Trab: Vorschau auf das Finale der Derby-Woche

Samstag, 4. August 2018

6. Tag des Derby-Meetings

Die Nebel lichten sich bei den dreijährigen Ladys

Donna Granata und Fahrer Rudolf Haller (Foto: Lingk)

(mw). Wie ließe sich Albert Einsteins Relativitätstheorie mit „Küchenphysik“ besser erklären als mit dem Derby-Meeting? Das Warten zieht sich endlos hin, und dann ist das zehn Tage lange Treffen der zwei- und vierbeinigen Sulky-Künstler im Sauseschritt vorbei, kaum dass es begonnen hat. Untrügliches Zeichen dafür ist der Derby-Samstag, bei dem um 13.00 Uhr zum ersten von 14 heißen Tänzen gebeten wird.

Auf die Siegerin des Stuten-Derbys müssen die Fans allerdings lange warten. Sie wird erst im vorletzten Rennen um 18.20 Uhr gekürt, wobei die in den Niederlanden vorbereiteten Meisjes im Mittelpunkt stehen werden. Bis zu den Vorläufen galt Avalon Mists aus dem Stall von Erfolgstrainer Paul Hagoort als Jahrgangskönigin, die sich heuer mit zwei feinen Platzierungen in französischen Langstrecken-Aufgaben den Grobschliff geholt hat. Fein ziseliert wurde dann im Buddenbrock-Rennen der Stuten, wo sie ihre exponierte Stellung mit einem überlegenen Sieg untermauerte, und auch im Vorlauf vor Wochenfrist hatte die amerikanisch-italienische Blutlinien führende Braune keinerlei Probleme.

Doch Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste - besonders vor den beiden Stuten Dion Tesselaars. Isabella Boshoeve galt mit Siegen in Auktionsrennen und Jugend-Preis im Vorjahr als Primadonna der Generation 2015; auch sie hat sich den Schneid fürs Blaue Band der Stuten im Ausland geholt. Sie erledigte die Pflicht vor der mit 91.877 Euro dotierten Final-Kür in einem derart schlanken Gang, dass aus ihrem Qualifier keine der sonstigen Qualifikantinnen berufen scheint, den Grandes Dames in die Suppe zu spucken. Quasi über Nacht hat Tesselaar eine zweite Lady aus dem Ärmel geschüttelt. Cahaya bekam zum Debüt gleich das Buddenbrock-Rennen aufs Auge gedrückt, in dem sie auf Anhieb Zweite wurde, und steigerte sich beim zweiten Start, dem Vorlauf, auf 1:13,4 - die schnellste Zeit aller Aspirantinnen. Zeiten sind zwar Schall und Rauch, doch Art und Weise imponierten gewaltig. Tesselaar hatte die Qual der Wahl, nimmt sich die Unerfahrenere vor und vertraut die elegante Isabella Europas Rekordmann Heinz Wewering an. Und wer wüsste besser als der ewige Goldhelm, wie man dieses Arthur-Knauer-Rennen angeht. Schließlich hat er sich bereits neunmal in der 29 Namen umfassenden Siegerliste verewigt und tritt wegen des vorjährigen Triumphs mit Motion Pure quasi als Titelverteidiger an. Schon einmal - 1994 - hat er für Besitzer Wiebe Landman mit Liberty Boshoeve das Blaue Band der Stuten geholt, während man den Namen Paul Hagoorts bislang vergeblich auf der Ehrentafel sucht. Oder zündet Rudi Haller mit Donna Granata die nächste Stufe? Immerhin hat die Corleone-Tochter des Stalles Wieserhof die für den Vorlauf gesetzte Laura Vici verblüffend locker weggeputzt; die ist damit aber längt nicht vom Tisch für eine vordere Platzierung.

Ein echtes Schmankerl dürfte auch das dem 1999 tödlich verunglückten 16fachen Berliner Fahrerchampion Gottlieb Jauß gewidmete Memorial werden, denn im Feld der Neun sind mit Opalis, Gonzales Greenwood, Azimut, Rayman und Amiral de Retz fünf frische Sieger versammelt; soviel Qualität auf einen Plutz sah man beim heurigen Meeting im Rahmenprogramm selten. Das Gute daran: Die Rechtskurs-Spezialisten Tequila F. und Cassari wittern durchaus ihre Chance, und auch der schmucke Prince of Persia weiß sicherlich noch aus dem Vorjahr, wie man sich zu einem kleinen König des Meetings macht. Das 7. Rennen um 15.48 Uhr hat’s folglich gewaltig in sich.

