Trab: Die Finaltage der Derby-Woche im Rückblick

Sonntag, 5. August 2018

7. Tag des Derby-Meetings

123. Deutsches Traber-Derby:

Same procedure as every year!

Ehrung für die Sieger: Mister F Daag mit Robin Bakker (M.) gewinnt das 123. Deutsche Traber-Derby auf der Trabrennbahn Mariendorf (Foto: Marius Schwarz)

Same procedure as every year: So hieß es nach dem 123. Traber-Derby, denn am Ende hatte wieder mal das Dream-Team um Robin Bakker und Paul Hagoort die Nase vorn - zum fünften Mal binnen sechs Jahren. Man muss schon extrem weit im Geschichtsbuch zurückblättern, nämlich bis in die 1930er Jahre, um fündig zu werden nach einem Mann, dem Identisches gelang: dem unvergessenen Charlie Mills. Den kennt der 35jährige Bakker natürlich nicht persönlich, war sich aber nach vollbrachter Tat „der Ehre durchaus bewusst, mit diesem einstigen Weltbürger des Trabrennsports zumindest in dieser Hinsicht auf einer Stufe zu stehen.“ War das eine Standpauke von Mister F Daag, der persönlich beleidigt schien von all dem Wenn und Aber, das nach dem wackligen Start im Vorlauf vor einer Woche von vielen Seiten auf ein eingeprasselt war! Selbst Bakker hatte ja zugegeben, dass der alles andere als optimal verlaufen war, doch als sein „Mister“ endlich lag, er sich keinen stärkeren Partner habe wünschen können.

„Das ist jetzt Sache des Trainers“, hatte er verkündet, und der nahm die Ansage als Profi durch und durch auf und verpasste ihm unter der Woche den entscheidenden Feinschliff. War es tatsächlich der geringfügig veränderte Beschlag, war es schlichtweg die Tatsache, dass „der Hengst in dieser Saison zuvor noch gar keinen Autostart absolviert hat. Die Rennen in Frankreich sind ausschließlich mit Eindrehen aus dem Band gestartet worden. Vielleicht hat er deswegen hinter dem Auto etwas gestutzt“, wie Hagoort ein bisschen verdutzt im Nachhinein festgestellt hatte, oder war es eine Kombination aus beidem? Um „kurz nach Sechse“ am Sonntagnachmittag jedenfalls lag der Conway-Hall-Sohn, dem der Trainer die ersten Vorbereitungsrunden eigenhändig verpasst hatte, um die Auswirkung seiner Veränderungen zu testen, wie das berühmte Brett. „Paul hat mir gesagt, ich könne am Start ruhig etwas riskieren“ - und das tat Bakker denn auch. Zwar drehte er nicht am ganz großen Rad, das Chapter One und Ids Boko beim knüppelharten Kampf um die Spitze drehten, bis Rick Ebbinge ein Einsehen hatte, den furiosen Ritt abbrach und hinter Michael Nimczyks Schützling einparkte. Auch Fabio de Pervenche und Trainingskamerad Charmeur Royal ließ er vor sich an die Innenkante ziehen und übernahm, zunächst nach hinten versetzt, vor Officer Stephen, Very Impressive S und Crazy and Quick die Führung in der sogenannten Todesspur.

Die ist beileibe nicht jeden Pferdes Sache, doch scherte dies den vorjährigen Breeders-Crown- und Winterfavoriten-Sieger keinen Deut. Peu à peu tastete sich der Conway-Hall-Sohn an die Flanke des sich prächtig verkaufenden Chapter One, für den die Berliner Fans lange hofften, nach 30 Jahren endlich wieder einen der Ihren im Winner Cicle begrüßen zu können. Doch „denkste Puppe“ - mit jedem Meter der Zielgeraden wurde Mister F Daag unter einigen Rüttlern Bakkers stärker und stärker und hatte die Gegner felsenfest im Griff, von denen der sich um den allmählich müde werdenden Chapter One herumschlängelnde Ids Boko auch den Ehrenplatz in Hagoorts Quartier holte - knapp vor Fabio de Pervenche, einem der drei Vorlaufdritten, die Dion Tesselaar ins Finale gebracht und sich für ihn entschieden hatte. Wie tags zuvor im Blauen Band der Stuten durch Donna Granata blieb „Deutschland“ durch Chapter One „nur“ Rang vier vor Very Impressive S, der sich bei dem hohen Tempo vergeblich mühte, aus dem Mittelfeld in dritter Spur noch weiter nach vorn zu kommen.

