Football: Die Derby-Vorschau

Klare Kiste

Die Berlin Adler gehen am Sonnabend als krasser Außenseiter ins Hauptstadtderby gegen die Rebels

Nach gut der Hälfte der absolvierten Spiele präsentiert sich die Nord-Staffel der German Football League (GFL) als Dreiklassengesellschaft. Rekordmeister New Yorker Lions Braunschweig (16:0 Punkte) und die Kiel Baltic Hurricanes (16:2) nehmen an der Spitze – einmal mehr – Kurs auf die Playoffs. Dahinter machen drei Teams – Dresden Monarchs (12:6), Cologne Crocodiles (10:6) und Berlin Rebels (10:8) – die beiden weiteren Qualifikanten für das Viertelfinale der GFL, wo man sich mit den Vertretern der Süd-Staffel über Kreuz messen wird, unter sich aus.

Rebels unter Zugzwang

Ein harter Verteilungskampf steht also an – vor allem für die „Hauptstadtrebellen“. Denn die Berlin Rebels genießen in ihren fünf ausstehenden Spielen nur noch einmal Heimrecht. Dazu sind beide Vergleiche gegen die Crocodiles schon gespielt - und der zweite unmittelbare Kontrahent, die Dresden Monarchs, haben im Mommsenstadion bereits gewonnen und erwarten die Charlottenburger noch zum Rückspiel. Eine schwierige Ausgangsposition, in der nicht mehr allzu viel anbrennen darf, wenn die Rebels ihren Premierenerfolg vom letzten Jahr wiederholen wollen: 2016 schafften sie erstmals in der Vereinsgeschichte mit Platz 4 den Sprung in die Endrunde.

Und das Erreichen der Playoffs hatte man sich bei den Schwarz-Silbernen – auch angesichts des 30-jährigen Vereinsbestehens - vor Beginn der diesjährigen Season wieder auf die Fahnen geschrieben. In der derzeitigen Situation muss da wohl auch etwas Zählbares zumindest aus einem der beiden noch ausstehenden Vergleiche mit Kiel her. Ganz zu schweigen von den übrigen Aufgaben – ein Sieg beim AFC Berlin Adler an diesem Sonnabend zum Beispiel ist geradezu Pflicht.

Adler wieder gegen den Abstieg

Undankbare Aufgabe: Adler-Quarterback Niko Fortino kam erst während der Saison dazu

Das Derby im Poststadion steht dabei unter eindeutigen Vorzeichen: denn die Adler (2:14 Punkte) wollen nach ihrem Sieg zum Saisonauftakt 2017 bei den Hamburg Huskies einfach nicht auf die Beine kommen. Womit wir bei der dritten Klasse der Nord-Staffel wären: den Abstiegskandidaten. Vor den Adlern auf dem vorletzten Platz liegen noch die Hildesheim Invaders (2:14), das Schlusslicht aus Hamburg (0:18) hat sogar alle Spiele verloren – was den 30:8-Erfolg der Adler dort im April mittlerweile auch in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Berlins ruhm- und traditionsreichstes Football-Team kämpfte schon die letzten beiden Jahre gegen den Abstieg. Dieses Jahr wollte man im Wedding mit dem Thema nichts mehr zu tun haben. Die Euphorie wurde geradezu greifbar, als man im zweiten Spiel – dem Derby bei den Rebels - zur Pause in Führung lag. Doch im zweiten Durchgang verloren die Adler den Faden und handelten sich noch eine 13:47-Niederlage ein.

Es folgte ein Blackout beim 0:63 (Halbzeit 0:42) in Köln, auch bei den Niederlagen in Dresden und Kiel war zur Halbzeit bereits die Vorentscheidung gefallen. Genau so erging es den Adlern im ganz wichtigen Spiel gegen die bis dahin sieglosen Hildesheimer, die mit 24:6 im Poststadion die Oberhand behielten.