Elf echte Publikumsmagneten kreuzen im 5. Rennen (14.48 Uhr) die Klingen. Der einstige Berliner Derby-Teilnehmer Nico Way, Little Danny, der schwierige Gustavson Be, Thorsten Tietz’ im Vorjahr wegen Krankheit verhinderter Derby-Kandidat New Dawn, der 2018 Vieles nachgeholt hat, Rebound, Skyfall, Willow Bay Evert - sie alle und noch viel mehr haben über die Jahre dank toller Einsätze in Hülle und Fülle beim Publikum dicke Steine im Brett.

Die beiden letzten Programmpunkte sind den Jungspunden reserviert. Gegen 19.00 Uhr kann vor der offenen, 105 Jahre alten Endellschen Tribüne aus dem Gründungsjahr der Mariendorfer Trabrennbahn in die Zukunft investiert werden: 81 nobel gezüchtete Jährlinge sollen unter den Hammer kommen, und dafür, dass exzellente Qualität auch etwas fürs nicht so üppig gefüllte Portemonnaie sein kann, ist Orlando Jet ein leuchtendes Beispiel. Für 7.500 Euro war Deutschlands aktuell bestes älteres Trabrennpferd vor vier Jahren zu haben - bei einer Gewinnsumme von derzeit 229.599 Euro ein echtes Schnäppchen.

Als nicht zu übersehendes Appetithappen präsentiert der Berliner Trabrenn-Verein als letzte Prüfung um 18.50 Uhr im Auktionsrennen um 10.000 Euro sechs Youngster, die im Vorjahr auf der Auktionsliste gestanden haben. Von 13.000 - Spectacular, der im friesischen Wolvega in der schnellsten Zeit von 1:18,3 die Startberechtigung erworben hat und wohl Favoritenehren genießen wird - bis 90.000 Euro, die für Cherry Lady S auf den Tisch des Auktionshauses geblättert wurden, war an jenem 5. August 2017 für fast jeden Geldbeutel etwas dabei.

Unsere Tipps: 
1. Hellboy – Odin’s Oak – Camus
2. Navy Blue – Helene des Moeres – Mystical Sunshine
3. Big Boss As – Mad World – Titus
4. Sansibar Diamant – Freedom Fighter – Napster
5. New Dawn – Skyfall – Willow Bay Evert – Gustavson Be
6. Iglesias Boshoeve – Eboli de Vandel – Lewandowski
7. Azimut – Prince of Persia – Cassari
8. Gucci Fortuna – Graf Bismarck – Grazia Greenwood
9. Finale “ Kampf der Geschlechter “
10. Calamintha – Lady Star Bo – Smilla
11. Finale “ Handicap-Pokal de luxe “
12. Free Bird – Namanga Hill – Come on Scully
13. Avalon Mists – Donna Granata – Isabella Boshoeve – Cahaya
14. Spectacular – Cherry Lady S – Venividivici S

Sonntag, 5. August 2018

7. Tag des Derby-Meetings

Manege frei fürs Blaue Band!

Leuchtet wie im Vorjahr Oranje im Winner Circle?

Mister F Daag (Nr. 4) und Fahrer Robin Bakker gehören zu den Topfavoriten auf den Sieg im Deutschen Traber-Derby der Hengste und Wallache 2018 (Foto: Lingk)

Man kann den Spruch von Englands Alt-Internationalem Gary Lineker, dass Fußball ein Spiel mit 22 Akteuren sei, bei dem am Ende immer die Deutschen gewinnen, durchaus auf das zum 123. Mal ausgetragene deutsche Traber-Derby münzen: Zwölf Aspiranten nehmen im Finale (12. Rennen) um 18.00 Uhr die ausgelobten Rennpreise von 215.633 Euro in Angriff, und am Ende gewinnt sowieso der Bakker. Mit „dem Bakker“ ist Robin gemeint, der seit Jahr und Tag die exquisite Trainingsarbeit, die Paul Hagoort im kleinen friesischen Oldetrijne wenige Kilometer entfernt von Hollands trabrennsportlichem Schmuckkästchen Wolvega leistet, mit schnöder Selbstverständlichkeit im Rennen umsetzt. Viermal in den letzten fünf Jahren stellte dieses Dream-Team den Derby-Sieger - für Hagoort hat Roland Hülskath mit 2009 den ersten Lorbeerkranz eingefahren -, und für viele Experten geht jener des Jahres 2018 nur über dieses kongeniale Duo, womit es auf Augenhöhe mit Altmeister Charlie Mills angelangt wäre.

