Trab: Derbywoche – Tag 4 und 5

Tag 4: Michael Nimczyk wie einst Frankie Dettori

Gib' mir fünf: Michael Nimczyk überragt am PMU Matinée-Renntag (Foto: ©Marius Schwarz)

Der Goldhelm gewinnt alle fünf Rennen bei der PMU-Matinee

(mf). Es war zwar „nur“ eine PMU-Matinee mit fünf Rennen, doch sie endete denkwürdig. Goldhelm Michael Nimczyk gelang ein Meisterstück, das an die Ascot-Gala von Jockey-Legende Frankie Dettori am 28. September 1996 erinnerte, als der auf Englands Nobelbahn alle sieben Prüfungen des Tages für sich entschied und den Buchmachern viele Millionen Pfund Verlust bescherte. Nimczyk machte es etwas gnädiger, zumal er im Gegensatz zu Dettori ausnahmslos Favoriten steuerte, aber auch davon wollen fünf erst einmal ins Ziel gebracht werden.

Den Auftakt machte Ear to Earth, so dass nicht nur Michael Nimczyks glänzende Fahrerform dieser Tage, sondern auch die Erfolgsserie von Besitzer Ulrich Mommert ihren Fortgang nahm. Vom Potenzial her hatte Trainer Thomas Holtermann den Dreijährigen als gut genug für einen Derbystart gesehen, ihn als großes Pferd aber vernünftigerweise noch nicht für reif genug befunden. In der „normalen“ Klasse stand Ear to Earth aber deutlich heraus, konnte sich einen einige Meter kostenden Sicherheitsstart erlauben und war nach einem Zwischenspurt vor der Tribüne dennoch schnell und für den Rest des Rennens souverän in Front. Mit dem von Hannu Voutilainen trainierten Jahrgangsgefährten Glaedar ließ sich der deutsche Champion ein Rennen später noch mehr Zeit und brachte ihn erst nach einer Runde mit einem Vorstoß in dritter Spur an die Seite des führenden Molto Bene H, den er im Einlauf mit nochmaliger Tempoverschärfung stehen ließ.

Rasantes Duell

Den spannendsten Endkampf erlebten die zu früher Stunde erfreulich zahlreich erschienen Besucher im dritten Rennen. Beim zweiten Start nach der Pause zeigte sich Flash di Quattro erheblich gesteigert, wurde von Thosten Tietz sofort an die Spitze geschickt und nahm dort das Tempo erst einmal deutlich aus der Partie. So konnte Michael Nimczyk mit dem am Toto noch etwas kürzer stehenden Melchior Mo zwar nach halber Strecke aus anfänglich sechster Position mühelos zum Piloten aufrücken, doch verfügte der nach der Bummelpartie naturgemäß über erhebliche Reserven. Der absolute Siegeswille beider Pferde und Fahrer führte zu einem faszinierenden Endkampf, den Melchior Mo nach einer selbst für die schnelle Mariendorfer Bahn ungewöhnlichen letzten Zwischenzeit von 1.09,8 minimal für sich entscheiden konnte.

Nimczyk zu überlegen – Geld zurück

Geschah das Spektakel im dritten Rennen auf dem Geläuf, nahm es nach dem vierten bei der Ermittlung der Quoten seinen Lauf. Über die PMU-Schiene waren sensationelle 345.197 Euro – in den übrigen Rennen die gewohnten 20.000 bis 40.000 Euro allein in der Platzwette angelegt worden. Natürlich fast ausnahmslos auf Prince of Persia, bei dem insbesondere Großwetter die in Frankreich „garantierten“ 11:10, sprich eine nahezu risikolose Rendite von 10 % mitnehmen wollten. Das war den PMU-Verantwortlichen dann aber doch zu viel des Guten. Sie setzten, bevor ein zu großes Verlustgeschäft drohte, die außerordentlich selten angewendete Ausnahmeregelung in Kraft, wonach in solchen Situationen, wenn 11:10 weit verfehlt würden, die gesamte Platzwette annulliert werden kann und alle Einsätze – auch die, die verloren hätten – an die Wetter zurückerstattet werden. Dies alles interessierte Prince of Persia überhaupt nicht, der an der Spitze Start-Ziel seine Kreise zog und mit dem Richterspruch „Weile“ als 10:10-Favorit vor allem die erfreute, die sich Anteilscheine für die Prämienausspielung sicherten.