Klare Angelegenheit: Mister F Daag (Nr. 4) und Robin Bakker fahren den Derby-Sieg in überlegener Manier ein (Foto: Marius Schwarz)

Als Sahnehäubchen gab’s den neuen Derby-Rekord von 1:12,3 oben drauf (zuvor Muscle Scott 1:12,5/2016). Riesenjubel auch bei Züchter und Besitzer, für die es jeweils der bedeutendste Erfolg ihrer Laufbahn war. Weit vom Stammbaum fiel der Siegapfel nicht, denn Mister F Daags Mutter Miss Love aus dem vierten hierzulande geborenen Jahrgang des französischen Star-Vererbers Love You war selbst ein außergewöhnliches Rennpferd, siegte 2011 im damals den Dreijährigen vorbehaltenen Auktionsrennen, musste wegen immer wiederkehrender gesundheitlicher Probleme ihre verheißungsvolle Laufbahn vorzeitig beenden und wurde von Besitzer Joseph Vanduffel für ein sogenanntes Rückgabe-Fohlen - eben diesen Mister F Daag - an Jean Huls für die Zucht abgegeben.

Robin Bakker war in den 30 Jahren, in denen es neben dem Derby ein Stuten-Derby gibt, der dritte Fahrer, der in einer Saison zum Doppeltäter wurde. Vor ihm gelang dies - natürlich - Heinz Wewering (1997 mit Gringo und Liberty Boshoeve) sowie Michael Schmid (2003 mit Nelson November und Nordic Gold November).

Tsunami Diamant auch in der Derby-Revanche vorn

In ein mitreißendes Gefecht um jeden Zentimeter mündete in der Derby-Revanche der Stuten das erwartete Duell der etablierten Stuten-Derby-Zweiten Charlotte Newport mit Newcomerin Voyage d’Amour, die erst in diesem Jahr richtig in den Rennbetrieb eingestiegen ist - und wie. Mit einigem Aufwand kam Michael Nimczyk nach 800 Metern an der Europabummlerin vorbei in Front, die 600 Meter vorm Pfosten nach außen wechselte und Charlotte ohne Unterlass piesackte. Erst nach Foto-Auswertung war ein knapper Vorteil für die Mommert-Stute auszumachen.

Sportlich einen ganzen Zacken wertvoller war die Revanche der Hengste und Wallache, an der neben dem Ersten, Zweiten und Vierten des Blauen Bandes 2017 auch der so unglückliche an einem Fehler im Einlauf gescheiterte Portland teilnahm. Allen eine lange Nase drehen wollte Aufsteiger Norton Commander, mit dem Marc Elias gegen den horrend drückenden Flying Fortuna die Pole Position partout nicht hergeben wollte - eine Entscheidung, die Beide auf dem letzten Abschnitt teuer bezahlen mussten. Ende der Überseite hatte die Todesspur dem Derby-Zweiten gründlich den Zahn gezogen, um den dessen Schatten Portland schwungvoll herumkurvte und den „Commander“ derart unter Druck setzte, dass der im Scheitel der finalen Biege das Handtuch im Galopp warf. Konnte Portland zu Beginn der Zielgeraden am Sieg schnuppern, so verdarb ihm Tsunami Diamant, der aus der zweiten Startreihe lange die rote Laterne trug, dann in dritter Spur aufzog und noch mal hinter Portland verschnaufen durfte, den Spaß gründlich. Ein, zwei Winke Robbin Bakkers genügten - schon machte der Gustav-Diamant-Sohn eine große Welle, in der Marion Jauß’ schmucker Fuchs förmlich ertrank. „Bronze“ ging an den innen engagierten Mac Smily vor Flying Fortuna, der mit der zweiten oder gar dritten Luft den nach idealem Verlauf nachgebenden Mister Ed Heldia abfing. „Dass wir auch die Revanche klipp und klar gewonnen haben, freut mich ganz besonders, denn oft hat es geheißen, Portland hätte ohne den Fehler das Derby gewonnen - so etwas nagt auf Dauer doch am Gemüt“, machte Mitbesitzer Johann Holzapfel aus seinem Herzen keine Mördergrube.