Personelle Probleme häufen sich

Zu allem Überfluss hatte sich zwischenzeitlich Quarterback Paul Zimmermann verletzt und mit Niko Fortino musste Ersatz mitten in der Saison geholt werden. Nach dem Hildesheim-Spiel änderte man notgedrungen die Zielsetzung: es soll nur noch um den Klassenerhalt gehen. Damit wollte sich Devon Francois, der beste Adler-Spieler des vergangenen Jahres, wohl nicht abfinden und man ging getrennter Wege. Nach dem Derby wird auch Linebacker Burton de Koning wegen eines Angebots aus Übersee nicht mehr zur Verfügung stehen.

Viel Rummel in einer ohnehin kniffligen Situation: die anschließenden Heimspiele gegen Kiel (13:68) und Dresden (7:68) endeten jeweils im Debakel. Head Coach Eric Schramm steckt in einer enorm schwierigen Situation: seinen Spielern beizubringen, „wie gut sie eigentlich sind“ (Schramm), scheint angesichts der erwähnten Misserfolge aktuell beinahe aussichtslos. Selten dürften die Adler jedenfalls als krasserer Außenseiter in das Derby gegangen sein als am Samstag.

Das hat zwar immer noch seine Bedeutung, aber insgeheim werden die Verantwortlichen bei den Adlern wohl das Match zuhause gegen den Tabellenletzten aus Hamburg am 26. August zum wichtigsten Saisonspiel ausgerufen haben. Es könnte schließlich um das nackte, sportliche Überleben gehen.

Rebels: Verlieren verboten

Guter Griff: Rebels-Quarterback James Harris kam vor der Saison nach Charlottenburg

Beim Lokalrivalen Berlin Rebels läuft es bislang auch nicht gerade rund in dieser Saison – allerdings eben aus Sicht eines Playoffanwärters. Vergangenes Jahr war man nach acht Spielen noch ungeschlagen, dieses Jahr hat man zum selben Zeitpunkt bereits vier Niederlagen auf dem Konto. Obwohl man 2017 mit vier Siegen sogar noch besser gestartet (2016: 3 Siege, 1 Unentschieden) war.

Dann kam aber so etwas wie der Knackpunkt: ein 29:34 beim Aufsteiger Cologne Crocodiles. Im Anschluss ging die „Mission Impossible“ in Braunschweig (10:52) und das richtungweisende Heimspiel gegen Dresden (20:42) auch noch recht eindeutig verloren.

Selbst der extrem wichtige 40:20-Erfolg gegen Hildesheim konnte da nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei den Charlottenburgern gerade etwas Sand im Getriebe ist. So galt es, sich auf das Rückspiel gegen die New Yorker Lions besonders vorzubereiten. Ziel: zumindest ein achtbares Resultat erreichen. Gegen die unter Profibedingungen trainierenden Niedersachsen gingen die Rebels dann sogar in Führung und unterlagen am Ende mit 14:21 denkbar knapp – Mission also trotz Niederlage durchaus erfüllt.

Dennoch ist das Team von Kim Kuci damit erstmals in dieser Saison aus den Playoffrängen gerutscht. Der Rebels-Coach hat dennoch gute Gründe, optimistisch zu sein. Quarterback James Harris etwa, vor dieser Spielzeit gekommen, hat gut eingeschlagen. Er glänzte zuletzt als Vorbereiter beider Touchdowns gegen Braunschweig, die Wide Receiver Alex Tounkara erzielte. Beim ersten gelang Harris dabei ein Zuspiel über 60 Yards (knapp 55 Meter).

Ungleiche Vorzeichen

Unter diesen Voraussetzungen sind die Rollen vor dem Derby also eindeutig verteilt – nur, wenn die Adler das Spiel lange offen halten können, dürfte für etwas Spannung gesorgt sein. Die Fans der Schwarz-Gelben werden trotz der klaren Außenseiterrolle wieder ins Poststadion pilgern – zum Heimspielauftakt gegen Hildesheim waren es schon fast 3.000 Zuschauer.

Und trotz der desolaten Ergebnisse feierte man zuletzt Punkte des eigenen Teams lautstark ab. So auch vor 14 Tagen gegen Dresden, als Running Back Yannic Landfried ein Touchdown nach einem spektakulären 75-Yard-Run gelang - beim Spielstand von 0:68.