Derbywoche beginnt mit Favoritenfestival
2. Tag: Die Form steht bei den Stuten
(mf). Nach der PMU-Vorspeise am Freitag begann die Derbywoche für viele erst am Samstag mit den Vorläufen zum Stutenderby so richtig. Wie schon am Tag zuvor dominierten die Favoriten in selten gekannter Manier. Vier der fünf Vorlaufsiegerinnen zahlten knappe Quoten zwischen 13 und 15:10, allein die in ähnlichem Bereich gehandelte Miss Godiva patzte, doch sprangen die beiden anderen gewetteten Stuten nach ihrem Ausscheiden in die Bresche. Fahrer des Tages war ohne Wenn und Aber Goldhelm Michael Nimczyk, der drei der fünf Eliminations an sich brachte. Doch auch für Dennis Spangenberg, in den Vorläufen nicht vertreten, lief es mit einer Triplette alles andere als schlecht.
Von der Spitze aus ins Stutenderby
Das knappste Ergebnis, gefolgt von einer hitzigen Diskussion gab es im ersten Vorlauf. Michael Nimczyk hatte mit Tijuana Diamant das Heft vom Start weg in der Hand gehalten und sich mit Erreichen der Zielgeraden auf Längen von den chancenlosen Verfolgern gelöst, da geschah es: Wie schon beim Start zuvor beäugte seine Stute das Zielschild aus der Entfernung mit größter Skepsis, bremste komplett ab und wich auch noch etwas nach außen. Handsome Starlake rauschte mit ganz anderer Endgeschwindigkeit heran und hätte sogar noch gewonnen, doch Hugo Langeweg musste den Spurwechsel der Favoritin mitgehen, um nicht aufzuprallen. Das Manöver kostete die entscheidenden Zentimeter, aber nach Überprüfung durch die Rennleitung bleib es beim ursprünglichen Resultat. „Das war nicht leicht für die Rennleitung“, räumte Michael Nimczyk bei der Siegerehrung ein, was im Klartext bedeutete, dass sich auch über die Disqualifikation der Favoritin niemand hätte beschweren können. Weniger aufregend kamen die beiden weiteren Vorlaufsiege für den deutschen Champion zustande, die er gleichfalls für Besitzer Ulrich Mommert herausfuhr. Honesty Newport, die sich später bei der Auslosung für das Finale als die Wahl Nimczyks entpuppte, profitierte davon, dass die am Toto höher eingeschätzte Miss Godiva nach dem Start Galopp ging, und kontrollierte mit einmal übernommener Führung auch die Schlussattacke von Himoko Greenwood, mit der Hugo Langeweg diesmal reell geschlagen war. Das Mommert/Nimczyk-Trio komplettierte Charlotte Newport, vom Besitzer als sein Lieblingspferd bezeichnet, ebenfalls Start-Ziel, die hinter ihr zu spät freikommende Hera F Boko konnte das Blatt nicht mehr wenden. Von der Spitze aus wurden auch die beiden übrigen Vorläufe gewonnen, wobei Heinz Wewering zunächst mit Motion Pure nicht anzutasten war, und das Gestüt Lasbek nach dem nicht einkalkulierten Ausfall von Miss Godiva somit zumindest mit einer Stute im Finale am nächsten Samstag vertreten ist. Conrad Lugauer, mit Madonna ST hinter Motion Pure ohne Chancen auf den Sieg, durfte trotzdem in den Winner-Circle einkehren, nachdem er mit Alegra B die in 1.13,8 schnellste Vorlaufsiegerin und nicht nur deshalb den vielleicht heißesten Tipp auf den Derby-Titel nach Hause gebracht hatte. Mit der im Speed überraschend starken Hazel Newport ist die bekannte Zuchtstätte von Peter ter Borgh im Stutenderby dreifach vertreten.
Erster Start – erster Sieg
Noch nie in Mariendorf am Start war Yentl Heirbrandt, doch nach dem Sieg im Monté-Derby kennt jeder die junge belgische Reiterin. Mit dem elfjährigen und über eine halbe Million „schweren“ Franzosen Safari Dream, den ihr Vater ihr im Februar zum Geburtstag geschenkt hatte („Ich besitze jetzt das beste Pferd der Welt“) ließ sie sich an zweiter Stelle den Weg zeigen, um in der Zielgeraden mit tollem Speed den nicht nur finanziell wertvollen Titel der Mariendorfer „Monté-Queen“ an sich zu bringen.