Kleiner Mann ganz groß

Den Schlusspunkt seiner Fünfergala setzte Michael Nimczyk mit dem von Henk Grift trainierten Großverdiener Unword im Bänderstart-Rennen der französischen Pferde. Eigentlich hatte Grift selbst mit dem wesentlich startschnelleren Vamos Jet früh die Spitze nehmen wollen, um dann das Rennen ruhig zu machen, damit der mit Doppelzulage gehandicapte „kleine Mann“ Unword es beim Aufrücken leichter hätte. Den ersten Teil des Vorhabens setzte Henk Grift auch souverän um, doch dann packte ihn die Lust auf einen eigenen Fahrererfolg. Ohne auf Unword zu warten, ließ er Vamos Jet auf unzählige Längen vom Feld wegziehen. Eigentlich zu weit, als dass noch etwas passieren konnte. Wenn nicht Michael Nimczyk hinter einem richtig guten Pferd gesessen hätte, das in großer Manier von ganz hinten nachsetzte und den nur scheinbar überlegen vorneweg gehenden Trainingsgefährten tatsächlich noch zu fassen bekam. Als Grift das Unheil kommen sah, nahm er nur noch die Hände herunter und signalisierte seinem Catchdriver so etwas wie „Bravo, große Kino, das Du heute veranstaltest“. Und das war es wirklich an diesem kurzweiligen Vormittag, den die Anwesenden so schnell nicht vergessen werden.

Gesamtumsatz: 68.763,97 Euro

 

Tag 5: Vom Regen nicht in die Traufe

Bright Light Br (4) mit Michael Nimczyk gewinnt den Shootingstar-Cup 2017 (Foto: ©Marius Schwarz)

Nimczyk-Armada hält Kurs

(cb). Die Fortführung der Derbywoche nach der Mittagsveranstaltung am Mittwoch, die ganz im Zeichen des Goldhelms gestanden hatte, denn Michael Nimczyk hatte sich kurzerhand alle fünf ausgetragenen Rennen einverleibt, sah am Donnerstag gleich zum Auftakt wieder den Champion in der Favoritenrolle. Doch am fünften Tag der Derbywoche wurde Michael Nimczyk im ersten Rennen gestoppt, und anschließend musste er ohnehin zusehen, da die Amateure in der Internationalen Derby-Meisterschaft ihren Auftritt hatten. Aber auch diese mussten dann vor der ersten Abteilung des zweiten Vorlaufes einen Stopp hinnehmen, denn der Himmel hatte seine Schleusen derart geöffnet, dass man kaum noch die Hand vor Augen geschweige denn ein Pferd erkennen konnte. Mit einer erheblichen Verzögerung konnte es dann weitergehen.

Mayr stoppt Nimczyk

Gerhard Mayr „verdarb“ Michael Nimczyk zum Auftakt des Donnerstags die Show, denn mit Zampano As hatte er zwar den schlechteren Rennverlauf, aber dann das Glück des Tüchtigen, als der aus seinem Rücken angreifende General Attack von den Beinen zu kommen drohte, so dass Michael Nimczyk nicht zur vollen Generalattacke blasen konnte, sondern seinen Schützling ins Ziel trug. Der sympathische Österreicher feierte seinen ersten Sieg anlässlich der Derbywoche.

Im Halbfinale B zum Handicap-Pokal „de luxe“ aber war der Goldhelm mit Barbarella von nichts und niemandem zu stoppen. Ein Fehlstart und weitere Verzögerungen durch einen ungebärdigen Nico W konnten die 12:10-Kocherin nicht überhitzen, die sich sofort nach dem Anpfiff das Kommando sicherte und längst in Sicherheit war, als hinter ihr im letzten Bogen nach einer Kollision A‘lvo Torkdahl fahrerlos wurde.

Das Halbfinale A sicherte sich in identischer Manier Thorsten Tietz mit Fast Shadow, der vorn niemals in Gefahr kam. Ein bestens gelaunter Siegfahrer launig im Winner-Circle danach: „Er möchte nicht langsam laufen, deshalb ist er vor dem Start so aufgeregt, aber wir ärgern uns immer über Pferde, die im Rennen langsam laufen, also ist das so doch viel besser!“

Amateure im Regen

Out Of The Slums (4) mit Thomas Maassen gewinnt die Int. Derby-Meisterschaft der Amateure (Foto: ©Marius Schwarz)

Bevor der große Regen einsetzte, flutschte Bjarke Haagensen mit O‘Sunday Start-Ziel ins Finale der Internationalen Derby-Meisterschaft. Der sich am Start etwas versäumende Nileo kam ebenso mit gutem Schlussakkord wie Global Player in die nächste Runde, die Key Largo denkbar knapp verpasste.

