Berlin Adler (II): „Wir wollen nichts überstürzen“

– JAN SAWICKI IM GESPRÄCH (TEIL 2) –

 

BspA: Welche Maßnahmen musste der Verein bislang in finanzieller Hinsicht treffen, um aktuell erst mal den Schaden möglichst gering zu halten?

Sawicki: Wir haben für die festangestellten Mitarbeiter Kurzarbeit ab April beantragt. Dazu gab es Gespräche mit bezahlten Übungsleitern, die Verträge erst einmal auszusetzen, bis wir wissen, wie es weitergeht.

BspA: In welcher Hinsicht sind dennoch Einbußen zu befürchten, wenn die Saison zumindest noch verspätet begonnen werden kann?

Sawicki: Hier kommt es darauf an, wann begonnen wird. Bei einer verkürzten Saison werden auf jeden Fall Heimspiele fehlen – im Normalfall wären es mindestens sieben –, was sich auf die Zuschauereinnahmen auswirken wird. Des Weiteren generiert man an Spieltagen Spenden und bzw. oder neue Sponsoren, die Akquise in dieser Situation ist sehr schwer.

BspA: Was würde das „Worst-Case-Szenario“ – die Absage der kompletten Saison – für Konsequenzen bedeuten und für wie wahrscheinlich halten Sie dieses?

Sawicki: Wir hoffen immer noch, dass es am 30.5. losgehen kann. Haben aber schon einen Plan B in der Hinterhand, wenn die Saison komplett abgesagt wird. Planungen würden sich dann auf die Saison 2021 richten, der Verein ist erstmals seit Jahren fast komplett schuldenfrei. Dies und das gute Klima in der Mannschaft lassen optimistisch nach vorne schauen.

BspA: In den letzten Jahren waren die Adler finanziell nicht auf Rosen gebettet – wie stabil ist die Situation aktuell, um die unvorher- bzw. unabsehbaren Folgen der Corona-Krise zu überstehen?

Sawicki: Wie eben erwähnt, ist der Verein fast entschuldet. Das Jahr in der dritten Liga wurde hierzu genutzt. Im Hintergrund wird bereits daran gearbeitet, auch diese Krise zu überstehen.


              Jan Sawicki (Berlin Adler)

Als sechsmaliger deutscher Meister und dreimaliger europäischer Champion kann das Ziel nur Liga 1 heißen – aber wir wollen nichts überstürzen.


BspA: Sie haben auch zu „Hamsterkäufen“ im Fan-Shop oder ganz aktuell dem Erwerb der Adler-Hymne auf CD aufgerufen – wie gut wird das Angebot bislang angenommen vor dem Hintergrund, dem Verein damit in einer schwierigen Situation zu helfen?

Sawicki: Eigentlich war das so nicht geplant. Die CD war als Überraschung für die Fans zu Saisonbeginn bzw. zur Eröffnung des neuen Adler-Heims auf dem Gelände des Stade Napoleon gedacht. Da jetzt jeder Verein mit den finanziellen Folgen dieser Krise zu kämpfen hat, haben wir flexibel umgedacht. Das Angebot wird auch angenommen, weil die Fans wissen, um was es geht.

BspA: Im vergangenen November hat Stefan Mücke das Amt des Präsidenten an Thomas Minstedt abgetreten – was steckt hinter dem Führungswechsel?

Sawicki: Thomas Minstedt ist jahrelanger Unterstützer der Berlin Adler mit seiner Firma Betoplan Dachbau GmbH. Wir wollten auch nach außen signalisieren, dass mit den schwierigen Jahren abgeschlossen wird. Stefan Mücke hatte das Amt des Präsidenten in einer schwierigen Phase angetreten. Der Verein ist ihm sehr dankbar, dies getan zu haben. Dass es nur um eine reine namenstechnisch neue Besetzung geht, sieht man daran, dass Stefan Mücke weiter Teil des Vorstands ist.

BspA: Der neue Vorsitzende sprach selbstkritisch von Fehlern im Jahr 2018, aus denen nun die Lehren gezogen worden sind. Worauf bezieht sich Thomas Minstedt in dieser Aussage?

Sawicki: Die Fehlerkette begann schon in den Jahren zuvor. Es wurde Geld ausgegeben, welches nicht da war. Rechnungen konnten somit teilweise nicht bezahlt werden. So kam eines zum anderen. Das Recruiting für die Saison 2018 wurde viel zu spät begonnen. So war der Abstieg in Liga drei nur eine Konsequenz daraus.

BspA: Das Ziel für den Traditionsverein AFC Adler kann eigentlich nur die Rückkehr ins Oberhaus sein – gibt es dafür eine Frist, die man sich vereinsintern gesetzt hat?

Sawicki: Als sechsmaliger deutscher Meister und dreimaliger europäischer Champion kann das Ziel nur Liga 1 heißen – aber wir wollen nichts überstürzen. Als Vorbild sollte uns der Abstieg Anfang der 2000er in Liga zwei dienen. Dort haben wir uns einige Jahre konsolidiert und sind dann direkt nach dem Aufstieg in das GFL-Halbfinale eingezogen. Hier wäre keiner traurig, wenn sich Geschichte wiederholen würde

BspA: Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die neu festgelegten Termine – Trainingsstart 20. April, Ligastart Ende Mai – eingehalten werden können?

Sawicki: Viele vergessen immer die mahnenden Worte des Robert-Koch-Instituts: Wir stehen erst am Anfang einer Pandemie. Kaum vorstellbar dass die Termine eingehalten werden können – realistischer ist da schon das Szenario einer verkürzten Saison.

Beitrag+Fotos: BspA/Hagen Nickelé