Marc Elias’ feines Schmuckstück

Bijou Bourbon H. H. dominierte mit Fahrer Marc Elias im Endlauf des Super Trot Cups (Foto: Marius Schwarz)

Bereits bei ihrem Vorlaufsieg zum Super Trot Cup hier in Berlin durch die Todesspur wussten Marc Elias und Bijou Bourbon H.H. ungemein zu beeindrucken - Conni Lugauers Sohn durch Kaltschnäuzigkeit, die Stute durch enormen Kampfgeist. Auf dem mit 2500 Meter um eine halbe Runde längeren Final-Weg fiel die Vorentscheidung zugunsten der Sam-Bourbon-Tochter nach der ersten Kurve, als die Dunkelbraune von Rudi Haller ohne Widerrede in Front gelassen wurde und sich fortan ihre Kräfte bestens einteilen durfte: Muscle Boy As, Friend of Nature und Khalid waren beim folgenden Paarlaufen innen ausbruchssicher verpackt, und außen belauerten sich hinter Den of Warlock die Favoriten Trecciadoro Rex, Arsenal und Touch of Wind Bi gegenseitig. Als sie 500 Meter vorm Ziel endlich in dritter Spur Fahrt aufnahmen, war die vordere Musik viel zu weit weg und hatte auch noch reichlich Töne auf Lager. Leichtfüßig setzte sich Elias’ Dunkelbraune zum neunten Treffer „lifetime“ ab. Ihren Sog nutzte Tyrolean Dream zum Ehrenplatz vor Touch of Wind Bi, die vom hinteren Flügel am schwungvollsten endete.

Wie fast schon gewohnt wurde der letzte Meeting-Tag mit dem überlegenen Sieg eines „Brenners“ eröffnet. 15:10 notierte der Totalisator für Payet, der mehr Probleme mit den Berliner Kurven denn mit den Gegnern hatte und Jaap van Rijn ganz schön in Atem hielt. Noch einmal kreuzte Hollands Nachwuchsstar im Winner Circle auf - mit Gideon H Renka, der Fantasia Newport aus der Todesspur erlegte und den am Start 20 Meter verschenkenden Get Lucky knapp in Schach hielt. Locker aus der Frontlage servierte Herbert Strobl mit dem wie ein Pfeil losgedüsten Call me Ritter sein ständiges Anhängsel Henry Havana ab. Eine Siegerschleife war für Österreichs Dauer-Champion reserviert: Mit dem ersten Schritt gab Gerhard Mayr mit Zampano As, dem kleinen Bruder solcher Cracks wie Muscle Boy As und Istogramma SAS, den großen Zampano und war durch den sich diesmal manierlich benehmenden Mon Filou nie ernsthaft zu erschüttern.

Im Pokal der Derby-Champions schaute Robin Bakker sicherheitshalber mal nach, ob sich am Winner Circle nach seinem gestrigen Besuch mit Avalon Mists etwas geändert habe: Mit der von Jeroen Engwerda vorbereiteten Hedy Beuckenswyk spannte er sich eine Runde vor Schluss vor die Konkurrenz und gab ihr 1200 Meter weiter mächtig Saures.

Erster Programmhöhepunkt war die durch zwei Nichtstarter abgewertete Rekordmeile. Vom verbleibenden Sextett hob Victorious Star sofort die Füße im Galopp, wogegen sich Rudi Haller mit Star Advisor Joli aus der zweiten Startreihe für die Schlussrunde in die Führung durchkämpfte. Das war dem Schwedenfuchs eindeutig zuviel, wie sich auf der Zielgeraden zeigte. Umso besser schmeckte Gilda Newport der Part hinter ihrem äußeren Zugpferd Cash Hanover, dem sie verblüffend leicht das Nachsehen gab. Einen neuen Bahnrekord gab’s jedoch nicht; mit 1:12,8 blieb die Stutenderby-Siegerin von 2016 deutlich über der Bestzeit, die Fridericus seit 2016 mit 1:11,2 hält.

Im vorjährigen Derby-Trostlauf war Heinz Wewering mit Mac Smily in einem dramatischen Kopf-Kopf-Finish gegen Jean-Pierre Dubois’ Classic Connection hauchdünn unterlegen. Die kalte Rache gelang dem siegreichsten Fahrer Europas ein Jahr später nicht minder dramatisch mit dem zuvor 1.570 Euro armen Great Gatsby As, den der ewige Goldhelm innen versteckte und Kurt Roeges’ Cesare W nach furiosem Fight in die Knie zwang. Erleichtert wurde dem großen Gatsby sein erster Sieg durch schwere Patzer der beiden Favoriten, die am Start (Provenzano) bzw. nach einer Runde (Emilion in Front) ausfielen.