Lässt man die Vorläufe Revue passieren, so präsentierten sich deren vier Sieger bärenstark mit Vorstellungen, die glasklar über jenen der Mitstreiter lagen. Zwei „Winner“ kamen aus Hagoorts Quartier, beide wurden von Bakker verwandelt, der anschließend die Qual der Wahl hatte. Er entschied sich gegen den erst in den letzten Wochen auf den rasant dahinbrausenden Derby-Zug aufgesprungenen Ids Boko, der mit dem ersten Schritt ein gnadenloses Regiment führte und in der Mariendorfer Saisonrekordzeit von 1:12,1 - für alle Altersklassen wohlgemerkt - die fast schon verzweifelte Schlussattacke seines steten Schattens Laurel Park locker an sich abtropfen ließ. Das war eine überdeutliche Ansage, wobei man im Hinterkopf das geflügelte Wort der „Zeiten, die Schall und Rauch sind“, haben sollte.

Mit Hollands Champion Rick Ebbinge wurde ein erstklassiger Catchdriver verpflichtet, der gegen Trainingskumpel Mister F Daag keineswegs chancenlos ist - wenn der sich am Start so wackelig präsentiert wie beim Qualifier. Da hatte Bakker alle Mühe, ihn vor einem Fehler zu bewahren, und geriet dadurch etwas ins Hintertreffen. Als er endlich „lag“, gab’s nichts zu deuteln an dem seit Monaten als Vorab-Favorit Gehandelten, der sich die Härte heuer ausschließlich über die Frankreich-Route geholt hat. Nicht minder imponierend stellte Cees Kamminga Very Impressive S vor, an dessen 1:12,6-Performance es nur zu kritteln gab, dass er am Start nicht der Schnellste ist. Dafür ist der kleine Schwarze mit einem enormen Kämpferherzen gesegnet.

Deutsche Hoffnungen, in die Phalanx der „Oranjes“ einzubrechen und nach Dream Magic BE (2012) mal wieder einen hierzulande vorbereiteten Sieger im Winner Circle zu begrüßen, lasten auf Michael Nimczyks Schultern. Chapter One aus dem Besitz der Herren Brocker und Mommert überzeugte im bei 1:13,6 langsamsten Vorlauf - aber was besagt das schon - mit rasantem Antritt und schneidigem Durchzug bis zur Ziellinie. Eine ähnliche Vorstellung sollte reichen, um sich einen großen Happen des Preisgeldkuchens einzuverleiben. Und dann ist da noch Velten von Polly, der mit famosem Endspurt im „Mister-F-Daag-Vorlauf“ auf Platz zwei schoss. Gelingt es Hugo Langeweg, ihn diesmal dichter bei der vorderen Musike unterzubringen, ist eine Überraschung nicht gänzlich ausgeschlossen. Hagoorts dritten Schützling Charmeur Royal wird Deutschlands Trabrennlegende Heinz Wewering steuern, die sich bereits achtmal mit dem Blauen Band schmücken konnte.

Trost für Emilion?

Den mit 20.000 Euro dotierten Trostlauf (6. Rennen, 15.06 Uhr) nimmt der im Vorlauf an seiner Startschwäche gescheiterte Emilion diesmal von der selbst gewählten „7“ in Angriff. Dort draußen kann sich Michael Nimczyks Schützling zunächst aus Vielem heraushalten; gelingt ihm dies, sollte der Sieger gefunden und mit einem 10.000-Euro-Scheck getröstet sein.

Wackelt Fridericus’ Bahnrekord? Vor zwei Jahren fegte der Wallach in der Breeders Crown in 1:11,2 um die Bahn - eine Zeit, die nie wieder erreicht wurde. Lief der Schwarzbraune dies damals über 1900 Meter, so geht’s in der Derby-Rekordmeile nur über 1609 Meter - mit Start im Bogen, was die Angelegenheit für die erfahrenen Recken nicht einfach macht. Einer, dem eine solche Fabelzeit durchaus zuzutrauen ist, steckt in Victorious Star, mit dem Marc Elias die englische Meile von der „2“ in Angriff nimmt. Fliegend beginnen kann Distanzspezialist Star Advisor Joli, der mit Rudolf Haller jedoch wie Cash Hanover aus Startreihe zwei beginnen muss. Nachhaltig empfohlen hat sich auf den letzten Drücker Mr Lindy, der am Dienstagabend im Rahmenprogramm zu Jägersros Hugo Åbergs Memorial als Zweiter in 1:11,0 schon mal gezeigt hat, dass er den hiesigen Rekord durchaus in den Hufen hat. Nun gilt’s, den auch aufs Tapet zu zaubern.

Zum mit der Zunge schnalzen sind die Derby-Revanchen. Jene der Stuten (9. Rennen, 16.24 Uhr) sollte die Knauer-Zweite Charlotte Newport beherrschen, die gerade rechtzeitig zu Hochform aufgelaufen ist und sich in kurzer Folge die Skalps von Portland und New Dawn geangelt hat. Durch ist sie nicht, denn Voyage d’Amour ist besser als ihr Formenspiegel, der zuletzt von sauschweren Frankreich-Reisen herrührt. Die erst Ende letzten Jahres in den Rennbetrieb eingestiegene Kampfmaus hat Vor- und Endlaufsieg des Hamburger Schwarzer-Steward-Rennens als erstklassige Referenz vorzuweisen.