Auch für den sechsjährigen Wallach Surpris war es der erste Auftritt auf der Derby-Bahn. Ehemals im Norden beheimatet, war er vor einigen Wochen nach Bayern verkauft worden und ebnete seinem Fahrer Andreas Geineder vielleicht den Weg zum bislang größten Erfolg. Mit dem überlegen (und überlegt) herausgefahrenen Treffer hat der jetzt alle Chancen, sich nach dem letzten Lauf am kommenden Samstag „Deutscher Nachwuchsmeister“ nennen zu dürfen.
Besser und besser
„Das Beste kommt zum Schluss“, heißt es oft. Die Beste kam diesmal aber schon in der Mitte des 14 Rennen-Programms, als Gerhard Biendl Celestial Light TK einmal mehr in Top-Verfassung vorstellte. Obwohl es ihm von der Konkurrenz nicht leicht gemacht wurde, fuhr der vielfache bayerische Champion auf dem Weg an die Spitze einfach weiter, wohl wissend, was sein Pferd kann. Am Ende stand im Derby-Pokal der Publikumslieblinge ein überlegener Sieg in der Tagesbestzeit von 1.13,3 zu Buche und ein für seine Verhältnisse ein sehr gesprächiger Gerhard Biendl im Winner-Circle. Auf die Frage von Moderator Christoph Pellander, ob Celestial Light TK aktuell die beste deutsche Stute sei, antwortete er knapp „Das glaube ich jetzt auch“, um gleichzeitig zu versprechen, dass man die Sechsjährige auch im kommenden Jahr wird bewundern dürfen. „Gesunde und vorsichtig aufgebaute Pferde werden im Alter immer besser.“ Einen weiteren Start in der Derbywoche will Biendl seinem Juwel allerdings nicht zumuten – dazu ist sie ein zu schlechtes Reisepferd.
84. Start - erster Sieg
Dass in der wichtigsten Woche des deutschen Trabrennsports auch „kleine Helden“ geboren werden können, erlebten die Besucher gleich zu Beginn des Renntags, als Oneandonly Diamant als Siegerin geehrte werden konnte. Dass dieser erste Treffer der von Dennis Spangenberg gleich an die Spitze gesteuerten Stute etwas glücklich zustande kam, weil der kurz vor dem Ziel das Geläuf verlierende Lillebror disqualifizierte wurde, spielte dabei überhaupt keine Rolle – den ersten Treffer beim 84. Lebensstart gönnte ihr jeder. Spangenberg siegte auch noch mit der vom Ende des Feldes eine sensationelle Speedleistung zeigende Lady Vera, die der Konkurrenz im Derby-Cup der Vierjährigen keine Chance ließ und jetzt zu den heißen Favoriten für das Bruno Cassirer-Rennen am Freitag zählt, sowie dem schwierigen Fast Shadow. Nach dem Doppelerfolg vom ersten Tag führt der Berufsfahrer am Stall von Thorsten Tietz die Tabelle der siegreichsten Fahrer während der Derbywoche zunächst an und hat sich bundesweit auf den alleinigen zweiten Platz vorgeschoben
Die drei übrigen Prüfungen gingen nach Holland, nachdem der dortige Champion Rick Ebbinge mit den Favoritinnen Gina Schermer und Velten Vivienne nicht anzutasten war und zuvor schon Erwin Bot Miss Mara zu einem der klarsten Siege des Nachmittags gesteuert hatte.
Gesamtumsatz: 321.543,01 Euro – Bahnumsatz: 129.632,10 Außenumsatz: 191.910,91 Euro.
3. Tag: Der Mann mit dem goldenen Helm und den goldenen Händen
Die Sonne lachte vom Himmel, und insofern war an diesem dritten Tag der diesjährigen Derby-Woche in jeder Hinsicht alles perfekt angerichtet für einen Renntag der Superlative. Die Derbyfinalisten 2017 wurden gesucht, doch neben den vier Vorläufen gab es weitere hochinteressante Prüfungen, die so nur „Beiwerk“ waren, obwohl sie sonst die Highlights jedes anderen Renntages gewesen wären, so etwa das J.J. Darboven Charlie Mills-Memorial. Im Mittelpunkt des Renntages aber stand ganz eindeutig die Suche nach dem Favoriten eines offenen Derbys, welches nach den Vorläufen jedoch weiterhin recht offen erscheint.
Michael Nimczyk trägt bekanntlich den goldenen Helm zum Zeichen seines Championats, und dass dies nicht von ungefähr kommt, bewies der Goldhelmträger aus Willich am letzten Julisonntag in Berlin durch seine „goldenen Hände“. Er gewann drei Rennen, darunter neben einem Derbyvorlauf auch das Rennen der besten Klasse. Überdies schaffte es Nimczyk, insgesamt drei Pferde ins Derbyfinale zu bringen: Neben TomNJerry Diamant Mc Arthur und Mister Ed Heldia - alle seine Derbystarter. Ob es allerdings auch „sein“ Derby am kommenden Sonntag wird, weiß zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand - die Vorfreude auf das Rennen der Rennen bleibt nach den Vorentscheidungen so oder so erhalten.