Nach der Regenpause, die doch eine Stunde währte, war Sarah Kube mit Mighty Hanover zur Stelle. Wuchtig eingesetzt kam der Wallach im ersten Bogen in Front und war dann nicht mehr zu verdrängen. Weitere Finaltickets wanderten nach Österreich: Rapido OK nach hartem Verlauf und der speedige Special holten sich diese ab, während die Siegfahrerin Pferd und Geläuf lobte: „Das Geläuf ist nach den Regenfällen in sehr gutem Zustand, fest genug. Da konnte sich Mighty Hanover – auch mit ein wenig Aufwand – das Kommando sichern. Auch wenn er dann gleich wieder aufhören wollte, lief es insgesamt ja doch sehr gut für uns.“

Mit dem allerletzten Schritt sicherte sich Jaap Terstal mit Frank W den ersten Vorlauf. Out of the Slums schien nach umsichtiger Fahrt von Thomas Maaßen bereits zu Hause zu sein, als der vor allem im letzten Bogen weite Wege gehende Frank W die Sache dann doch noch umbog.

Im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr im Regen stand Thomas Maaßen im Finale. Mit Out of the Slums gab er auf abgetrockneter Piste vom Fleck weg Vollgas: „Das hatte ich mit Michael so abgesprochen: Ich sollte von Start volle Suppe fahren“, sprudelte es aus dem Finalsieger hervor, der vom größten Triumph seiner Laufbahn sprach: „Ich hatte meinen Kindern versprochen, heute ein Rennen zu gewinnen, damit sie aus einem Pokal morgen die Milch trinken können. Da musste ich nach den beiden Ehrenplätzen in den Vorläufen ja das Finale holen.“ Frank W und Uldimeo schlugen hinter dem Sieger an. Mangels Startern fiel das Finale B dann aus, was angesichts der regenbedingten Verspätung zu verkraften war.

Zweimal Langeweg, aber dann….

Den ersten Vorlauf zum Shootingstar-Cup holte sich wie erwartet Hugo Langeweg mit Ula Mil. Die beiden waren Start-Ziel nicht anzutasten. Die eigens für diese Aufgabe vorbereitete Stute verbesserte ihren Rekord und ließ Gräfin Greenwood, Flavio As und Get Lucky keine Chancen, die innen geschont ebenso das Finale erreichten wie der außen herum für Bewegung sorgende Easy Going BR.

Auch der zweite Vorlauf ging an den Mann aus Holland. Favorit Dragona verabschiedete sich bereits hinter dem Startwagen, und das Kommando ging an Kashmir, der auf Zielhöhe dann aber von Bright Light BR abgelöst wurde. Hugo Langeweg hatte sich das alles mit Galaxy W in Seelenruhe angeschaut und warf seine Stute erst am 1.000-Meter-Pfosten in die Entscheidung. Galaxy W wurde immer stärker und knockte schließlich in 1:13,7 auch die Pilotin aus. So hatte Hugo Langeweg für das Finale die Qual der Wahl.

Im Vorjahr hatte Michael Nimczyk mit Out of the Slums den Shootingstar-Cup gewinnen können. Während dieser sich nun in Amateurhand das eine Highlight des Tages sicherte, verleibte sich jener erneut das andere ein. Der weiter in absoluter Glanzform fahrende Champion düpierte die Konkurrenz mit Bright Light BR im Endlauf und überrollte aus dritter Position außen auf der Zielgeraden alle. Ob Hugo Langeweg die Angreiferin zu spät gesehen hatte oder einfach nicht kontern konnte, sei dahingestellt, die 11:10-Favoritin Ula Mil war geschlagen. So wurde der Renntag doch noch erneut zu einer „Nimczyk-Party“, denn beide Hauptrennen gingen in das Trainingsquartier im Willich.

Großer Bahnhof

Übervoll wurde es im Winner-Circle nach dem Treffer von Symphony Diamant. Das aktuelle Pferd der TraberParti enttäuschte die 300 Besitzer nicht und gewann mit Christoph Fischer gegen Medici Isabella und Irma. Die größte Schwierigkeit war, die anwesende Besitzerschar auf das Siegerfoto zu beordern, denn im Rennen lief alles ideal und problemlos für die überlegene Stute, weshalb der Zielrichter den Richterspruch „sicher“ exklusiv gehabt haben dürfte.

Flott ging es im Derby-Pokal der Flieger zu. Victor Gentz verbesserte Immosand um eine volle Sekunde auf 1:12,3 und rettete sich gegen den heranfliegenden Vrai Lord ins Ziel. Gentz fiel ein Stein vom Herzen: „Die Derbywoche ist bislang ja nicht unbedingt nach Wunsch verlaufen, da freut es mich, dass es jetzt geklappt hat.“ Und noch ist die Derbywoche ja nicht beendet, was alle Aktiven zum Anlaß nehmen können, sich einem weiteren Durchmarsch der Nimczyk-Armada entgegen zu stemmen.

Gesamtumsatz: 270.245,29 Euro – Bahnumsatz: 124.483,80 Euro – Außenumsatz: 145.761,49 Euro

Quelle: Berliner Trabrenn-Verein (BTV)