Mariendorf: Vor Beginn der Derbywoche

Die große Sehnsucht nach dem „Heimsieg“

Großes Bild: Michael Nimczyk und die Stute Tijuana Diamant

Auf der Trabrennbahn Mariendorf wird das ganze Jahr durch gefahren - während der „Hochsaison“ wird dort fast jede Woche ein Renntag abgehalten. Alles steuert auf den Höhepunkt des Rennjahres zu: das Deutsche Traber-Derby der 3-Jährigen am ersten Sonnabend (Stuten) bzw. Sonntag (Hengste und Wallache) im August.

Dann wird es auch auf den sonst eher überschaubar gefüllten Tribünen voll. Bereits vom 28. Juli an werden u. a. in den Qualifikationen die Teilnehmer für die Endläufe ermittelt – es ist das wichtigste Ereignis im deutschen Trabrennsport und wird seit über 100 Jahren in Mariendorf ausgetragen.

Von einer Finanzierung wie beim GCT-Springreitturnier ist man dabei weit entfernt - zwar gibt es Sponsoren, die Umsätze aus dem Wettgeschäft sind aber nach wie vor von großer Bedeutung für die Veranstalter. Spekulationen und Prognosen gehören somit unabdingbar zur „Faszination Trabrennsport“ dazu.

Favoriten bei der "Generalprobe" geschlagen

Siegchance für Berlinerin: Charlotte Newport (hier mit Michael Nimczyk)

So taten sich in dieser Saison besonders die Pferde des Gestüts Lasbek aus der Nähe von Hamburg hervor. Bei den Stuten brillierten dabei auf dem Mariendorfer Kurs vor allem Motion Pure und Miss Godiva, bei den Hengsten Mac Smily und Maxi Cup. Gelenkt wurden sie dabei vom dänischen Trainer Christian Lindhardt höchstselbst – oder vom deutschen Altmeister Heinz Wewering.

Bei den letzten wichtigen Läufen sollte es dann aber anders kommen. Am Buddenbrock-Renntag, in der Szene traditionell als Generalprobe zum Derby bezeichnet, gingen die Lasbeker Anfang Juli leer aus.

In den wegen der großen Konkurrenz gleich zwei anberaumten Stuten-Läufen setzten sich ausgerechnet die einheimischen Besitzerfarben der Familie des Bahnbesitzers Ulrich Mommert durch. Sowohl die bei 26:10 taxierte Tijuana Diamant wie auch Charlotte Newport (60:10), Schwester der letztjährigen Triumphatorin Gilda Newport, sind somit in den Kreis der Favoritinnen gerückt. Beide Male im Sulky: der amtierende deutsche Meister Michael Nimczyk.

"Heimsieg" zumindest bei den Stuten möglich

Motion Pure und "Altmeister" Heinz Wewering

Berliner Siege sind in der Traberhochburg dabei natürlich von besonderer Bedeutung. Bei den Hengsten und Wallachen liegt der letzte Erfolg eines hiesigen Trabers allerdings schon 29 Jahre zurück. Die Namen des Trabers und seines Fahrers – Tornado Hanover und der mittlerweile verstorbene Gottlieb Jauß – genießen vor allem in Berlin bis heute Legendenstatus. Aufgedrängt hat sich in diesem Jahr allerdings noch kein Hengst aus der Hauptstadt.

Beim „Derby-Wahrsager“ im Juli überraschte Tsunami Diamant (Fahrer: Dion Tesselaar/NL) vom Gestüt im bayrischen Pfaffenhofen mit seinem Sieg. Er ließ dabei nicht nur die beiden Lasbeker Favoriten, sondern auch den gehandelten Portland der Berliner Besitzerin Marion Jauß hinter sich – und das bei einer Quote von 215:10.

Unberechenbarkeit bleibt also bei aller Wahrsagerei ein zentrales Charakteristikum des Trabrennsports und sorgt so für Spannung und Gesprächsstoff. Dasselbe dürfte allerdings auch für das Wetter gelten: der bisher eher verregnete Hauptstadtsommer könnte Publikum kosten und  auch unangenehme sportliche Bedingungen verursachen.

Beitrag+Fotos: Berlinsport Aktuell/Hagen Nickelé