Der Weg ins Finale
Die erste Vorentscheidung zum diesjährigen Derby sah gleich den 19:10-Totofavoriten in der Luft. Björn Goop konnte Classic Connection nicht heil ins Rennen bringen, und auch Aurelio CG verabschiedete sich umgehend im Galopp. Dies nutzte Michael Nimczyk mit Mister Ed Heldia, um sich von ganz außen früh das Kommando zu sichern. Der bis dato ungeschlagene Hengst schien nun alles für sich zu haben, doch das Team des Derby-Vorjahressiegers war damit nicht einverstanden. Robbin Bakker beorderte 1.000 Meter vor dem Pfosten Tsunami Diamant in die Außenspur und orientierte sich nach vorn. „Ich hatte schon im letzten Bogen das Gefühl, das Finale sicher zu haben, und dann sah ich, dass Michael Nimczyk schon die Watte gezogen hatte und hielt auch den Sieg für möglich“, tat Bakker bei einer emotionalen Siegerehrung mit den Besitzern Johann Holzapfel und Andreas Schwarz kund und freute sich über den Sieg in 1:13,4. Der innen geschonte Flying Fortuna in der Hand von Christoffer Eriksson erreichte unweit zurück als Dritter das Finale.
Auch im zweiten Vorlauf erwischte es in der Startphase einen der Gemeinten. Heinz Wewering hatte zwar extra vor dem Rennen noch Gummiboots aufziehen lassen, doch auch mit dieser „Hilfe“ war Maxi Cup nicht auf den Beinen zu halten und musste disqualifiziert werden. Roland Hülskath schickte den bis dato sieglosen Portland offensiv in die Partie und hatte ausgangs des ersten Bogens das Kommando übernommen. Danach kam der bildhübsche Fuchs aus dem Stall von Marion Jauß nicht mehr in Gefahr und gewann in 1:13,3. Siegfahrer Roland Hülskath strotzte vor Optimismus: „Wer mich schlägt, gewinnt das Derby!“ Der wichtigste Tag sei zwar erst in einer Woche, doch er habe das beste Pferd: „Ich kann auch von Start noch schneller“, machte er der Konkurrenz zusätzlich Angst. Mc Arthur kam mit gutem Schlussakkord ins Finale, welches Kentucky Bo etwas unglücklich verpasste, denn der Haller-Schützling verlor kurz vor der Linie das Geläuf und ging Pass. So kam glücklich, aber nicht unverdient Ganyboy, der im Schlussbogen keine freie Fahrt hatte, zum begehrten Finalticket.
Eine Überraschung erlebten die Besucher am Renntag der Hotellerie dann im dritten Vorlauf. Rick Ebbinge eroberte mit dem 193:10-Außenseiter Velten Las Vegas das Kommando und beschloss, es einfach nicht mehr abzugeben: „Wir hatten einen guten Start, und dann hatte ich schon im ersten Bogen ein gutes Gefühl“, führte der holländische Champion bei der Siegerehrung aus. Ebbinge selbst war maßgeblich beteiligt an diesem Sieg, denn er dosierte die Fahrt richtig, hatte hinter sich Pelle Barosso in der Falle und konnte den nicht voll überzeugenden Mac Smily immer sich außen vom Leib halten. Der Lasbeker verpasste sogar die Finalqualifikation, da sich Rudi Haller mit Power of Rhythm vorbeifinishte. Wie die Chancen in einer Woche stehen? „Wir waren heute Außenseiter und werden es kommenden Sonntag sein, doch damit konnten wir bislang gut leben“, fasste Ebbinge nach dem Treffer in 1:14,3 zusammen.
Die vierte Vorentscheidung ging dann an den deutschen Champion, der mit TomNJerry Diamant das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite hatte. Von ganz außen fand Michael Nimczyk an die Innenkante hinter den führenden Tiger Hill Diamant, der im letzten Bogen aber überraschenderweise früh Notsignale sandte. TomNJerry Diamant fand nach außen und dann wieder nach innen, und genau dort schnappte er sich in 1:14,1 in diesem Katz-und Mausspiel den schon wie der Sieger gehenden Harbour Eightysix und schlug auch vor dem weit nach außen driftenden Baxter Hill an, der als Dritter das Finalticket löste. Nach dem mit 161:10 am Toto belohnten Treffer dankte Nimczyk seinem Team und war am Ende seines erfolgreichen Tages recht bewegt: „Das ist schwer in Worte zu fassen.“
Während der Champion sich selbst für den Vorlaufsieger entscheid, wurde Mister Ed Heldia Björn Goop anvertraut und Mc Arthur in die Hände von Michael Larsen im Finale gegeben. Nach den Vorläufen erscheint vieles möglich, wenngleich nun sicher Portland die Favoritenrolle übernehmen muss - nicht nur, weil der Fuchs der schnellste aller Vorlaufsieger war.
