Badminton: Die SG Empor Brandenburger Tor 1952

Extrapunkt

Bericht + Fotos: Eike Ahlhausen

Die Spielgemeinschaft EBT Berlin bleibt zweitklassig - der Abstieg in die Badminton Regionalliga konnte am letzen Wochenende der Saison verhindert werden. Auch in der Zukunft muss der mehrfache deutsche Meister aber sparen und setzt ganz auf den eigenen Nachwuchs.

Großes Bild: Ausrutscher ohne Folgen - Robert Franke verlor sein Einzel für EBT

Das Einlaufzeremoniell ist immer noch erstklassig. Aus den Boxen näselt Jan Delay, der Hallensprecher legt eine dramatische Stimme auf - nach seiner Ansage weiß jeder wo er ist und worum es geht: „Berlin, Samariterstraße, 2. Bundesliga“. Die Kulisse Ende März in Friedrichshain ist überschaubar, doch die knapp fünfzig Zuschauer, die da sind, brauchen garantiert keine Orientierungshilfe - sie sind vom Fach. Der Sprecher legt trotzdem nochmal nach: „Es könnte nicht wichtiger sein … Ein Sieg muss her … Gegen den Abstieg“.

Rückzug vom großen Sport

An dieser Stelle, für alle Quartalsfans von Badminton, die in den letzen Jahren kurz nicht aufgepasst haben: Ja, wir sprechen von der SG Empor Brandenburger Tor 1952, dem erfolgreichsten Berliner Badminton-Team der vergangenen Jahre, dem ehemaligen deutschen Serienmeister im Mannschaftswettbewerb - lange ist das noch nicht her. In den Jahren 2011 bis 2013 dominierten die Berliner die nationale Konkurrenz.

Selbst Dauerrivale BC Bischmisheim, der die Badminton-Szene in Deutschland bis dahin beherrschte, konnte zu dieser Zeit nicht mithalten. Gegen die Saarländer kam es 2013 zum legendären Finale um die deutsche Meisterschaft im Sportforum Hohenschönhausen. Vor 1200 euphorischen Zuschauern siegten die Berliner damals vorzeitig mit 4:1.

Zu dieser Zeit noch aktiv bei der EBT Berlin: Juliane Schenk, die erfolgreichste deutsche Badmintonspielerin, zeitweilig Nummer Zwei der Weltrangliste, vielfache Deutsche Meisterin, Olympiateilnehmerin und Siegerin der Singapore Open von 2012. Sie war das Aushängeschild des Vereins und zeigt, wie Empor Brandenburger Tor noch bis 2013 tickte. „Wir haben uns da inzwischen rausgenommen“ sagt Manfred Kehrberg, der heutige Vereinsvorsitzender in seiner ruhigen Art.

Unter seiner Verantwortung als Abteilungsleiter Badminton fuhr die EBT Berlin die drei Meisterschaften ein. Doch die permanente Suche nach Sponsoren und Unterstützern kostete Kraft und Kondition, besonders in Berlin. Andere Vereine in der 1. Bundesliga erhielten Unterstützung, „davon können wir in Berlin nur träumen“ erläutert Kehrberg. Es fehlten schnell mal 100.000 bis 150.000 Euro um konkurrenzfähig zu bleiben.

Mittelfristig wieder in die 1. Liga - mit Talenten

Heute setzen die Berliner voll auf Eigengewächse und eine fundierte Nachwuchsarbeit. Die Ambitionen in der nationalen Spitze mitzuspielen, sind vorerst einmal ad Acta gelegt. Doch die Vision vom Erstliga-Badminton in Berlin hat Manfred Kehrberg noch nicht komplett begraben: „Höchstens mittelfristig und mit eigenen Kräften“ schränkt er allerdings ein. Momentan gehe es um Aufbauarbeit und noch wichtiger - ums sportliche Überleben.

