W04 Spandau: Eine Zwischenbilanz

Und durch

Die Wasserfreunde Spandau büßen ihre unangefochtene Position im deutschen Wasserball in dieser Saison ein. Damit verbunden ist auch ein weiterer Niedergang der Nationalmannschaft.*

Beitrag + Fotos: Eike Ahlhausen

Die aktuelle Saison mutet für die Wasserfreunde aus Spandau an wie ein Achterbahnfahrt. „Das Selbstvertrauen, das der Saison voraus ging, konnten die Jungs im Becken bislang nicht umsetzen“, sagt Peter Röhle, Sportlicher Leiter von Spandau 04. Die unerwarteten Aufs und Abs schlagen den Beteiligten dabei ganz schön auf den Magen, zumal Röhle zugibt: „Woran es liegt, weiß ich momentan auch nicht“. Als Röhle diese Worte sprach, war die tiefste Stelle der rasanten Fahrt noch gar nicht erreicht. Denn Röhle rätselte bereits Ende Januar nach dem Champions-League-Spiel gegen die griechische Mannschaft von Olympiakos Piräus, das mit 6:11 in eigener Halle verloren ging.

Halbfinal-Aus im DW-Pokal

Der nächste Tiefpunkt der wechselhaften Saison wartete eine Woche später im Halbfinale des Deutschen Wasserball-Pokals auf die Berliner. Gegner: Waspo 98  Hannover - die Partie ging nicht gut aus für Spandau 04. Eine ganze Halbzeit lang konnte der Serienmeister aus dem Berliner Westen kein Tor erzielen - äußerst ungewöhnlich für die erfolgsverwöhnte Truppe. Am Ende stand ein 4:9 auf der Ergebnistafel. Doch es war nicht die erste empfindliche Niederlage, die die Hannoveraner den Berlinern in der laufenden Saison zufügten. Bereits im November gingen die Wasserfreunde in der eigenen Halle mit 11:13 baden. Und das in einer Saison, in der national eigentlich alles unter Kontrolle bleiben sollte.

Remi Saudadier (Nr.2) von Spandau 04 setzt Alexander Bayer von den White Sharks Hannover unter Druck Foto: ©Eike Ahlhausen

Denn das Augenmerk wollten die Wasserfreunde auf die Champions-League legen. Nach Jahren der nationalen Dominanz fühlten die Spandauer sich an der Reihe, wieder eine Rolle im internationalen Spielbetrieb zu spielen. Die letzten großen Erfolge in Europa datieren immerhin aus den 80er Jahren, da konnten die Berliner den Wettbewerb, der damals noch Europapokal der Landesmeister hieß, viermal gewinnen.

Final Six der Champions League verpasst

Hoffnung gab den Berlinern die abgelaufene Spielzeit in der Champions-League. Siege konnten zwar nicht eingefahren werden, doch viele Partien verliefen äußerst knapp, einige konnte auch gegen europäische Spitzenteams unentschieden gestaltet werden. Den allgemeinen Aufwärtstrend bestätigte im Sommer 2016 ein Vorbereitungsturnier in Monaco.


Nächste Termine der Wasserfreunde Spandau in Berlin:

26. April, 19.30 Uhr, gegen Olympic Nizza (Champions League)

06. Mai, 16 Uhr, Gegner noch zu ermitteln (DWL Playoff-Viertelf., 2. Spiel)

Austragungsort ist die Schwimmhalle Schöneberg


Es endete zwar wieder ohne Sieg, aber mit respektablen Leistungen und dem von Peter Röhle erwähnten Selbstvertrauen für den Heimweg nach Berlin. Doch in gute Ergebnisse umgesetzt werden konnte das bislang nicht, bereits seit der besagten Niederlagen gegen Piräus im Januar ist Spandau weit entfernt vom begehrten „Final Six“, der sechs besten europäischen Wasserballteams.

Konkurrent bringt sich in Position

Und jetzt auch noch die Sache mit der Waspo aus Hannover. Denn die Niedersachsen reifen momentan zu einer echten Konkurrenz für die Hauptstädter und das wohl nicht nur kurzfristig. Es wurde kräftig aufgerüstet in Hannover und es wird perspektivisch gearbeitet.

