Fußball: Zum Auftakt der Berlin-Liga 2018/19

Chance für die Unaufsteigbaren

Der zweimalige Vizemeister Eintracht Mahlsdorf geht als Favorit in die neue Saison der Berlin-Liga - doch das Titelrennen scheint offener als in den letzten Jahren

Geschlossene Gemeinschaft: Eintracht Mahlsdorf will weiter als starkes Ensemble auftreten

Wenn eine Mannschaft in einer 18er-Liga 78 bzw. 80 Punkte einfährt, am Ende aber jeweils nur Zweiter wird, dann gehört das wohl in die Kategorie: „Dumm gelaufen“. So erging es dem BSV Eintracht Mahlsdorf in den letzten beiden Spielzeiten der Berlin-Liga. Die Lilanen mussten dabei erst dem SC Staaken (86 Punkte) und dann der SP. VG. Blau-Weiß 90 (91) den Vortritt lassen, wurden ihrerseits jeweils mit deutlichem Vorsprung Berliner Vizemeister. Nicht, dass man in Mahlsdorf selbst die Aufstiegsambitionen offensiv formuliert hätte - aber die Bilanz der Eintracht spricht für sich: in den vergangenen zehn Spielzeiten war man nur einmal nicht unter den „Top 6“ der höchsten Spielklasse der Hauptstadt. Oft brachte sich der BSV durch Leistungseinbrüche während der Spielzeiten um ein besseres Resultat. Ursache waren häufig Personalprobleme durch Verletzungen, manchmal stand man sich wohl auch einfach selbst im Weg. So erarbeitete sich die Eintracht quasi nach und nach das Prädikat „unaufsteigbar“.

Doch vor dem Saisonstart am 10. August sucht man eine „Übermannschaft“ wie in den Jahren zuvor bislang noch vergebens. Somit fällt Eintracht Mahlsdorf automatisch die Favoritenrolle in der Berlin-Liga 2018/19 zu - und nimmt diese auch an. Der Sportliche Leiter, Ex-Zweitligaprofi Torsten Boer, sieht sein Team gerade aufgrund der Entwicklung in den letzten zwei Jahren auf dem richtigen Weg. Leistungen auf konstant hohem Niveau und die schrittweise Verbesserung des Kaders führen dazu, dass das Aufstiegsrennen in der anstehenden Saison wohl nur über Mahlsdorf führen wird. Christian Gehrke, der Boer vor der letzten Saison auf dem Trainerstuhl beerbte, hat dazu schon in der Oberliga gearbeitet. Als der Mannschaft 2017/18 Platz 1 außer Sicht geriet, vermochte der 38-Jährige dennoch, seine Spieler weiterhin zu motivieren und die Saison nicht herzuschenken. Ein Zeichen dafür, dass Trainer und Team auf gleicher Wellenlänge funken und der Charakter für den großen Wurf im Kader vorhanden ist.

Qualitätssteigerung: Christopher-Lennon Skade (l.) und Denis Mrkaljevic sind neu in Mahlsdorf

Dazu wurde das Aufgebot punktuell verstärkt: Fabian Fritsche (26) und Denis Mrkaljevic (26) etwa sind gemeinsam mit der VSG Altglienicke von der Berlin- in die Regionalliga durchmarschiert und versprechen für das Mittelfeld noch mehr Qualität. Christopher-Lennon Skade (22) kommt aus der Oberliga von Tennis Borussia und bietet eine weitere Option für die Offensive. Die ist mit Ringo Kretzschmar (28, 2016-18 insgesamt 26-mal getroffen) und Tilo Scheffler (23, 36 Tore) ohnehin stark besetzt. Dazu hat sich Christoph Zorn (31) nach einer von Verletzungen durchzogenen Saison wieder zurückgemeldet. Berlins Amateurfußballer 2017 hat immerhin die Empfehlung, in vier Jahren 120 Treffer für die Eintracht markiert zu haben, bevor er 2017/18 überhaupt nur zu sechs Einsätzen kam.

Kann Sparta auch eine komplette Saison auf hohem Niveau spielen?