Teil eins des Derby-Kombi-Pokals wurde eine bombensichere Sache für Susan Wiedijk und den erstmals unterm Sattel eingesetzten Cremers Boy, der den Gegnern ab der letzten Ecke davonrannte. Bei der Revanche vorm Wagen bewies Beau Lulu, dass seine hohe Wertschätzung für den Rechtskurs kein hohles Gerede war. Sofort von Thorsten Tietz auf die Pole Position gescheucht, hielt der Fuchs aus Frankreich eisern durch und war überlegene Ware. Die letzte Siegerschleife des Meetings blieb dem 29fachen Goldhelm: Dem mit drei roten Karten angetretenen Pepper K.L. trieb Heinz Wewering alle Flausen aus und zwang außen herum Power of Rhythm sicher in die Knie.

Der letzte Blick gilt dem, was unterm Strich an den Wettkassen herausgekommen bzw. in sie hinein geflossen ist. Am Derby-Tag lag der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr rund fünf Prozent höher. Insgesamt wurden an den sieben Tagen landauf, landab 2.717.106,60 gewettet - knapp 110.000 Euro mehr als 2017. Das dürfte zum einen der neuen V7+-Wette und einem nochmals ausgeweiteten Jackpot- und Garantie-Festival geschuldet sein bei teils schmalen Starterfeldern, die so manche Prüfung zur (wett-)sportlichen Farce werden ließen.

Umsatz bei 14 Rennen: 717.040,71 Euro (incl. 351.720,06 Euro Außenumsatz)
Umsatz PMU-Rennen (Derby) in Frankreich: 60.139 Euro

 

Samstag, 4. August 2018
6. Tag des Derby-Meetings

Teil eins der Hagoort-Saga im Kasten

Avalon Mists (3) un Fahrer Robin Bakker gewinnen das Deutsche Stuten-Derby 2018 (Foto: Marius Schwarz)

Klare Sache für die Favoritin bei den Holland-Festspielen rund ums Blaue Band. Respektlos war das nicht gemeint, als Paul Hagoort, der Gigant aus dem kleinen westfriesischen Oldetrijne, vor dem zum 30. Mal ausgetragenen Stuten-Derby gefragt wurde, ob er fest mit einem Sieg seiner Avalon Mists rechne und wie sein genialer Vollstrecker diese Mission angehen solle: „Es wäre schön, würden wir die Spitze bekommen - wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. Obwohl die beiden Stuten von Dion (Tesselaar; Cahaya und Isabella Boshoeve) tolle Rennpferde sind, glaube ich nicht, dass sie Avalon Mists bezwingen können. Sie hätte auch im großen Derby antreten können, doch dort habe ich ja bereits zwei starke Aspiranten, und ich will mich unbedingt auch mal in die Siegerliste des Arthur-Knauer-Rennens eintragen. Das einzige, was ich mir wünsche, ist ein fairer Verlauf - dann sollte das wohl klappen.“ Gesagt, getan lautete die Vollzugsmeldung um kurz nach 18.30 Uhr.

Fast selbstverständlich lief es nicht so, wie es sich der 40jährige Erfolgscoach gewünscht hatte. Robin Bakker sah keine Veranlassung, in der Startphase Kopf und Kragen zu riskieren und landete prompt lediglich im vierten Paar außen hinter Girlofmanymissions, für die die extrem schwierige Mission - schließlich hatte sie diesen Posten erst nach 500 Metern durch Spur drei beziehen können - nach wenig mehr als einer Runde ruckartig beendet war, Lightning Bo und Laura Vici. An die Spitze war Donna Granata gefegt und hatte die sofortige Anfrage Cahayas um das Zepter rigoros abgelehnt, die daraufhin im Windschatten der Bayerin vor ihrer Trainingsgefährtin Isabella Boshoeve und Intouchable verschwand.

