Oberliga: Vor dem Saisonstart

Drei Berliner und ein Urgestein

Großes Bild: Faszination Freitagabendspiel - bei Tennis Borussia im Mommsenstadion ist die Oberliga besonders zu Beginn des Wochenendes sehr atmosphärisch (Foto: Berlinsport Aktuell)

Mehrere Aufstiegskandidaten

Die VSG Altglienicke schaffte letzte Spielzeit das, wovon viele Oberligisten nur träumen können: im direkten Durchmarsch ließ man die Nord-Staffel des NOFV gleich wieder hinter sich. Allerdings war man dafür in Berlins Südosten auch bereit, in viel Qualität für den Kader zu investieren. Das kann aber nicht jeder Verein leisten – mit Germania Schöneiche zog zuletzt wieder mal ein Verein freiwillig zurück. So geht die Oberliga, die vor allem für Clubs aus Berlin als unattraktiv gilt, 2017/18 mit 17 Vertretern ins Rennen.

An der Spitze erscheint die kommende Spielzeit dabei nun zumindest ausgeglichener. Letzte Saison hatten die beiden heißesten Kandidaten – neben Altglienicke noch Optik Rathenow - das Rennen am Ende tatsächlich unter sich ausgemacht. Da die Rathenower als Tabellenzweiter aber in der Relegation scheiterten, wird natürlich auf diese gezeigt, wenn es um Benennung des Aufstiegsfavoriten Nr. 1 geht.

Kann Trainer Kahlisch schnell ein neues Optik-Team formen?

Trainer Ingo Kahlisch

Die Optiker haben allerdings zahlreiche Abgänge zu kompensieren. Am schwersten wiegt sicher der von Dragan Erkic (zu Tennis Borussia): der Mittelfeldspieler avancierte schließlich mit 24 Treffern zum besten Spieler der Liga 2016/17. So muss sich Trainer-Urgestein Ingo Kahlisch (seit 1988 bei Optik) auf sein Händchen für Spieler verlassen. Immer wieder hat er schließlich bewiesen, Mannschaften formen zu können. Und: Rathenow spielte drei der vergangenen fünf Spielzeiten in der Regionalliga Nordost - da kommen Wunsch und Anspruch trotz des fehlenden großen Geldes quasi von selbst.

Die drei hartnäckigsten Widersacher kommen allesamt aus der Hauptstadt. Zwei von ihnen haben den Aufstieg sogar schon offiziell zum Ziel erklärt – allerdings mittelfristig. Da es diese Spielzeit wahrscheinlich keinen „Überflieger“ a la Altglienicke geben wird, wäre die Gelegenheit aber eben durchaus günstig.

Hertha 03 will mittelfristig sowieso aufsteigen,....

Beim FC Hertha 03 ist man nach vier Spielzeiten mit guten Platzierungen längst der Oberliga überdrüssig. Der für seine hervorragende Jugendarbeit bekannte Club will seinen Talenten Regionalliga im Herrenbereich anbieten können, um diese zu halten. Dafür ist man vor dieser Saison bereit gewesen, etwas offensiver auf dem Spielermarkt vorzugehen.

Philipp Sprint etwa kommt aus Aachen für die Torwartposition – früher spielte er im Nachwuchs von Hertha BSC und hat sogar zwei Einsätze in der 2. Liga vorzuweisen. Und mit Sebastian Huke (27) konnte ein echte Knipser von Tennis Borussia losgeeist werden: immerhin traf der 27-Jährige in seinen letzten beiden Oberligajahren 43-mal.

Dazu gesellen sich wieder mehrere Spieler aus der U19, die der heutige Herren-Trainer Alexander Arsovic aus seiner Zeit im Jugendbereich bei Hertha 03 bestens kennt. Selbst wenn der sich meist in Zurückhaltung übt – sein „Chef“, Präsident Kamyar Niroumand, ist heiß auf die Regionalliga Nordost.

...das gilt auch für TeBe

Von Dynamo zu TeBe: Thiago Rockenbach

Auch bei Tennis Borussia verfolgt man dieses Ziel – zum Teil auch aus der Not heraus. Im Frühjahr musste der Chef des Hauptsponsors, Jens Redlich, den Verein vor der Insolvenz bewahren. Allerdings wollte er nicht nur bestehende Löcher stopfen, sondern aktiv die Zukunft des Vereins mitbestimmen – so wurde er binnen kurzer Zeit zum Vorstandsvorsitzenden bei TeBe.