Vereinspräsident Bernd Seidensticker konnte jüngst einen echten Coup vermelden: Das „Final Six“ der Champions League wird 2019 und 2021 in Hannover ausgetragen. Weitere Besondererheit: Der DSV-Vertreter ist in beiden Veranstaltungsjahren nicht nur für die Gruppenphase gesetzt, sondern als Gastgeber auch automatisch auf der Endrunde vertreten.


Nächste Wasserball-Termine in Berlin

08. April, 17.30 Uhr: SC Wedding - White Sharks Hannover (Playoff-Qualifikation, 1. Spiel), Kombibad Seestraße

22. April, 18 Uhr: SG Neukölln - Duisburger SV 98 (Playoff-Qualifikation, 2. Spiel), Schwimmhalle Schöneberg


Waspo 98 wird zudem bereits ab der kommenden Saison mit einer Wild Card jeweils automatisch in der Gruppenphase vertreten sein und hat damit vier komplette Spielzeiten lang sportliche und organisatorische Planungssicherheit. Ein Schelm, der bei so viel Glück Böses denkt. Die Macher der Wasserfreunde aus Spandau müssen wohl noch einmal ganz genau hinschauen, wie ihnen die nationale Konkurrenz derart voraus sein konnte.

Schüchtern geben sich die Landeshauptstädter von der Leine dabei nicht. „Erst die Qualifikation dieses Jahr für die Champions Leaque, dann der Pokalsieg und jetzt diese Zukunftsperspektive. Andere träumen von Turnieren im Sommer mit Eventcharakter, wir bieten echten Sport“, freut sich Trainer und Macher Karsten Seehafer diebisch über die jüngste Entwicklung.

Wasserfreunde contra Hannover - auch im Nationalteam

Und die Hannoveraner erweitern ihre Kampflinie neuerdings auf das Territorium der Nationalmannschaft. Dafür sollte man wissen: Nationalmannschaft und Wasserfreunde Spandau, das galt bislang als Synonym. Die Wasserfreunde stellten zu fast allen Zeiten die Mehrzahl der Sportler und häufig auch den Trainer.

Aktuell leitet Hagen Stamm, die deutsche Wasserballegende aus den 80er Jahren, die Eliteauswahl. Ehrenamtlich und als Verlegenheitslösung, denn Stamm ist eigentlich Präsident der Wasserfreunde und könnte sich in seiner Freizeit auch andere Dinge vorstellen, nur - außer ihm möchte den Job zur Zeit keiner machen. Vor allem nicht ohne Bezahlung.

Doch die Kritik wächst und der Druck kommt von allen Seiten. In vorderster Front die Wassersportler aus Hannover. Mitte März war Deutschland im Weltliga-Match gegen Olympiasieger Serbien chancenlos und verlor mit 3:20 deutlich. Seidensticker empfand das als Blamage und zog vom Leder: „Mit einer Kindermannschaft zum Olympiasieger nach Serbien. Wenn wir am Abgrund stehen, müssen wir alles in die Wege leiten um nicht abzustürzen, die Besten müssen spielen. Die Probleme von heute sind das Ergebnis der Stamm-Ära. Eine Neuauflage bringt uns nicht weiter.“ So etwas nennt man dann wohl Frontalattacke.

Vormacht zumindest in der Liga gewahrt - zunächst

Momentan dürften sich die Spandauer also unsanft unter Wasser gedrückt fühlen. Da heißt es: Augen, Nase zu und durch. Immerhin wird in der Bundesliga wieder souverän gewonnen, wie beim 22:7 gegen die White Sharks aus Hannover letzte Woche. Sogar der Ausrutscher gegen den frechen Emporkömmling von der Waspo konnte im Rückspiel Ende Februar bereits ausgebügelt werden.

Ein 11:9 in Hannover stellte die nationalen Kräfteverhältnisse zunächst einmal wieder her. Seitdem sprechen die Spandauer in voller Überzeugung wieder von Tabellenführung. Zurecht, denn bei Punktgleichstand zählen die erzielten Tore - und da liegt Spandau mit 9 Toren vor Hannover.

*Dieser Beitrag wurde bereits im März veröffentlicht. Inzwischen haben die Wasserfreunde  dank der besseren Tordifferenz die Tabellenführung in der Bundesliga bis zum Abschluss der Hauptrunde verteidigen können. Die 10:14-Niederlage in der Gruppenphase der Champions League am Mittwoch gegen AN Brescia hatte für die Berliner nur noch statistischen Wert.

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