Happy End im Winner's Circle: Robin Bakker mit der Trophäe - an seiner Seite Avalon Mists, Siegerin im Traber-Derby der Stuten 2018 (Foto: Marius Schwarz)

Wenn es überhaupt den einen siegbringenden Schachzug gab, geschah der in der langsamsten Phase 1000 Meter vorm Ziel. Bakker polte seine Partnerin auf Attacke, brauste binnen 200 Metern an die Flanke Donna Granatas und hatte umgehend die totale Kontrolle. Drei, vier dezente Handzupfer zu Beginn der Zielgeraden, schon lichteten sich alle Nebel um seine Partnerin, die überlegen davonzog - nur deswegen auf lediglich 1½ Längen, weil ihr Chauffeur sie auf den letzten 50 Metern nur austrudeln ließ und sich lieber herzlicher Grüße ans Publikum befleißigte. Grandios verkaufte sich bei ihrem erst dritten Start Cahaya, die in der internen Stallmeisterschaft zwei Längen vor der viel erfahreneren Isabella Boshoeve blieb. Deutschlands Ehre gegen Oranjes Übermacht rettete die durch einen Reifenschaden gehandicapte Donna Granata um Haaresbreite vor Robbin Bots Intouchable, womit in seltener Eintracht die vier Vorlaufsiegerinnen unter sich blieben - exakt so, wie am Totalisator angeschlagen. Sechs Längen zurück führte Olena den gebeutelten Rest ins Ziel. „Es freut mich besonders für Paul, dass er dieses Rennen gewinnen konnte - mir ist das ja schon 2010 mit Rob de Vliegers Anky Kievitshof gelungen. Ernsthafte Probleme? Die gab’s zu keiner Sekunde“, konstatierte Bakker und war in Gedanken wohl schon beim Sonntag, wo mit Mister F Daag das Double gelingen soll.

Trostlauf für Imax

Lediglich sieben Ladys wollten im Trostlauf um 10.000 Euro ran, aus dem Calamintha und Uptoheaven Diamant dann auch noch mit Attest Valet sagen mussten. Das verbliebene Fünfer-Feld blieb mit Ausnahme von Will Power bis zum Pfosten dicht beisammen, und Lady Star Bo, die der späteren Siegerin Imax zu Beginn der Tribünengeraden die Führung auf dem Silbertablett serviert hatte, musste sogar „Hände voll“ zusehen, wie die ersten drei Prämien ohne ihr Zutun verteilt wurden. Yvonne Wagenaar hielt mit Imax, „die erst im nächsten Jahr richtig gut werden wird“, einen „Hals“ Vorteil gegen Smilla fest, die ein Gespür für die Todesspur hatte und unermüdlich kämpfte. „Daheim werden sie jetzt alle vom Sofa gesprungen sein“, freute sich die Tochter Jan Wagenaars, der in Holland ähnlichen Kultstatus genießt wie hierzulande Heinz Wewering.

Mit einem Favoritensieg ging der Renntag los: Hellboy begann seine Laufbahn wie die Hölle, gab der schwachen Gegnerschaft Start-Ziel den Takt vor und hat als ersten Eintrag 1:16,7 und 17:10 im Fahrtenbuch stehen. „Ein bisschen grün ist der Fuchs noch und bedarf im Rennen besonderer Aufmerksamkeit“, bemerkte „Mr. Hundert Prozent“ Uwe Zevens - es war seine einzige Fuhre bei diesem Meeting. Überhaupt nicht schrecken durch die permanente Todesspur ließ sich für gar nur 12:10 Navy Blue, die mit Alexander Kelm im zweiten Lauf der deutschen Nachwuchsmeisterschaft einsame Klasse war, im schlanken Gang den vierten Erfolg en suite für Besitzerin Sarah Kube markierte und Kelm vor Lisa Hanikirsch und Jan Thirring den Gesamtsieg bescherte.

Dem wollte ihr ebenfalls 2014 geborener Trainingskumpel New Dawn im nach Zahl und Klasse toll besetzten Pokal der Publikumslieblinge nicht nachstehen, der wie die Stute heuer Vieles von dem nachzuholen gedenkt, was er im Vorjahr wegen Krankheit verpasst hat. Von Thorsten Tietz nach 500 Meter an Rebound vorbei in Front dirigiert, regierte der nunmehr siebenfache Saisonsieger wie ein König, ließ seinen äußeren Begleiter Skyfall abblitzen und stiefelte locker in 1:12,7 weit vor den kämpfenden Skyfall, Little Danny und Rebound nach Hause. Nach einer ausgefuchsten Fuhre von Josef Franzl hatte Indigious-Bruder Il Principe am Ende wenig Mühe, Tempomacher Inschallah H und dessen Begleiter Iglesias Boshoeve in die Schranken zu weisen. Durch Mon Amour H ging eine weitere Siegerschleife nach Bayern; Robert Pletschacher profitierte von der aus der Deckung eingesetzten Stute auch von Fehlern der Konkurrenz - von acht Teilnehmern sahen vier die rote Karte.

