Trab: Rückschau auf den Mariendorfer Rennsonntag

Kleine "Derby-Revanche" an River Flow – Gold für Larsson in der Silber-Serie – Dreimal Josef Franzl

Derby-Revanche: River Flow und Fahrer Thorsten Tietz setzten sich durch (Foto: @www.berlintrab.de)

Berlin-Mariendorf, Sonntag, 25. August 2019.

Als kleine „Derby-Revanche der im Blauen Band Gebeutelten“ kam das Hauptereignis des sonnenüberfluteten ersten Mariendorfer Renntags nach dem Derby-Meeting daher. Im mit 20.000 Euro dotierten Equine Auktionsrennen waren all jene Dreijährigen startberechtigt, die vor zwei Jahren bei der Jährlingsauktion durch den Ring vor der Endellschen Tribüne geführt worden waren. Sechs wollten ursprünglich ran an den fetten Speck, einer - Jack Scott - musste krankheitsbedingt passen. Aus dem verbliebenen Quintett stach ein Duo hervor, das seine Derby-Wunden kühlen konnte. River Flow, im Finale hinter einer Dreierwand festsitzend, hatte nicht mal eine halbe Länge hinter Triumphator Velten von Flevo mit Rang vier vorliebnehmen müssen. Noch übler hatte das Schicksal Juan Les Pins mitgespielt, der an jenem für ihn vermaledeiten 4. August überhaupt keinen Zugriff aufs Geschehen gefunden und für 38:10 als Sechster angeschlagen hatte. „River Flow wird wohl in Front kommen, aber dort ist er längst nicht so stark wie aus der Deckung“, hatte Thorsten Tietz vorab orakelt und die Taktik für die
Kiebitze durchblicken lassen: Selbst nach vorn fahren, dann Stallkamerad Bitter Lemon („Der ist nicht so schlecht, wie der Formenspiegel aussieht. Anstelle von dis.r. im Vor- und Platz sechs im Trostlauf könnten ganz andere Resultate stehen.“) vorbei lassen und Juan Les Pins gemeinsam den Weg erschweren. Fast lief der Plan minutiös ab, doch der enorm gegen die Hand gehende Juan, einst von Arnold Mollema für 20.000 Euro nicht weggegeben, war von den beiden Trabern der Trainingsgemeinschaft Gramüller/Sparber einfach nicht zu halten. Ab der zweiten Kurve führte der Schwarzbraune teils derart souverän, dass an seinem Erfolg kaum zu zweifeln war. Doch River Flow, klein wie eine Kirchenmaus, aber mit dem Kämpferherz eines Giganten gesegnet, saugte sich unerbittlich an und sprudelte nach einigen Aufforderungen nicht behäbig wie ein breiter Fluss, sondern quirlig wie ein quicker Bach am Tempomacher vorbei. „Hase“ Bitter Lemon stieß seine Rolle bitter auf: Er war 500 Meter vorm Ziel schachmatt und passierte die Linie als Fünfter und Letzter, was noch 900 Euro wert war. 8.800 frische Euro
klingelten in der mit nun insgesamt 44.016 Euro gefüllten Kasse des Baltimore-As-Sohnes, den die Herren Gramüller und Holzapfel für 3.000 Euro ersteigert haben. Das beweist einmal mehr, dass sich in jeder Jährlingsauktion ein echtes Schnäppchen versteckt. „Zur Breeders Crown seht ihr ihn wieder“, so Robert Gramüller. Thorsten Tietz hat sich den Termin schon mal freigehalten.

„Gold“ in Form von 2.650 Euro holte sich im zweiten Hingucker, dem nach Absage Hercules Petnics ebenfalls nur mit einem „Fünfer“ bestückten Lauf zur Silberserie, Larsson vorneweg im Hurra-Stil. Bis ausgangs der ersten Kurve durfte die flinke Honesty Newport regieren. Dann trat Heiner Christiansen mit seinem Crack auf den Plan, hielt das Tempo fast durchweg hoch, zog mit den beiden letzten 400-Meter-Abschnitten im 1:12er Tempo den Gegnern „das Weiße aus den Augen“ und erstickte die Umsturzgelüste Honesty Newports barsch im Keim. „Er guckt sich zwar in den Bögen noch immer den Rosenhof und das Stallcasino ‚ Kopf schief ‘ aufmerksam an, doch liegt er inzwischen sehr viel besser. Jetzt wird der Motor bis zum Finale am 7. September etwas gedrosselt - und dann sind wir zum 20.000er wieder voll da“, versprach der vielfache norddeutsche und einmalige Mariendorfer Champion.

