Damenhandball: Spreefüxxe auf Aufstiegskurs

Noch deutlicher

Eigentlich sollte es nur nicht gegen den Abstieg gehen - doch mit dem Gewinn der Herbstmeisterschaft steht den Spreefüxxen Berlin ein unbeliebtes Thema ins Haus: Der Aufstieg in die 2. Bundesliga.

Beitrag von Eike Ahlhausen*

Erstmal den Klassenerhalt sichern - dieses Saisonziel können die Spreefüxxe sich wohl frühzeitig abschminken. Denn die Berlinerinnen stehen schon wieder an Nummer eins, wie bereits im Aufstiegsjahr 2014 - damals gelang sogar der Durchmarsch in die 1. Liga. Doch die höchste deutsche Spielklasse im Frauenhandball brachte den Füxxen kein Glück und so meldeten sie nach zwei Jahren Erstliga-Abenteuer freiwillig für die 3. Liga Ost.

Bislang alle Spiele gewonnen

Hier läuft es prima: Jenseits des finanziellen und sportlichen Drucks einer nationalen Spitzenliga können die Berlinerinnen frei aufspielen. Ohne Punktverlust stehen sie ganz oben in der Tabelle und feierten die Herbstmeisterschaft. Dramaturgisch geschickt schlugen die Spreefüxxe am letzten Spieltag vor der Winterpause ihren hartnäckigsten Verfolger die SG 09 Kirchhof mit 31:28 im sogenannten Fuxxbau - das ist die Sporthalle Charlottenburg in der Sömmeringstraße.

Wie sehr die Spreefüxxe die 3.Liga Ost beherrschen zeigt ein Blick auf das Ergebnisbord. Ein knapper Sieg, wie gegen die Frauen von der SG 09 Kirchhof, bleibt in dieser Saison die Ausnahme. Nicht selten offenbaren sich Klassenunterschiede wie beim 31:21 gegen den Berliner TSC. Ganz bitter wurde es für die Spielerinnen vom Frankfurter HC (31:13) oder der HG Zirndorf bei ihrer 34:13-Niederlage im ersten Heimspiel der Füxxe.

Zwischen Vergangenheit und Machbarkeit

Auf der Vereins-Homepage lesen sich Spielberichte wie Elegien vergangener Festtage in der Beletage des Frauenhandballs. Als würde es noch immer um die deutsche Meisterschaft oder einen verheerenden Abstieg gehen, wird die eigene Mannschaft an vergangenen Maßstäben gemessen. „Noch deutlicher“ hätte der 27:17-Auswärtssieg gegen die SV Fritzlar 1976 nicht etwa ausfallen können, sondern gar „müssen“ - steht im Spielbericht vom 27 November 2016. Da schlägt unverkennbar das Herz eines erstklassigen Teams bei den Füchsen Berlin Reinickendorf, wie der Vereinsname ganz offiziell lautet.

Bleibt also das Dilemma zwischen sportlicher Leistungsfähigkeit und finanzieller Machbarkeit. Denn auch in der 1. Liga konnten die Spreefüxxe sportlich mithalten, wenn auch nicht ganz oben. Doch was ist der Unterschied zwischen Bietigheim oder Metzingen, den Spitzenreiterinnen in der 1. Liga, und Berlin? Die Antwort ist so einfach wie schnöde: Ein bisschen Kleingeld mehr oder weniger. Und in Berlin gibt es davon nunmal etwas weniger - zumindest für Frauensport im Allgemeinen und Handballsport im Besonderen.

Auf den ersten Blick erscheint das unlogisch: Berlin als Bundeshauptstadt, reich an gut laufenden Unternehmen und mit hohem Publikumspotential. Doch Britta Lorenz, die Managerin der Füxxe, formulierte es einmal so:


"Wir lieben diese Stadt, aber manchmal wünsche ich mir doch, wir wären ein Dorfverein in einem Ort, wo der Frauenhandball mehr geschätzt wird und alle dahinter stehen."