Echter Männersport kam im an den am 12. Juli 1999 mit dem Auto tödlich verunglückten Gottlieb Jauß erinnernden Memorial in der Klasse bis 50.000 Euro aufs Tapet. Prince of Persia revidierte seine letzten beiden Formen gründlich, stürmte sofort vor Favorit Azimut ins Kommando - und diese Beiden sollten in einem heroischen Gefecht die Plätze eins und zwei unter sich ausmachen. Azimut griff unermüdlich an, der Prinz hatte Antwort um Antwort parat und streckte letztlich seine rote Nase um einen „Hals“ vor seinem braunen Widerpart an die Linie.

Die Vorläufe des martialischen Derbykampfs der Geschlechter litten unter dünnen Starterfeldern. Bei den acht Herren bewies Jörg Hafer taktisches Geschick, legte mit dem sofort in Front gefegten Big Boss As den Schnellgang ein, als Mad World gerade nach einer Runde an seiner Flanke aufgetaucht war, nahm jenem dadurch gründlich den Angriffswind aus den Segeln und setzte sich überlegen ab. Nach Streichung von Super Trader nahmen gar nur sechs Frauen den Kampf um die fünf Finalplätze auf, von denen sich Julia Knoch die Taktik des nunmehr 1.349-fachen Siegers zu eigen machte und mit Napster ebenfalls von vorn alle leicht in Schach hielt. Das Finale wurde nach identischem Muster die Beute des „Bosses“, der nach einer harten Anfangsmassage diesmal bis zum Schluss von Jörg Hafer mächtig bei Laune gehalten werden musste, um sich den unermüdlichen Freedom Fighter sowie Napster vom Leib zu halten.

Bester der „Luxus-Handicapper“ wurde Kleiner Donner, der im Finale stramm vorneweg einen großen Theaterdonner inszenierte. Thomas Panschow ließ den Lets-Go-Sohn aus dem ersten Band nach einem Blitzstart munter kesseln, führte durchweg mit rund 20 Metern und brachte davon drei Längen gegen die spät auf Touren kommenden Iceman Bo und Jilliane nach Hause, was der Toto mit 20fachem Geld entlohnte. Ihren Sensationssieg vom 28. Juli wiederholten Come on Scully und Georg Kowalski, wobei eine gehörige Portion Glück im Spiel war. Erst sprang Favorit Free Bird im Schlussbogen, dann genügte der sich knapp nach Hause raufende Horatio Fortuna nicht in der Gangart und sah nachträglich die blaue Karte.

Youngster erstmals auf dem Prüfstand

Letzter Programmpunkt war praktischerweise unmittelbar vor der Jährlingsauktion das Equine-Auktionsrennen für all jene Zweijährigen, die im Vorjahr auf der Derby-Auktion vorgestellt worden waren. Nach Streichung von Lady Lucie entwickelte das Quintett ein Rennen, das lange Zeit im Zeichen des Duells zwischen Spectacular und Cherry Lady S stand. Als Hugo Langewegs Tempomacher unter dem Druck der Franzl-Stute 200 Meter vorm Ziel sprang, war der erste Fisch geputzt für die im Vorjahr für 90.000 Euro von Marion Jauß ersteigerte Muscle-Hill-Tochter, die nach 1:18,9/1900m erste 5.000 Euro dieser Investition zurückzahlte. Weil auch Jetway Fortuna nach der zweiten Galoppade die rote Karte sah, durfte sich ewig zurück Gerhard Mayrs Jeudi Fortuna vor Venividivici S die zweite Prämie einstecken.

Die schmalen Felder dürften ursächlich dafür gewesen sein, dass der Umsatz um 13.000 Euro oder rund drei Prozent unter jenem des Vorjahrs blieb.

Umsatz bei 14 Rennen: 434.244,54 Euro (incl. 204.450,74 Euro Außenumsatz)

Quelle: Berliner Trabrenn-Verein (BTV)