Denn mit nur zwei Siegen aus zwölf Spielen stehen die Berliner vor dem abschließenden Spielwochenende nicht gut da. Der Absturz in die drittklassige Regionalliga droht. Auch die 2.Liga sei inzwischen stark besetzt und die Gegner ambitioniert, personell werde auch hier schon ordentliche aufgerüstet, erklärt Manfred Kehrberg. Doch der Auftritt gegen die zweite Mannschaft des TSV Trittau aus Schleswig-Holstein gelingt am heutigen Tag souverän, bis zum 5:0 ist es ein Durchmarsch der SG EBT Berlin. Gespielt werden sieben Partien insgesamt.

Gegen den Abstieg: Anja Buchert von der SG EBT Berlin ist konzentriert im Damen-Doppel - Auftrag

Besonders die beiden Damen Lisa Deichgräber und Anja Buchert sorgen im gemeinsamen Doppel, Deichgräber im Einzel und Buchert im Mixed bis dahin für eine verlustfreie Bilanz. Erst beim Herreneinzel bekommt die weiße Weste der Berliner einen ersten kleinen Fleck, obwohl Robert Franke über fünf Gewinnsätze ordentlich gegen hält - 5:1.

Entscheidung durch Extrapunkt

Trotzdem sind die Zuschauer und Betreuer plötzlich wieder elektrisiert, ein Raunen geht durch die Halle. Das Zauberwort lautet: Extrapunkt. Der läßt sich im Badminton seit einer Regeländerung zu Beginn der aktuellen Saison bei einem souveränen Sieg von 7:0 oder 6:1 neuerdings dazuverdienen. Statt den üblichen zwei, könnten die Berliner heute einen dritten Punkt gewinnen. Und das hätte Konsequenzen: der Klassenerhalt wäre gesichert, schon vor dem letzten Spieltag gegen Blau Weiss Wittorf aus Neumünster.

Der Live-Ticker verrät, dass die direkte Konkurrenz um den Ligaverbleib aus Gifhorn heute schwächelt. Dem perfekten Nachmittag steht nichts mehr im Wege - außer ein weiterer, ein sechster Sieg der Berliner. Einfahren soll ihn Jan Borsutzki im zweiten Herreneinzel gegen den Trittauer Alexandros Dimitriou. Nach einem souveränen ersten Satz, den Borsutzki mit 11:4 gewinnt, läßt die Konzentration nach - 6:11, der zweite Satz ist verloren. Nervös? Lastet die Chance auf den rettenden Extrapunkt doch zu schwer?

Borsutzki reißt im dritten Satz das Ruder rum. Die Schläge werden härter, präziser - der Druck auf den Gegner steigt stetig - 11:6. Borsutzki ist jetzt auf den Punkt konzentriert. Im vierten Gewinnsatz macht er den Punkt zum 9:6 und hat ein Lächeln auf den Lippen: er weiß, den Sieg wird er sich jetzt nicht mehr nehmen lassen. 11:9 heißt es am Ende, der Abstieg ist kein Thema mehr, der Jubel groß.

Pleite am Folgetag spielt keine Rolle mehr

Nach dem deutlichen Sieg gegen Trittau bleibt die Frage, warum die SG EBT Berlin überhaupt in Abstiegsgefahr geraten konnte. Vorsitzender Manfred Rehberg bleibt auch bei dieser Frage bescheiden. Das erste Team der Trittauer spiele heute parallel, da fehlen ein paar wichtige Spieler, so Rehberg.

Die Leistung des eigenen Teams soll das natürlich nicht schmälern. So viel Understatement ist sympathisch, was zum entspannten Nachmittag in Friedrichshain generell passt. Bockwurst und Kartoffelsalat, die Atmosphäre familiär, Abstieg vermieden - der perfekte Sportnachmittag am Wochenende.

Am Ende war die Freude so groß, dass am nächsten Tag Kraft und Konzentration fehlten, um Blau Weiss Wittorf aus Neumünster in irgendeiner Weise Paroli zu bieten - mit 0:7 gingen die Berliner beim allerletzten Spiel der Saison unter. Doch das war zu diesem Zeitpunkt bereits egal - dank Extrapunkt.