Die neue Trabrennordnung greift

In der ominösen 7. Runde, sprich seinem siebenten Start, zog UBetterWin Diamant erstmals nicht in den Winner Circle ein - und das, obwohl der Hüne ganz locker vorneweg als Erster am Zielpfosten war. Des Rätsels Lösung: Der hinter ihm liegende Maxi Cup wollte die Lücke, die entstand, weil der Muscle-Hill-Sprössling wie viele Pferde des Champions nach außen wich, zum „Dolchstoß“ nutzen. Nimczyk erkannte die Gefahr, zog seinen Partner wieder nach unten, was Maxi Cup vor einige Probleme stellte. Der Lasbeker suchte auszuweichen, geriet kurzfristig über den Randstein, wurde von Josef Franzl geschickt in Trab gehalten und passierte die Linie als
klarer Zweiter zum keineswegs müden UBetterWin Diamant. Die Stewards sahen die Fahrspurveränderung als platzierungsentscheidend an, worüber man durchaus sehr geteilter Meinung sein kann. Zum Glück gibt’s nach der neuen „alten“ Rennordnung die Möglichkeit, das behindernde Gespann zurück zu setzen, so dass dem Unglücksraben wenigstens Platz zwei und dem Goldhelm ein deftiger Denkzettel blieb. Ebenso unbefriedigend war letztlich - wie zerronnen, so gewonnen für Michael Nimczyk - der Sieg mit Yen. Die vierbeinige „Amateurmeisterin“ der Derby-Woche war gerade dabei, sich den seit Beginn des langen 2500-Meter-Kantens führenden Delux MS zurechtzulegen - dessen unmittelbarer Verfolger Soccer war da schon längst außer Puste -, als den Slowenen ausgangs der Schlusskurve und damit ziemlich spät das „blaue“ Diktum der Rennleitung wegen mäßigen Trabs ereilte, den er schon zuvor immer wieder mal eingestreut hatte. Nichts zu kritteln gab’s am dritten Sieg in Folge der schwedischen Lasbekerin Naama, der Startreihe zwei nichts ausmachte. Als Josef Franzl die mächtige Braune 600 Meter vor Ultimo aus der Deckung im zweiten Paar außen losließ, fielen die Würfel im Handumdrehen. Wie ein Pferd anderer Klasse entschwand sie ohne die geringste
Anstrengung auf acht Längen „und muss dennoch viel lernen, soll es mal in ihr Geburtsland gehen. Die Vierjährige steht erst am Anfang ihrer Karriere“, hielt der Gestütstrainer den Ball etwas flacher. Er konnte noch zu einer dritten Ehrenrunde eindrehen, diesmal für seine bayerische Abteilung bzw. den Stall Germania. Queen for a Day, deren Auftritte im Bruno-Cassirer-Rennen unter keinem Glücksstern gestanden hatten, sauste von der „8“
los wie die Feuerwehr, regierte bis zum letzten Meter unnahbar wie eine Königin und degradierte das Fußvolk, von dem sich Longhire am besten hielt, sechs Längen voraus zu Statisten.

Zweimal waren die Amateure gefragt, die den Tag mit einem Lauf zum Stamer-Cup eröffneten. „Sofort in Front ziehen und niemanden vorbeilassen“, war das Rezept des kurz vorm Rennen verkauften Fionaro und Marion Dinzingers, das volle Wirkung zeigte. Das neu zusammengestellte Gespann musste jedoch bis zum Pfosten schwitzen - nicht um die aus der Ideallage im zweiten Paar außen wenig bietende Bonanomi CG abzuwimmeln. Hartnäckig bis zum Zielstrich hängte sich trotz „Todeslage“ Francesco rein, der sich für und mit Ronja Wohler
stets zerreißt und nur um Haupteslänge den Kürzeren zog. Eine noch knappere Kiste war Treffen zwei, das Perfect Hall, den Andre Pögel lange im Sog von Tempomacher Flavio As versteckt hatte, um eine „halbe Nüsternbreite“ gegen die furios attackierende Grazia Greenwood nach Hause brachte. Es war der zehnte Sieg des Jauß-Trabers mit dem Hufschmied, der im Kampf ums deutsche Amateurfahrerchampionat gegen Silvia Raspe jeden Punkt gebrauchen kann.

Der Digestif war wiederum den Trotteurs Français vorbehalten, dem nach dem kompletten Start-Ausfall des im ersten Band aufgestellten Trios Thomas Heinzig und Diego de Busset ihren überlegenen Stempel aufdrückten. Für den in Polen vorbereiteten sechsjährigen Wallach war’s im sechsten Anlauf der erste volle Erfolg in Deutschland, für seinen Chauffeur der 681. der Karriere.

Umsatz bei 9 Rennen: 109.114,92 Euro (incl. 75.006,47 Euro Außenumsatz)

Nächster Renntag des BTV: Samstag, 31. August 2019

Quelle: Berliner Trabrenn-Verein (BTV)