Acht Stammspieler haben die Veilchen nun verlassen – dafür wurden allerdings auch einige Hochkaräter nach Charlottenburg gelotst. Torwart Stephan Flauder (BAK) oder Spielgestalter Thiago Rockenbach (BFC Dynamo) kommen aus der Regionalliga. Dazu gesellen sich einige Zugänge aus der Oberliga – wie eben der Topspieler 2016/17, Dragan Erkic.

Trainer Cemal Yildiz muss diesen Umbruch bewältigen – selbst wenn ihm dabei für den Aufstieg mehr als eine Spielzeit eingeräumt wird: auch Präsident Redlich, für den die Regionalliga quasi ein betriebswirtschaftliches Muss darstellt, wäre für eine schnelle Abwicklung seiner Vorgabe sicher dankbar. Und die zahlreiche Anhängerschaft der Lila-Weißen ohnehin.

Wann schlägt Lichtenbergs Stunde?

Lichtenberg 47 hatte in den letzten Jahren viel Grund zum Jubeln - diesmal auch am Saisonende?

Etwas anders gehen da die Uhren in Lichtenberg. Fragt man beim SV 47 nach, wird man positive Reaktionen in punkto Oberliga bekommen. Trainer Uwe Lehmann schätzt den deutlich anspruchsvolleren Fußball als schon eine Spielklasse tiefer. Auch was die Auswärtsfahrten angeht, beschwert man sich nicht – mit Schwerin (hin und zurück rund 400km) und Wismar (500km) gibt es lediglich zwei Standorte, die einen ganz langen Spieltag versprechen.

Das Reisen sieht man bei den Lichtenbergern eher als einen Beitrag zur Förderung des Teamgeists – und der steht bei den 47ern über allem. Viel Geld kann man nicht ausgeben, lieber wird in die Infrastruktur und gute Ausrüstung investiert. Dazu sucht man Spieler, die in die Mannschaft passen und das familiäre Umfeld schätzen. Das Konzept funktioniert: in den fünf Jahren Oberliga haben sich die Rot-Weißen punktemäßig jedes Mal steigern können.

Eine wichtige Rolle in der kommenden Saison könnte Mittelfeldspieler David Hollwitz spielen, der aus der Regionalliga vom FC Viktoria 89 kommt. Sollte die Offensive wieder so gut funktionieren (2016/17: 88 Tore in 30 Partien), dann ist auch mit dem SV Lichtenberg 47 im Aufstiegsrennen - bis zum Schluss - zu rechnen. Im Gegensatz zu Hertha 03 oder Tennis Borussia setzt man sich für das Erreichen der Regionalliga an der Ruschestraße jedoch keine Frist – mit Kontinuität wird es irgendwann werden, heißt dort die Devise.

Hertha 06 und Staaken suchen sicheren Mittelfeldplatz

Aufgrund der guten Platzierungen könnte auch noch der FC Anker Wismar eine gute Rolle spielen. Das Team von Trainer Dinalo Adigo erreichte nach dem Wiederaufstieg Platz 7 bzw. 5. Die anderen beiden Berliner Vertreter sollten mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Der CFC Hertha 06, Vorjahres-12., sucht dabei im dritten Jahr Oberliga immer noch nach der nötigen Konstanz. Vergangene Saison stand man nach sieben Spieltagen auf Platz 1, holte anschließend nur noch 15 Punkte.

Ohne Torjäger in die Oberliga: Erhan Bahceci verlässt den SC Staaken

Beim SC Staaken dagegen ist man glücklich, in der Oberliga zu sein. Schließlich ist letzte Saison der Aufstieg gelungen - das Team von Jeffrey Seitz, der im ersten Jahr gleich zum Amateurtrainer der Saison gewählt wurde, setzte sich am Ende sogar ungeschlagen durch. Zwar hat mit Erhan Bahceci der Torjäger (2016/17: 34 Treffer) den Verein aus dem Westen Spandaus verlassen - die Blau-Weißen wissen aber, wie man mit geringen Mitteln und mannschaftlicher Geschlossenheit punktet. So dürften die Staakener ihren Platz mittendrin in der NOFV-Oberliga Nord finden.

Beitrag+Fotos: Berlinsport Aktuell/Hagen Nickelé