Britta Lorenz, Managerin der Spreefüxxe


Denn im Vergleich zu Bietigheim oder Metzingen, wo Etats in Millionenhöhe zur Verfügung stehen, ist die sportliche Konkurrenz in Berlin einfach zu groß. Über 100 Erstliga-Teams wetteifern um potenzielle Sponsoren und selbst vermeintlich große Tiere, wie die Männermannschaft der Füchse Berlin, immerhin Weltpokalsieger, haben große Probleme, adäquate Sponsoren zu finden.

Aufstieg war nicht das Saisonziel

Und so hofften die Verantwortlichen der Berliner Handballerinnen, dass es in diesem Jahr nicht schon wieder um den Aufstieg geht, denn Aufstieg bedeutet Existenzkampf - und davon hatten die Spreefüxxe in den letzten Jahren erst einmal genug. Eigentlich sollte in den nächsten Jahren eine ruhige Kugel im Handball-Unterhaus geworfen werden: Nachwuchs heranführen, günstiger wirtschaften, konsolidieren auf allen Ebenen - personell, finanziell und emotional. Denn die letzten Jahre in der 1. Liga waren kräftezehrend. Vor allem für Britta Lorenz, die sich zwischen Sponsorensuche und Finanzierungsmodellen aufrieb.

Doch mit der ruhigen Kugel wird es wohl nichts, die Mannschaft spielt einfach zu gut - es besteht akute Aufstiegsgefahr. Daran können auch die vielen neuen Nachwuchsspielerinnen nichts ändern. Denn das Gesicht der Mannschaft hat sich deutlich verändert, nur: anscheint nicht deutlich genug. Denn für die 3. Liga ist ihr Niveau immer noch zu hoch.

Ein Kader voller Klasse

Dazu gab es am Ende der Hinserie noch ein überraschendes Comeback: Bianca Trumpf, die zur Konkurrenz vom MTV Altlandsberg wechselte, ist zurück bei den Sprefüxxen und macht sie damit nicht schwächer. Trumpf ist jetzt neben Anna Blödorn und Alexandra Sviridenko eine von drei verbliebenen Ex-Erstligaspielerinnen. Sophie Mrozinski und Anna Eber komplettieren den Stamm von Spielerinnen, die bereits 2012 zusammen aus der dritten in die 2. Liga aufstiegen.

Das Team beherzigt, was André Konopinski, Vorsitzender vom Fan-Club "Füchse-Power", nach dem Aus in der 1. Liga formulierte:


"Luft holen, konsolidieren und ehrlichen Handball spielen."

André Konopinski, Fanclub "Füchse-Power"


Das gelingt bislang, Hardcore-Fans wie Konopinski finden ihren Spaß auch in der 3. Liga, besonders wegen der zahlreichen Derbys. Doch haltbar ist der Zustand nicht, denn die Sprefüxxe weisen immer noch mindestens Zweitliganiveau auf und der Spielberechtigung für die 2. Bundesliga dürfte nach aktuellem Ermessen am Ende der Saison ins Haus flattern.

Perspektiven für die Zukunft

Wie werden die Spreefüxxe damit umgehen? Den Aufstieg aus finanziellen Gründen ablehnen und die Konkurrenz in der 3. Liga Ost weiterhin mürbe schießen? Britta Lorenz gibt sich bei dieser Frage gelassen, will erst mal abwarten. Konkrete Planungen für den Fall der Fälle möchte sie noch nicht verraten. Einen Fingerzeig könnte der neu gewonnene Co-Sponsor von der BKK Verkehrsbau Union (BKK-VBU) geben.

Sein Engagement gilt ausdrücklich dem Nachwuchsbereich der Spreefüxxe. Eigens ausgebildete, bezahlbare Spielerinnen - so kann die Zukunft des Berliner Frauenhandballs aussehen, zunächst einmal in der 2. Liga. Dort könnten auch die Siege dann weiterhin noch deutlicher ausfallen.

* Dieser Beitrag wurde bereits Mitte Januar veröffentlicht und erscheint nun bei Berlinsport Aktuell

Weiterführende Links:
Homepage der Spreefüxxe Berlin
Aktuelle Tabelle 3. Liga Ost