Cash erneut bärenstark
Einen großartigen Doppelerfolg feierte Besitzer Ulrich Mommert im J.J.Darboven Charlie Mills-Memorial. Der kürzlich schon imponierende Cash Hanover hatte zwar erneut keinen Traumverlauf, doch auch außen herum war der Fünfjährige mit Michael Nimczyk nicht aufzuhalten. Stan Libuda wurde im letzten Bogen mühelos umdribbelt, danach war der Triumph in 1:11,9 bereits in trockenen Tüchern, als Stallgefährte Montecore Mo mit feinem Speed nachsetzte. Karin Walter-Mommert war es nicht ganz, aber doch fast: „Ich bin sprachlos“, sprach sie letztlich sichtlich überwältigt ins Mikrofon von Moderator Christoph Pellander: „Das ist ein Riesengeschenk für uns!“
Sieger unter der Berliner Sonne
Überlegene Sieger gab es in den Amateurfahren des Tages. Marie Lindinger war mit Tyrolean Dream zum Auftakt nicht von der Spitze zu verdrängen, was Hans-Jürgen von Holdt mit John Bull einsehen musste. Ohne die Kollegin aus Bayern reichte es dann in einem Vorlauf zum Derby-Pokal der Amateure. Hans-Jürgen von Holdt sicherte sich mit Wildcat Hanseatic über den langen Weg das Kommando, teilte sich dort alles nach Wunsch ein und fuhr am Ende ab. Sönke Gedaschko setzte sich mit seinem Domecq Baldwin durch, womit auch für den Hamburger der Himmel voller Geigen hing, hatte doch schon zuvor Michael Nimczyk mit Barbarella für seine Farben gewinnen können: „Zwei Starter an einem Tag und zwei Siege, da kann die Heimfahrt gar nicht lang genug sein, um im Glücksgefühl zu schwelgen!“
Beflügelt agierte wohl auch Roland Hülskath, der mit Fleur Starlake und in ungewohnter Offensive den Derby-Pokal der Stuten gewann und seinen zweiten Punkt markierte.
Demnächst erneut dabei
Eine gelungene Generalprobe für die Derbyrevanche am kommenden Wochenende gelang Dreambreaker in der Hand von Thorsten Tietz. Nach einem gelungenen Bänderstart kontrollierten die beiden das Geschehen von der Spitze aus und schalteten nach einem ruhigen ersten Kilometer gleich mehrere Gänge höher. Obwohl die Konkurrenz bereits auf verlorenem Posten kämpfte, ließ Thorsten Tietz den Wallach bis zum Pfosten flattern und auf der letzten Halben unter 1:10 traben. „Ich musste ein echtes Rennen haben, wenn wir nächste Woche mitmischen wollen, zumal er in Front immer ein bisschen faul ist“, gab der Silberhelm zu Protokoll und nannte die Breeders Crown als weiteres Ziel für Dreambreaker.
Strahlende Gesichter gab es auch nach dem Derby-Pokal der Oldies im Winner-Circle. „Berlins Finne“ Jorma Oikarinen freute sich nach dem Treffer mit Willow Bay Evert auf seine Art: „Zwei Finnen, die sich gut verstehen, mein Pferd und ich - das gibt es auch nicht so oft.“ Dafür, dass der Sieg im Speed nicht so beeindruckend ausfiel wie erwartet, hatte Okarinen eine plausible Erklärung: „Ich musste 1.000 Meter mit einem platten Reifen fahren, den mir ein Konkurrent getreten hatte.“
Ferdinand Hirsch sicherte sich nach mutigem Vortrag einen Vorlauf zum Handicap-Pokal de luxe mit 222:10-Außenseiter Jeronimo Express, profitierte dabei aber auch von der Tatsache, dass der kaum zu regulierende Bando d’Havane den führenden El Raul kräftig massiert hatte. Den Schlusspunkt setzte Dennis Spangenberg mit der debütierenden Ready Cash-Tochter Easter Smart, die mit einem Tempolauf die chancenlose Konkurrenz düpierte.
Quelle: Berliner Trabrenn-Verein (BTV)