden konnte, den Verein verlassen – fühlen Sie sich im Nachhinein einfach nur bestätigt oder sind Sie vielleicht sogar selbst etwas überrascht?

Tobias Schulze (TeBe): Die Konditionen, die wir unseren Spielern in der Hinrunde geboten haben, waren für Fünftliga-Verhältnisse außerordentlich gut. Das lag auch an Zusatzvereinbarungen der Spieler mit dem alten Vorstand, die wir zunächst nicht kannten, dann aber trotzdem eingehalten haben. Dass wir diese Konditionen nicht über die gesamte Saison halten können, war allen Beteiligten klar. Um vertragstreu bleiben zu können und die Abstriche nicht zu hoch auszufallen zu lassen, sind wir aber auch im Winter noch mal finanziell an unsere Grenzen gegangen. Die Angebote, die wir den betreffenden Spielern gemacht haben, können sich also immer noch absolut sehen lassen. Etwas Vergleichbares ist selbst in der Regionalliga nicht so leicht zu finden. Insofern hielt sich unsere Überraschung in Grenzen.

BspA: Die Termine zu konkreteren Gesprächen mit den Spielern, die Zusatzvereinbarungen mit dem alten Vorstand besaßen, wurden in der Winterpause nochmal verschoben. Haben Sie in dieser Phase gemerkt, wie sich die Gerüchteküche – Tenor: „TeBe fällt im Winter auseinander“ – diesbezüglich wieder erhitzt hat?

Schulze: Ja, natürlich. Der Grund der Verzögerung war einfach, dass wir zwischen den Jahren nicht sofort alle an einen Tisch bekommen haben. Uns war klar, dass daraus Spekulationen entstehen – vielleicht auch von Leuten, die TeBe gerne scheitern sehen würden. Mit der Gerüchteküche muss man im Fußball aber klarkommen und das können wir auch.

BspA: Trotz der Gerüchte ist in dieser Zeit von Vereinsseite unseres Erachtens wenig über den Stand der Dinge nach außen gedrungen – wie schwierig war es, sich nicht dazu verleiten zu lassen, mit „Wasserstandsmeldungen“ vielleicht etwas Druck vom Kessel zu nehmen, aber eben auch möglicherweise falsche Erwartungen zu wecken?

Schulze: Es kamen fast täglich Nachfragen. Die meisten übrigens von TeBe-Mitgliedern und -Anhänger*innen, die am Verein hängen und die einfach wissen wollten, wie es in der Rückrunde weitergeht. Denen erst mal keine Antwort zu geben, war noch am schwersten. Letztendlich sind wir mit der Diskretion aber gut gefahren. Wir würden das wieder so machen.

BspA: Würden Sie widersprechen, wenn wir behaupten, dass Tennis Borussia ohnehin stets ein beliebtes Thema in Berliner Fußballkreisen ist und es deshalb auch in diesem speziellen Fall – vielleicht – gar keiner besonderen Aktivitäten von Sympathisanten des alten Vorstands bedurfte?

Schulze: Es gibt Menschen im Vereinsumfeld, denen es schwer fällt, die Entscheidungen der Gerichte und der Mitgliederversammlung zu akzeptieren. Die Meinungsverschiedenheiten würden wir am liebsten direkt austragen, zum Beispiel auf den Mitgliederabenden, die wir seit Saisonbeginn alle paar Monate veranstaltet haben. Daran haben aber nicht alle Interesse und damit müssen wir leben. Dass auch ohne Querschüsse im Berliner Fußball über TeBe geredet werden würde, ist natürlich richtig. Dass finden wir aber auch nicht schlimm. Tennis Borussia ist eben ein interessanter Verein.

BspA: Mit dem – das kann man wohl sagen – erfolgreichen Bestehen in dieser Verhandlungssituation schien so etwas wie der letzte Störfaktor gebannt, der die Mannschaft aus dem Meisterschaftsrennen hätte werfen können. Würden Sie das – aus der Sicht des Spielauftakts 2020 – auch so beurteilen?

Schulze: Der Rückrundenauftakt war überragend. Was auf dem Platz noch passieren wird, kann man aber nicht sagen – falls in dieser Saison überhaupt noch mal was passiert.


