eastside stürmt ins CL-Finale

Tischtennis: ttc-Damen gewinnen 3:0 im Halbfinale der Königsklasse gegen Froschberg

Bericht + Fotos: Jo Lissner

Das Marzahner Freizeitforum - vom Alexanderplatz braucht man eine gute halbe Stunde hierher mit der Straßenbahn. Direkt gegenüber steht ein Hochhaus, in, oder besser an dessen oberstem Geschoss sich der sogenannte "Skywalk" befindet, mit dem man nicht nur über den Bezirk, sondern praktisch die ganze Stadt sehen kann. Der Skywalk ragt aus dem Haus heraus und ist nachts bunt beleuchtet. Und der (geführte) Besuch kostet noch nicht einmal etwas. "Dit is' Knorke" ist heute aber nicht als Tourist unterwegs, sondern wie gewohnt als Sportberichterstatter.

Gute Ausgangsposition gegen starke Östereicherinnen

Denn heute am Freitag, dem 7. April, haben die Damen des ttc berlin eastside die Chance, erneut ins Finale der Tischtennis Champions League einzuziehen. Austragungsort ist die Frauensporthalle des Freizeitforums. Und die Zuschauer nehmen das Event an: Die Halle ist sehr gut gefüllt. Fast jeder hier ist selbst absolute(r) Fachmann bzw. Fachfrau.

Anders als bei manch leichten Aufgaben der Bundesligapartien der vergangenen Wochen geht es heute gegen ein schweres Kaliber. Auch die Damen von Linz AG Froschberg haben die Champions League bereits mehrfach gewonnen (2009 und 2013), standen drei weitere Male im Finale. In der letzten Saison scheiterten sie im Halbfinale an... eastside.

Und auch diesmal haben die Berlinerinnen die bessere Ausgangsposition im Rückspiel, denn in Lißfeld in Österreich konnten sie bereits mit 3:2 gewinnen. Und dennoch kann man sich genausogut gegen Liu Jia (35, Austro-Chinesin, Spitzname "Susi"), Zhang Mo (28, Kanado-Chinesin) und Sofia Polcanova (22, österr. Meisterin) auch ein 0:3 einfangen. Daher sind Shan Xiaona ("Nana"), Petrissa "Peti" Solja und Georgina "Gina" Póta hochkonzentriert.

Shan Xiaona holt die Führung für eastside

Im ersten Match des Abends geht es gleich maßstabsetzend dramatisch zu.
Shan Xiaona scheint Zhang Mo klar zu dominieren, gewinnt Satz 1 mit 11:6. Danach kommt sie allerdings mit ihrer Gegnerin und ihren eigenen Fehlern zwei Sätze lang nicht klar (10:12, 4:11). Nun mit dem Rücken zur Wand, zeigt Shan aber ihre wahre Klasse. Hinsichtlich Nervenstärke hat sie der labil wirkenden Zhang manches voraus.

Sie ringt die Froschbergerin in Satz 4 mit 12:10 nieder, der entscheidende 5. Satz geht dann mit 11:8 ebenfalls an sie. Das 1:0 für eastside ist ein großer Schritt vorwärts in Richtung Finale. Zhang wird von Polcanova zurecht getröstet, denn es fehlte nur ganz wenig an einer Froschberger Führung.

Auch Petrissa Solja dreht ihr Match - 2:0

Die Berliner Linkshänderin Petrissa Solja bekommt im zweiten Match mit der Froschberger Linkshänderin Liu Jia eine extrem erfahrene Kontrahentin serviert, die leichtfüßig an praktisch jeden Ball kommt und aus jeder Lage präzise schießen kann. Satz 1 verläuft rasant und endet zwar durch einen Glücksball, aber dennoch verdient, mit 13:11 für Liu. Im Folgesatz hadert die Berlinerin etwas mit sich, denn sie sieht wenig Land. 11:6 für Liu.

Es riecht nach dem Matchausgleich. Nun reißt bei der Europameisterin von 2005 allerdings der Faden, vielleicht lässt auch die Kondition nach. Gleichzeitig steigert sich Solja erheblich, platziert ihre Angriffe häufig unerreichbar. Der Lohn: drei Satzgewinne in Serie (11:7, 11:7, 11:8). Noch eine Nervenschlacht gewonnen und 2:0 in Front.

