Eastside gewinnt die Champions League

3:1-Sieg gegen Tarnobrzeg - TTC wiederholt das Triple

Starkes Bild im Freizeitforum Marzahn in der Frauensporthalle: Schlangestehen vor dem Einlass, VIPs bekommen ihre blauen Bändchen, Pressevertreter orangene. Voranmeldung ist Pflicht, denn die Ränge sind komplett gefüllt. Immer wenn sie da war, hat eastside gewonnen: Bundestrainerin Jie Schöpp ist anwesend, ebenso DTTB-Sportdirektor Richard Prause.


                           Fotos vom gestrigen Abend folgen


Und das mit gutem Grund, denn heute entscheidet sich, ob die Tischtennis-Damen des ttc berlin eastside ihren Champions-League-Triumph aus dem Vorjahr wiederholen können. Darüber hinaus können sie sogar erneut das Triple aus Sieg in Deutscher Meisterschaft, Deutschem Pokal und Champions League erringen.

Sie, das sind an diesem Freitagabend, dem 12. Mai, um 18:30 Uhr an Position 1 Shan Xiaona, kurz "Nana", an Position 2 Petrissa "Peti" Solja und an 3 Georgina "Gina" Póta. Ihnen stehen gegenüber, in ebenfalls unveränderter Aufstellung, die Damen von KTS Siarka - ZOT Tarnobrzeg: An 1 mit Han Ying, an 2 mit Li Qian und an 3 mit Viktoria Pavlovich.

Ein 2:3 aus dem Hinspiel ist aufzuholen

Beim Hinspiel am Sonntagabend, dem 7. Mai, in Tarnobrzeg, einer Stadt von knapp 50.000 Einwohnern im polnischen Karpatenvorland, hatten es die Ladies aus Berlin schwer. Schwerer auf jeden Fall als im Vorjahr, denn auch da war man im Finale auf Tarnobrzeg getroffen, hatte dort allerdings 3:2 gewonnen und sich die Champions-League-Trophäe mit einem glatten 3:0 gesichert.

Auch 2017 ging es zuerst nach Polen, doch setzte es in Tarnobrzeg gegen die drei Abwehrspezialistinnen eine 2:3-Niederlage. Peti Solja verlor beide Matches, Shan Xiaona gewann und verlor je eines, Gina Póta holte den zweiten Berliner Punkt.

Für das Rückspiel hieß das, am besten mit 3:0 oder 3:1 zu gewinnen, damit bei einem 3:2 der Rechenschieber nicht benötigt würde, um Satz- und Ballverhältnisse zur Siegerermittlung zu kalkulieren. Bei einem weiteren polnischen Sieg hingegen wäre Tarnobrzeg bestes Team Europas.

Sichere Sache für Shan

Spielerinnenvorstellung, Nationalhymnen, schon geht es los mit dem ersten Match des Abends. Die Berliner Nummer 1 Shan Xiaona (14. der Weltrangliste) gegen die polnische Nummer 2 Li Qian (WR Nr. 37). Nana ist deutlich sicherer und nervenstärker als ihre Kontrahentin und gewinnt drei Sätze in Folge (11:8, 11:5 und 11:2) zur 1:0-Führung für Berlin. In Polen hatte noch Li glatt gewonnen.

Die zweite Begegnung sieht Berlins Nummer 2 Peti Solja (WR Nr. 20) gegen Tarnobrzegs Nummer 1 Han Ying. Alle drei Polinnen sind ja Abwehrspezialistinnen. Am flachsten und mit dem meisten unangenehmen Schnitt spielt allerdings Han. Sie erreicht auch viele eigentlich unerreichbare Bälle der Gegnerinnen noch.

Solja verliert - 1:1 zur Pause

Da hilft nur, immer wieder mit enormem Topspin dagegenzuarbeiten und wenn der Ball der Gegnerin irgendwann zu hoch und/oder kurz zurückkommt, einzuschießen. An diesem Freitag gelingt Solja allerdings reineweg nichts: 9:11, 1:11 und 4:11 heißt es und schneller als erwartet geht es in die 15-minütige Pause bei ausgeglichenem Spielstand von 1:1.

Match 3 ist dann das Schlüsselspiel. Berlins Mannschaftsstoikerin, die ungarische Block- und Konterspielerin Gina Póta (WR 28) muss gegen Ex-Europameisterin Viktoria Pavlovich (WR 38) punkten, damit Shan gegen Han eine Chance bekommt, den Sack zuzumachen. Sollte alles am Match der schwächelnden Peti Solja gegen Li Qian hängen, könnte/würde das wohl ins Auge gehen.