       Tobias Schulze (Tennis Borussia)

Wie Auf- und Abstiege geregelt werden, ist am Ende die Entscheidung der Verbände. Unter den Vereinen gab es in der Frage keine Einigkeit. Wir würden uns nach wie vor freuen, wenn unsere Investitionen in den Kader nicht umsonst waren und wir die Möglichkeit zum Aufstieg bekommen


BspA: Mit drei Siegen aus drei Spielen haben Team und Trainer zum Auftakt 2020 jedenfalls geliefert – nun ist aufgrund der Coronavirus-Epidemie der Spielbetrieb vorerst unterbrochen. Sorgt die neue, unerwartete Situation dafür, dass sie nun schon wieder mit den Spielern reden müssen – z. B. über Maßnahmen wie Betriebsferien oder Kurzarbeit?

Schulze: Wir können nicht unbedingt damit rechnen, dass in dieser Saison noch mal Fußball gespielt wird. Ich würde auch nicht unbedingt damit rechnen, dass es im August regulär wieder los geht. Die Eintrittsgelder werden uns in dem Fall sicher wegbrechen. Sponsoren werden auf absehbare Zeit auch erst mal nach sich selbst schauen müssen. Das trifft uns genauso wie andere Vereine und deshalb könnten wir genauso wie andere Vereine unmöglich ohne Spielbetrieb monatelang die vollen Gehälter zahlen. Wir würden gerne eine Lösung finden, die wir dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern gegenüber verantworten können, die gleichzeitig aber auch den Angestellten des Vereins regelmäßige Einnahmen garantiert. Ein entsprechendes Angebot haben wir den Spielern und Trainern der Oberligamannschaft unterbreitet.

BspA: Wie schwierig ist bzw. wird die Spielbetriebspause für Tennis Borussia in finanzieller Hinsicht?

Schulze: Genau lässt sich das im Moment noch gar nicht beziffern. Aber uns ist klar: Der gesamte Fußball steht vor einem gewaltigen Umbruch. Für keinen Verein wird das einfach. Als Gremien müssen wir jetzt die richtigen Entscheidungen treffen, damit TeBe auch diese Krise überlebt. Wir tragen da im Moment eine Riesenverantwortung für den ganzen Verein und werden sicher keine leichtfertigen Entscheidungen treffen.

BspA: Diese Woche soll es zu einem informellen Treffen der Berliner Oberligisten gekommen sein - demnach haben sich alle Vertreter für den Abbruch der Saison ausgesprochen. Damit, so hieß es, würde TeBe als aktueller Tabellenerster quasi auf den Aufstieg in die Regionalliga verzichten - ist das richtig und welcher Gedanke steckt dahinter?

Schulze: Es gab ein Gespräch, um mal zu hören, wie es bei den anderen aussieht: Wie ist bei denen der Stand, wie gehen die mit den Problemen um, welche Wünsche haben sie an die Verbände? Richtig ist, dass alle gesagt haben: Es ist offensichtlich, dass in den nächsten Wochen keine Fußballspiele stattfinden werden. Also brauchen wir statt einer Hängepartie eine klare Entscheidung, damit wir Planungssicherheit haben und sehen können, wie wir unsere Vereine durch die Krise bringen. Wie Auf- und Abstiege geregelt werden, ist am Ende die Entscheidung der Verbände. Unter den Vereinen gab es in der Frage keine Einigkeit. Wir würden uns nach wie vor freuen, wenn unsere Investitionen in den Kader nicht umsonst waren und wir die Möglichkeit zum Aufstieg bekommen.

BspA: Gibt es im Fall eines Abbruchs der Spielzeit auch die Möglichkeit eines „Worst-Case-Szenarios“, dass die Mannschaft trotzdem nicht in die Regionalliga Nordost aufsteigen kann?

Schulze: Im Moment peilen wir immer noch den Aufstieg an. Sollte es damit nicht klappen, aus welchen Gründen auch immer, müssen wir damit leben. Das wäre natürlich erst mal bitter. Andererseits sehen wir in diesen Wochen alle mal wieder, dass es im Leben auch Wichtigeres gibt als Auf- und Abstiege.

Beitrag+Fotos: BspA/Hagen Nickelé