Bei den Herren spitzt sich alles auf das nächste Duell zwischen Derby-Sieger Tsunami Diamant und Portland zu - quasi die Revanche der Revanche. Marion Jauß’ im Derby-Finale an einer Galoppade in bester Lage auf der Zielgeraden gescheiterter Fuchs hat heuer in Frankreich zwei astreine, mit Ahs und Ohs begleitete Siege gefeiert und dem Tsunami in Kopenhagen gründlich das Wasser abgegraben, konnte bei seiner aktuellen Aufgabe auf der Derbybahn einer Charlotte Newport jedoch keine 20 Meter Vorsprung geben. Heute geht’s hinter dem Auto los - das ist dem Ganymède-Sohn ohnehin lieber. Mac Smily, der in Schweden gestählte Flying Fortuna, Baxter Hill, Norton Commander - sie alle sind kein Kanonenfutter und werden sich kräftig zu wehren wissen, wenn die Prämien im 10. Rennen um 16.48 Uhr zur Disposition stehen.

Super Traber im Super Trot Cup

Zweitwertvollstes Match ist der 2016 begründete Super Trot Cup, für den sich die Teilnehmer in Wien, Jägersro oder Berlin qualifizieren mussten. Wer an eine der fünf Prämien ran will, die sich zu 70.000 Euro summieren, muss für 2500 Meter Puste mitbringen. In Wien schockte der 2016er Derby-Vierte Muscle Boy As für 175:10 Wetter und Rivalen gleichermaßen wie in Berlin Khalid, der bei 530:10 eigentlich gar keine Chance hatte - und die zu einem phänomenalen Speedsieg in 1:13,3 über Rainbow Diamant und Apache Jeloca nutzte. Gelingt Thorsten Tietz noch ein solcher Paukenschlag? Ganz zu schweigen von der Schwedin Bijou Bourbon H.M., die sich im zweiten Berliner Qualifier durch die Todesspur in 1:13,4 als Stärkste erwies und wiederum von Conni Lugauers Sohn Marc Elias gesteuert wird, der in den letzten Monaten richtig Schliff hatte. Ebenfalls nicht von schlechten Eltern waren die Malmöer Siege von Arsenal über die italienische Holländerin Touch of Wind Bi sowie von deren Landsfrau Trecciadoro Rex, die über Lutfi Kolgjinis Friend of Nature obsiegte. Die drei Erstgenannten müssen im 8. Rennen um 15.56 Uhr das Handicap der zweiten Startreihe ausbügeln.

Bei derart vielen sportlichen Knüllern lässt sich der Veranstalter nicht lumpen und greift ein letztes Mal tief in die Garantie-Auszahlungs- und Jackpot-Tasche. Hellster Stern am Wetter-Himmel ist die seit kurzem spielbare V7+-Wette, in der es gilt, die sieben Sieger des 2. bis 8. Rennens auf einem Wettschein zu vereinen. Allein dafür spendiert der BTV eine Garantieauszahlung von 40.000 Euro - da dürfte der Umsatz in schwindelerregende Höhen fliegen.

Es lohnt, bis zum letzten Startschuss dran zu bleiben: Erstens ist das 14. Rennen mit einem Siegjackpot von 3.000 Euro unterfüttert, zweitens wird danach der Hauptpreis der sich übers gesamte Meeting hinziehenden Prämienausspielung ausgelost: ein nagelneuer VW join up!

Unsere Tipps:

1. Payet – Affogato – Sweet Ann Moor
2. Henry Havanna – National Pride – Simba Diamant
3. Fantasia Newport – Get Lucky – Late Night Show
4. Highway Fortuna – Hedy Beuckenswyk – Aperol CG
5. Cash Hanover – Victorious Star – Celestial Light TK
6. Emilion – Provenzano – Nashua – Iron Transs R
7. Fiobano – Brazil Elegance – Beau Lulu
8. Arsenal – Friend of Nature – Bijou Bourbon H.M. – Trecciadoro Rex
9. Charlotte Newport – Voyage d’ Amour – Pearl Stardust
10. Portland – Tsunami Diamant – Baxter Hill
11. Kiss Me Bo – Glorious Boko – Zampano As
12 Mister F Daag – Ids Boko – Very Impressive S – Chapter One
13. Fiobano – Eras Beuckenswijk – Brazil Elegance
14. Perfect Hall – Power of Rhythm – Pepper K.L.

Quelle: Berliner Trabrenn-Verein (BTV)