Beide Teams haben in der 15-minütigen Pause genug Zeit, die Lage einzuschätzen und den Matchplan zu überdenken. Mancher eastside-Anhänger ergeht sich in Rechenexempeln, ob denn jetzt wohl schon genug Sätze gewonnen seien, um notfalls 2:3 verlieren zu können und dennoch ins Finale einzuziehen. (Antwort übrigens: nein). Die Wahrheit liegt ohnehin auf dem Tisch.

Póta kämpft sich zum entscheidenden Sieg

In Match 3 muss der arme Plastikball (Tischtennisbälle sind nicht mehr aus Zelluloid) viel leiden. Georgina Póta und Sofia Polcanova scheinen mit ihm persönlich ein Problem zu haben. Oder sie mögen es einfach beide, offensiv zu spielen und verprügeln ihn deswegen so.
Die Zuschauer haben jedenfalls auch an dieser Begegnung großen Spaß.

Zumal Póta auch manch unterkühlten Block im Repertoire hat, ganz passend zu ihrem oft regungslosen Gesichtsausdruck. Die Linkshänderin Polcanova ist mit 1,80 m für eine Tischtennisspielerin groß und dennoch sehr beweglich, sie spielt Hochgeschwindigkeitstischtennis. Póta kommt viel über Erfahrung, Intuition, Reflexe und ihre stoische Ruhe. Schnelles und hartes Spiel ist aber durchaus auch ihre Forté.

Satz 1 geht mit 11:3 an die Ungarin in Berliner Diensten. Doch so schnell gibt sich Polcanova nicht geschlagen, schießt unerreichbare Bälle en masse in Satz 2 und 3, die beide an sie gehen (11:9 und 11:5). Auf Seiten der Froschberger schöpft man neue Hoffnung. Eastside-Trainerin Irina Palina hat früher in Budapest gespielt und dort, wie sie erstaunten Fragern antwortet, "logischerweise" Ungarisch gelernt.

In den Anweisungen zwischen den Sätzen muss sie Póta die richtigen Dinge gesagt und Hinweise gegeben haben. Póta übernimmt jetzt völlig das Kommando: Sie gewinnt die Sätze 4 und 5 mit 11:7 und 11:6 - und damit das Halbfinale mit 3:0 für den ttc berlin eastside. Jubel bei den Zuschauern, schon wieder hängende Köpfe bei den sympathischen Österreicherinnen. Wieder im Halbfinale am Dauerrivalen Berlin gescheitert. Den Ausschlag gab jedenfalls in diesem Match die Nervenstärke der eastside-Damen.

Noch zwei Auswärtsspiele an diesem Wochenende

Im Vorfeld hatte sich Froschberg künstlich klein gemacht, ob des vermeintlich viel höheren Etats der Berliner. Im Vergleich zu anderen Sportarten sind die Etats, speziell im Frauentischtennis, eher sehr gering. Schon am Samstag um 18 Uhr treten die eastside-Spielerinnen in der Bundesliga bei TUSEM Essen an - zum letzten Mal, denn aus Budgetgründen zieht Essen nach der Saison zurück.

Am Sonntag dann (ab 14 Uhr live bei sportdeutschland.tv) soll der Deutsche Meistertitel beim in Grünwettersbach (Männererstligist) ausgetragenen "Heimspiel" gegen den TV Busenbach vorzeitig gesichert werden. Drei Spiele in drei Tagen. Gut, dass danach Zeit zum Regenerieren ist, denn der Saisonabschluss, möglichst schon als feststehender Meister, ist erst am Sonntag, dem 30.4., gegen Kolbermoor in der Paul-Heyse-Straße.

Champions League: Neuauflage des Endspiels von 2016

Im Champions-League-Finale schließlich trifft eastside wie im Vorjahr auf die Polinnen von KTS Siarka ZOT Tarnobrzeg, die Szekszárd AC aus Ungarn zweimal deutlich besiegen konnten. Das Hinspiel in Polen ist für den 5. Mai angesetzt, das Rückspiel in Berlin findet am 12. Mai statt.

eastside-Präsident Alexander Teichmann stand Berlinsport-aktuell nach dem Spiel für ein Gespräch zur Verfügung.

 

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