2:1 durch Potas Sieg - Matchball Berlin!

Póta stellt sich aber weitaus geduldiger und sicherer als Solja an. Sie schupft selbst unangenehm, so dass Defensiv-Ass Pavlovich selbst mitunter initiativ wird. Das ist gegen die unterkühlten Blocks von Póta aber selten erfolgreich. Ganz überlegt spielt Póta ihre Gegnerin ein ums andere Mal aus. Konsequenz: ein 3:0 (11:7, 11:6, 11:4) zur 2:1-Führung und quasi Matchball für Berlin.

Shan macht den Punkt im Topspiel

Es folgt das Spiel der beiden Topspielerinnen. Deutschlands Nummer 2 Shan Xiaona gegen Deutschlands Nummer 1 Han Ying. Oder Weltrangliste Nr. 14 gegen Weltrangliste Nr. 9. Intelligente Penholder-Attacke gegen die Gummiwand. Ganz großer Sport - in Polen ging es 3:1 für die Berlinerin aus. Und heute?


Interview mit Shan Xiaona nach dem entscheidenden Spiel:


Zuerst übernimmt Han für Tarnobrzeg resolut das Kommando, Shan kommt gar nicht zurecht. Das 5:11 gegen sie ist die Quittung. Die Berliner Nr. 1 ist jetzt aber erst recht angestachelt, wird stärker und ringt Han mit 12:10 im zweiten Satz nieder. Trotz offenkundig einsetzender Rücken- und Schulterschmerzen durch die andauernd notwendigen starken Topspins gewinnt sie auch den dritten Satz, verliert allerdings den vierten - auch weil Han einige Kantenbälle "gelingen". Somit Showdown im fünften und letzten Satz.

Hier dominiert Shan Xiaona klar, Han Ying hadert beständig mit sich, versucht unerwartet gewagte Angriffsbälle, scheitert. Der Punktgewinn zum 11:4 beendet das Match: 3:2. Der ttc berlin eastside gewinnt folglich das Final-Rückspiel der Champions League mit 3:1 und somit auch das gesamte Finale.

Champions-League-Sieger 2017: ttc berlin eastside!

 Der Rest besteht aus Siegerehrungen, extrem viel superrutschigem Konfetti, Sekt und gefühlt Tausenden von Fotos und Interviews. Nicht nur für Berlinsport Aktuell (s.u.), sondern auch fürs polnische Fernsehen TVP und den rbb.

Ausblick:

Die gute Nachricht ist, dass der Kern des Teams (Shan, Solja und Póta) auch in der neuen Saison wieder für eastside an die Platte tritt. Berlin verlassen wird Chantal Mantz, die sich anderswo mehr Einsätze erhofft. Sie wird durch Kathrin Mühlbach ersetzt, die von den Leutzscher Füchsen kommt.

Yui Hamamoto wird nicht mehr für eastside spielen, da der japanische Verband sie gesperrt hat, damit sie sich als Perspektivspielerin für die Olympischen Spiele in Tokio vorbereitet. Neu zum Team stoßen zur neuen Saison die 21-jährige Japanerin Shiho Matsudaira, die, anders als Hamamoto, in Berlin wohnen wird und die 23-jährige Inderin Krittwika Roy (WR 267).


Interview mit TTC-Präsident Alexander Teichmann und dem neuen Manager Andreas Hain:


Außerdem bekommt der Verein einen neuen Manager mit Andreas Hain (50). Der gebürtige Seligenstädter ist auch Präsident des Hessischen Tischtennis-Verbandes. Hauptberuflich ist er in verantwortlicher Position bei der Ausrüsterfirma Joola tätig. Die vielleicht beste Frauen-Tischtennis-Mannschaft außerhalb Chinas in langer Zeit wird in jedem Falle Kurs auf den Triple-Threepeat nehmen.

Schade, dass es im Tischtennis (noch?) keinen Weltpokal gibt. Europa-Champ gegen Asien-Champ, also zu 99% den chinesischen Meister, ginge zwar vermutlich für die Chinesinnen aus, wäre aber gewiss spektakulär und von hohem sportlichem Wert.

Bericht + Archivbild: Jo Lißner