Sparta-Coach Dragan Kostic

Sucht man nach möglichen Konkurrenten für Eintracht Mahlsdorf in der kommenden Spielzeit, ergibt sich eher ein verschwommenes Bild. Von den Klubs, die 2017/18 auf Platz 3 und weiter abwärts einliefen, durchlaufen viele einen personellen Umbruch. Beim SV Sparta, dem letztjährigen Tabellenvierten, hält der sich allerdings noch in Grenzen: zwar verlor man mit Philip Malinowski (28 Spiele, 10 Tore) einen wichtigen Mann, bekam aber in Serkan Tokgöz einen 20-jährigen Ersatz, der bereits zwei Saisons in der Regionalliga gespielt hat. Dazu kommt Ömer Toktumur (28), der sich nach weit über 100 Partien für Ligakonkurrent SD Croatia nun den Lichtenbergern angeschlossen hat. Was im Team von Trainer Dragan Kostic steckt, bewies es in der abgelaufenen Rückrunde: da brachte es der Neuling allein auf 43 Punkte. Die Frage, ob sich die Mannschaft auch die Zuverlässigkeit und Routine für eine komplette Saison erarbeiten kann, wird für den SV Sparta also im Kampf an der Tabellenspitze entscheidend werden.

Noch ein "Unaufsteigbarer": der SV Tasmania

Tas-Trainer Tim Jauer

Seit Jahren gehört in der Berlin-Liga auch der SV Tasmania stets zu den Mitfavoriten. Den Neuköllnern fehlte jedoch ebenso regelmäßig in den Schlüsselmomenten Fortune und Durchsetzungsvermögen. Vergangene Saison war das Meisterrennen allerdings zeitig gelaufen - im Gegensatz zu Eintracht Mahlsdorf aber verfiel die Mannschaft des jungen Trainers Tim Jauer (31) danach in einen Negativtrend, der nur noch ein Pünktchen aus den letzten acht Spielen mit sich brachte. Am Ende stand ein für das vorhandene Potenzial indiskutabler 8. Platz. Zur neuen Saison muss Jauer nun auch noch zahlreiche Neuzugänge integrieren - fünf davon aber immerhin mit Oberligaerfahrung. Nach einem von den Namen her schwierigen Auftaktprogramm dürften die Neuköllner nach vier Spieltagen Ende August schon einen Eindruck davon haben, wie gut das neue Team funktioniert.

Unruhe und Umbrüche bei den Topteams 2017/18 - Bringt Volbert Türkspor in die Spur?

Erster Gegner Tasmanias etwa ist der Berliner SC, der mit Platz 3 und dem Erreichen des Berliner Pokalfinals eine herausragende Saison absolviert hat. In der Vorbereitung offenbarten sich im Grunewald aber Querelen: Erfolgstrainer Wolfgang Sandhowe (64) musste gehen. Dazu gab der BSC einige Spieler ab - darunter seinen besten Torschützen 2017/18, Ricky Djan-Okai (23 Treffer), und den starken Torwart Mateusz Mika. Einen personellen Aderlass erlebten in der Sommerpause auch der SFC Stern 1900 (2017/18 Fünfter) und SD Croatia (7.), die letztes Jahr in der Hinrunde dem Primus Blau-Weiß 90 noch das Leben schwer gemacht hatten. Für eine ernsthafte Rolle im Titelrennen dürften beide Klubs dadurch kommende Spielzeit nicht in Frage kommen.

Türkspor-Trainer Daniel Volbert

Dagegen hat Berlin Türkspor seinen Kader entschlackt und mit drei Spielern von Oberligist Hertha 06 verstärkt. Sollte Trainer Daniel Volbert das traditionell unruhige Umfeld und den zur Launenhaftigkeit neigenden Kader in den Griff bekommen, ist auch Türkspor Einiges zuzutrauen. Schließlich ist Volbert schon zweimal der Aufstieg in die Oberliga gelungen - mit Lichtenberg 47 (2012) und Tennis Borussia (2015).

Neulinge kämpfen um's Drinbleiben

Bei drei von vier Neulingen - dem SC Charlottenburg, Berolina Stralau und dem Kreuzberger Kult-Club Türkiyemspor - dürfte es dagegen lediglich um den Klassenerhalt gehen. Für den Frohnauer SC wiederum ist bei seiner Rückkehr in die Berlin-Liga nach sechs Jahren durchaus ein sicherer Mittelfeldplatz drin.

Beitrag+Fotos: Berlinsport Aktuell/Hagen Nickelé